B wie Berlin, B wie Bestzeit:

DSC05019Jetzt ist er schon wieder Geschichte, der Berliner Halbmarathon. Eine riesige Veranstaltung mit zum Teil viel Gedränge, breiten, schnellen Straßen und leider suboptimalem Wetter. Dennoch reichte es zu einer neuen persönlichen Bestzeit für mich. Um 1:01 Minuten konnte ich mich steigern. Ein Städtetrip also, der sich gelohnt hat.

Die Vorbereitung
Los gingen die Planungen bereits vor fast einem Jahr, nach dem Halbmarathon in Freiburg. Auch dort lief ich ein sehr starkes Rennen, wegen der Höhenmeter und der vielen Kurven spiegelte sich das aber trotz neuer persönlicher Bestzeit (1h12’19) nicht wirklich in der Zeit wieder. 2015 sollte es deshalb ein richtig schneller Kurs sein – wohin also sonst als in die Bundeshauptstadt, wenn wirklich jeder den schnellen Kurs lobt?
Spezifisch vorbereitet wurde das Rennen dann seit dem Herbst. Neunzehn Wochen wurden strukturiert; bis Weihnachten mit einem verhaltenen Aufbau, ab den Feiertagen dann mit deutlich mehr Zug in den Einheiten. Keine Krankheiten, heile Knochen und bei den Zwischenstationen gute Ergebnisse – alles passte. In der letzten Woche stieg dann die Anspannung. Was würde möglich sein? Wie wird das Wetter? Am Mittwoch war für Sonntagmorgen noch Regen und Wind angesagt. Am Donnerstag wurde Regen nur in den Morgenstunden angekündigt, der Wind aber blieb. Ab Freitag schien Regen zum Rennen unwahrscheinlich, dafür viele Wolken und Wind. Oder Sturm! Also das Beste hoffen, auf der ersten Hälfte verstecken und auf der zweiten vom Rückenwind profitieren.

Die Anreise
Für Svenja und mich ging es dann am Samstag mit dem Zug nach Berlin, was reibungslos klappte. In der Hauptstadt fuhren wir zunächst direkt auf die Messe, um die Startnummern zu holen – was hier schon los war! Lange Schlangen an der Startnummernausgabe, Stress pur -, bevor wir im Hotel eincheckten. Letzten Sommer wollten zunächst noch einige andere Spiridonis in Berlin angreifen. Weil dann aber der Termin für das Trainingslager sehr ungünstig gelegt wurde, sprangen die meisten wieder ab und flogen am Samstag vor dem Rennen nach Spanien (nun – ihr habt etwas verpasst!). Als Gruppe hatten wir das Hotel gebucht. Laut Hörensagen lag dieses quasi direkt am Start. Dieser Tipp erwies sich allerdings leider als falsch und eher passend für den Marathon: bis zum Start und Ziel des Halben waren es mehr als sechs Kilometer. Wie in Freiburg also ein weiterer Weg als gedacht – ich nahm es als gutes Omen.

DSC05072In Berlin
Der Weg zum Start war zwar weit, dafür der zum Italiener am Vorabend bequem zu Fuß zu meistern. Trotz der vielen Absagen waren wir immer noch eine lustige Truppe, denn meine Mutter war mit ihrer Kollegin Corinna per Auto angereist, um noch am Rennabend zu einem Bildungsurlaub weiterfahren zu können. Beide würden am Sonntag ebenso laufen wie Svenjas Kollege Johnny, der allerdings erst später ankam und einige andere Spiridonis, die allerdings andere Hotels gebucht hatten. Und gefühlt waren wir nicht allein – es erreichten mich so viele gute Wünsche, dass es einfach ein geniales Rennen werden musste! Auf diesem Wege danke an alle! Nach leckererem Pizzabrot und Pasta ging es früh ins Bett, wegen der Zeitumstellung mussten wir eine Stunde früher aufstehen. Die Nacht war trotz Großstadt ruhig und erholsam.

Den Sonntagmorgen begann ich mit einem kurzen Einlaufen und anschließendem Lauf-ABC – der typische Auftakt zum Spannungsaufbau. Die Beine fühlten sich gut an! Allerdings regnete es noch und die Straßen waren nass – weiterhin das Beste hoffen, ändern kann man nichts daran. Nach dem Umziehen dann ab zum Frühstück. Entgegen der vielen anderen Versuchungen am Frühstücksbuffet beließ ich es beim Altbewährten: Honig- und Nutellabrötchen, dazu Wasser.
Und dann war es auch schon Zeit, mit der U-Bahn zum Start zu fahren (die Fahrkarte ist in Berlin nicht in der Startnummer inbegriffen!). Obwohl wir frühzeitig losgefahren waren, war die U-Bahn rammelvoll und taugte nicht sonderlich zur Entspannung. Auch im Startbereich war natürlich schon die Hölle los. Der ursprüngliche Plan, sich erst einzulaufen und dann die Kleiderbeutel abzugeben, zerschlug sich. Also im alten T-Shirt, was ich wegschmeißen würde, zum Startblock traben. Ruhig bleiben, die Nervosität mit dem Aufwärmritual in Grenzen halten. Zu allem Überfluss gab es dann noch Probleme mit der Zeitmessung, sodass sich der Start um fast 10 Minuten verzögerte. Als wir dann endlich Aufstellung nehmen durften, hätte ich vielleicht aggressiver vorgehen sollen, denn zwischen der Elite und mir waren bestimmt 5-6 Läuferreihen, die mich auf den ersten Kilometern zu vielen Überholmanövern zwangen.

Das Rennen
DSC05104Dann endlich: der Startschuss! Erst viel Geschubse und Geremple, dann endlich ein paar freie Meter vor mir. Linkskurve, und weiter überholen. Der Wind bläst ordentlich. Eigentlich würde ich gerne mit den ersten Frauen laufen, aber die haben schon ca. 50 m Abstand – mit Gewalt ranlaufen oder nach und nach aufschließen und dafür länger dem Wind ausgesetzt sein? Ich entschied mich gegen die Hau-ruck-Aktion und hoffte auf Begleiter. Eine kleine Gruppe fand sich zwar, ideal war es aber nicht. Zum einen musste auch ich immer wieder nach vorne, zum anderen war ein Kerl dabei, der einfach nicht harmonierte. Die 5 km Marke an der Siegessäule passierten wir nach 16:42 min. Noch gut im Plan!

Ob jetzt aber der Wind stärker wurde oder die anfängliche Energie verbraucht war – obwohl wir weiterhin ordentlich Druck machten, liefen wir deutlich langsamer. Dennoch zerlegte sich unsere Gruppe, und bald waren wir nur noch zu dritt. Leider immer noch mit dem, der einem immer wieder vor die Füße lief. An der Verpflegungsstation gönnte ich mir einen Schluck süßen Tee, um in kein Loch zu fallen. Die Führungsgruppe der Frauen lief mit konstantem Vorsprung vor uns, wirklich schade ob der verlorenen Sekunden am Start, dort hätten wir uns deutlich besser verstecken können. Dann kam endlich Schloss Charlottenburg und die lang ersehnte Linkskurve. Unglaublicherweise hier aber immer noch Gegenwind! Ich zweifelte an meinem gesunden Menschenverstand. Bei Überschreiten der 10 km Marke zeigte die Uhr 33:50 min und damit einen 5 km Abschnitt von deutlich über 17 Minuten. Nach der nächsten Linkskurve dann aber hoffentlich mit Rückenwind auf dem Kurfürstendamm!

Schließlich wurden wir ihn endlich los, den unbeliebten dritten Mann. Jetzt machte ich mich im Duett mit Dustin Karsch vom Osnabrücker TB daran, wieder möglichst viel Zeit gut zu machen, weiterhin in Verfolgung der ersten Frauen. Doch als ich nach 13 km die Führung mal wieder abgeben wollte, war ich plötzlich allein! Im Ziel erzählte mir Dustin, dass er einen Krampf gehabt hatte und kurz hatte stehen bleiben müssen. Ab jetzt also alleine! Möglichst schnell, bei einem möglichst sauberen Schritt. Immer wieder angefeuert durch die vielen Zuschauer, die trotz des miesen Wetters in Massen an der Strecke standen.

20150329-205851Km 15 erreichte ich nach 50:36 min, die letzten 5 km war ich mit 16:46 min also wieder auf Kurs! Ab und zu konnte ich auch Läufer überholen, was zusätzlich motivierte. Auch die Frauengruppe vorne zerlegte sich so langsam, sodass ich mich immer näher an die Schwedin Isabellah Andersson, die mit der schnellsten Meldezeit von knapp über 70 Minuten angekündigt worden war, heranarbeiten konnte. Mittlerweile hatte ich unser Hotel passiert und es ging bis km 16 am Fluss entlang. Dann kam eine der wenigen Steigungen der Strecke, als es über eine Brücke ging. Dort wollte ich wohl zu viel, sodass ich folglich mit leichtem Seitenstechen zu kämpfen hatte. An der letzten Verpflegungsstation verpasste ich zu allem Überfluss dann noch meinen Becher Tee, sodass der letztmögliche Energieschub ausblieb. Also kämpfen und alles geben! Bei km 18 und Checkpoint Charlie konnte ich die Schwedin mit ihrem Tempomacher dann ein- und überholen und wollte zur Endbeschleunigung ansetzen, als dann schon wieder Gegenwind einsetzte. Teilweise auch mit Böen von der Seite, die einem den Fuß verwehten und mich zum Stolpern brachten. Ich sehnte mich richtiggehend nach dem Ziel. Endlich kam dann die letzte Rechtskurve. Auf der Zielgeraden konnte ich ein letztes Mal beschleunigen und war nach 1:11:18 h im Ziel. Neue persönliche Bestzeit!

Der Ausklang
20150329-182507Den Montag hatte ich mir freigenommen, sodass wir noch etwas von der Stadt mitbekamen. Für Svenja war es leider nicht so gut gelaufen, die neue Bestzeit gibt es erst beim nächsten Rennen.
Nach der wohlverdienten Dusche im Hotel spazierten wir also am Sonntagnachmittag noch etwas über den Alexanderplatz bis zum Brandenburger Tor, am Montag dann durch den Tiergarten und das Regierungsviertel. Weiterhin bei Regen und Wind. Schon unglaublich, wie selektiv die Wahrnehmung während des Rennens ist. Von den Sehenswürdigkeiten hatten wir einiges verpasst.

Das Fazit
Neue persönliche Bestzeit – also alles richtig gemacht (und wenn man die Durchgangszeit bei 15 km auch als neue Bestmarke gelten lässt, dann gleich doppelt). Schade nur wegen den Witterungsbedingungen und den langen Strecken, die ich alleine laufen musste.
Der Halbmarathon in Berlin war wie angekündigt ein sehr schneller Kurs: Breite, flache Straßen, große Felder und sehr viele Zuschauer an den Seiten. Dennoch muss alles gut geplant sein: Die Anfahrt, das Hotel, das Einsortieren in den Startblock. Für weniger Stress empfiehlt sich eventuell eine kleinere Veranstaltung. Und jetzt: gute Erholung! Laufen hilft.

12 Kommentare

  1. Hey Markus!

    Herzlichen Glückwunsch zu deiner Bestzeit! 

    In den letzten Monaten habe ich öfter einen Blogeintrag bei Dir gelesen, dass dein Vorhaben Bestzeit für Strecke XY nicht geklappt hat. Du bist halt keine Maschine, aber diesmal hat alles gepasst. Klasse! Freut mich!

    Toll geschriebener Rennbericht, der mich auch Tage später am anderen Ende der Welt mitfiebern und die Spannung spüren ließ. Super!

    Danke fürs Teilhaben

    TOM 

  2. Hallo Markus,
    wirklich klasse, lebhaft geschriebener, begeisternder Bericht mit guter Gesamtstruktur.
    Das „gewürzt“ mit einer persönlichen Halbmarathonbestzeit… „Mehr“ geht nicht…
    Bis dann in Jügesheim. LG, Uwe

Kommentare sind geschlossen.