21/24 Die zwei Gesichter

15Es gibt nichts Besseres! Selbst fliegen kann nicht schöner sein. Laufen! So frei, so leicht, so schnell, so toll! Ein perfekter Tag, obwohl es kalt und nass ist. Wind und grauer Nieselregen sind egal, grade jetzt will ich genau hier sein, auf diesem schlammigen Waldweg, und nur immer weiter laufen. Mit diesem Gefühl des Schwebens, dieser Leichtigkeit, Kraft und Geschwindigkeit. Durch Pfützen laufen, wie ein kleines Kind. Allen Stress abwerfen, in der Ruhe des Waldes. Frische Luft einsaugen und neue Energie sammeln, obwohl doch eigentlich Energie verbrannt wird. Jeden Baum erkennen, jedes Eichhorn grüßen. Hier bin ich richtig, hier gehöre ich hin.
Es gibt nichts Besseres. Wie schön laufen doch sein kann!

Gibt es eine größere Qual? Laufen heißt Leiden. Alles tut weh, ich will eigentlich nicht mehr weiter. Muss ich aber. Und es gibt keine Möglichkeit, sich während des Laufens zu erholen, weil man es nicht einfach rollen lassen kann wie beispielsweise auf dem Fahrrad. So Vieles kann sich rächen. Das hat sicher jeder schon mal erlebt: Zu schnell losgelaufen, etwas Falsches gegessen, taktisch unklug verhalten, und, und, und. Da hilft kein gutes Wetter, keine gute Aussicht. Die Sonne nehme ich gar nicht wahr. Ich fühle mich schwer und kraftlos. Warum tue ich mir das überhaupt an? Was mache ich hier überhaupt? Warum quält man sich, wenn man am Ende dann doch wieder dort ist, wo man losgelaufen ist? Ich will nach Hause.
Es gibt keine größere Qual. Laufen kann so schrecklich sein!