Train low – compete high

IMG_8075Im Langstreckentraining, insbesondere für den Marathon, gibt es verschiedene Philosophien. Die Meinung, dass Ausdauersportler viele Kohlenhydrate brauchen, scheint mittlerweile aber abgelöst. Spätestens mit dem grandiosen Lauf von Arne Gabius beim Frankfurt Marathon im letzten Jahr ist das von der Forschungsgruppe Dr. Feil (2014) vertretene Prinzip „train low – compete high“ in aller (Läufer-)Munde.

Dabei geht es darum, den Fettstoffwechsel zu trainieren, um bei 60-minütigen oder längeren Belastungen die nur begrenzt verfügbaren Muskelglykogenspeicher sparsamer und effizienter einsetzen zu können. Diese reichen normalerweise nicht länger als ca. 90 Minuten aus, bei einem Marathon muss deshalb zwangsläufig irgendwann auf den Fettstoffwechsel umgestellt werden. Je trainierter der Stoffwechsel, desto höher ist der Anteil der aus der Fettverbrennung gewonnenen Energie bei einer Belastungsintensität. Das eingesparte Glykogen steht somit länger zur Verfügung. Ferner soll der Körper dazu gebracht werden, mehr Mitochondrien (die berühmten „Kraftwerke“ der Zellen) zu produzieren. Laut Pitsiladis und Kollegen (1999) gilt im Ausdauersport: je besser der Fettstoffwechsel trainiert ist, desto besser ist das Ausdauerleistungsvermögen ab 30-45 Minuten!

Fette und Kohlenhydrate sind die wichtigsten Energieträger im menschlichen Körper. Je nach Leistungsintensität werden vermehrt Fette oder Kohlenhydrate in den Muskeln verbrannt. Je höher die Intensität, desto höher ist der Anteil der Kohlenhydrate an der Energiebereitstellung, weil der Fettstoffwechsel zu langsam für die schnelle Energieversorgung ist (Prinzhausen & Herget, 2009, S. 4): bei herkömmlicher Mischkost liegt der Anteil der Fettenergiebereitstellung in Ruhe bei ca. 70-80%, der Anteil der Kohlenhydratenergiebereitstellung damit bei 20-30%. Bei ca. 70% der VO2max schneiden sich die beiden Kurven, je 50% der Energie wird aus Fett und aus Kohlenhydraten gewonnen, bei 100% der VO2max wird die Energie komplett mit Kohlenhydraten gedeckt (Brooks & Mercier, 1994).

Werden Kohlenhydrate verzehrt, steigt der Blutglukosespiegel, als Folge wird Insulin ausgeschüttet. Der Fettaufbau wird stimuliert, der Fettabbau gehemmt. Für einen besseren Fettstoffwechsel kann nüchtern trainiert werden, generell die Kohlenhydratzufuhr verringert werden (Dr. Feil (Feil & Feil, 2014, S. 14) empfiehlt eine Kalorienaufteilung von 30% Kohlenhydrate, 20% Eiweiß und 50% Fett) oder noch besser: beides. Durch Training mit leeren Glykogenspeichern wird der Körper verstärkt dazu gezwungen, auf Fettsäuren zurückzugreifen. Wird das Prinzip der wenigen Kohlenhydrate auch in den ersten beiden Stunden nach dem Training fortgeführt, werden verstärkt Mitochondrien gebildet. Dr. Feil spricht hier vom „Nachbrenneffekt“. Für den Wettkampf wird dann kurzfristig die Kohlehydratzufuhr massiv erhöht, um alle Speicher für die Höchstleistung zu füllen.

Weiterhin wird – ebenso von Dr. Feil (Feil & Feil, 2014, S. 35) – dazu geraten, nur noch zwei Hauptmahlzeiten einzunehmen und komplett auf Zwischenmahlzeiten zu verzichten, weil bei leerem Magen das Hungerhormon Ghrelin vermehrt ausgeschüttet wird. Die Folge: die Fettverbrennung wird angekurbelt und die Regeneration beschleunigt. Zusätzlich wird das Immunsystem gestärkt.

Propagiert wird das train low-Prinzip auch damit, dass zu viele Kohlenhydrate die Gesundheit negativ beeinflussen. Laut Dr. Feil (Feil & Feil, 2014, S. 15) spricht der Körper bei stets gefüllten Kohlenhydratspeichern schlechter auf Insulin an, wodurch sich Entzündungen im Körper und außerdem Mängel an Vitaminen und Mineralien verstärken. Dass unser Körper insbesondere auf Getreide mit Stress und Entzündungen reagiert, liegt an den Lektinen, außerdem an der Phytinsäure und dem Gluten. Im Vergleich dazu sind Fettsäuren wichtig für das Membran- und Immunsystem sowie für den Hormonaufbau (Feil & Feil, 2014, S. 22-29). Weiterhin wird durch fettbetonte Ernährung mehr Fett in den Muskelzellen gespeichert, welche wiederum bei Belastungen zur Energiegewinnung herangezogen werden und dazu beitragen, die Glykogenspeicher zu schonen (Prinzhausen & Merget, 2009, S. 15).
Eiweiße, als „Grundstoff allen Lebens“, werden vom Körper benötigt, um Muskeln, Nerven und Knochen aufzubauen. Auch für das Bilden von Hormonen werden Bestandteile der Eiweiße, die Aminosäuren, gebraucht (Feil & Feil, 2014, S. 29-35).

 

Quellen:
Brooks, G. A. & Mercier, J.; 1994. Balance of carbohydrate and lipid utilization during exercise: the “crossover” concept. Journal of Applied Physiology 1994; 76: 2253-2261.
Feil, W. & Feil, F.; 2014. Die F-AS-T Formel – was erfolgreiche Sportler anders machen. Tübingen.
Pitsiladis Y. P., Smith, I., Maughan, R. J.; 1999. Increased fat availability enhances the capacity of trained individuals to perform prolonged exercise. Medicine & Science in Sports & Exercise 1999; 31 (11): 1570-1579.
Prinzhausen, J. & Herget, M.; 2009. Das Prinzhausen-Prinzip – Die Ernährungsstrategie zur Leistungssteigerung im Ausdauersport. KVM – Der Medizinverlag Dr. Kolster Verlags-GmbH, Marburg.

8 Kommentare

  1. Also so gänzlich ohne KH gehts bei mir nicht, das mache ich höchstens eine Woche und damit meine ich, die KH wenn dann nur aus Gemüse etc zu ziehen. Bin da auch immer am experimentieren und bin mittlerweile auf dem Stand, dass viel Protein bei der Regeneration enorm hilft und KH einen Tag vor intensiver und langer Belastung gut sind. Am Tag selbst reicht es mir wenn ich morgens Whey trinke und über bspw. 6-7h 1-2 Proteinriegel esse (aufs Biken bezogen). Danach brauche ich dann die KH auch wieder und fahre das dann im Laufe der Woche wieder herunter, bis zur nächsten großen Belastung 😉 Man merkt es ja letzten Endes auch selbst, wenn man keine Kraft mehr im Training hat oder Dauerhunger und Eiweiß allein dann nicht mehr anschlägt. Ich meine auch mal gelesen zu haben, dass jeder Mensch KH besser/schlechter verträgt, bzw der eine mehr davon essen kann und der andere weniger. Was ja auch wieder auf den Fettstoffwechsel zurückzuführen ist.

    LG, Jamie

    1. Kohlenhydrate vor langer bzw intensiver Belastung ist auch ein Ansatz und wird beispielsweise von Prinzhausen propagiert.
      Gänzlich ohne Kohlehydrate ist hart! Mache ich persönlich nur kurzfristig, in der Saltin Diät. Die 30% sind zwar auch wenig, helfen dann aber doch.

      1. Saltin kenne ich, gemacht habe ich das aber noch nie. Ich lebe eher so, dass ich so wenig Kohlenhydrate wie möglich und so viel wie nötig zu mir nehme. Prozentual ausgerechnet habe ich das nie, aber ich würde eher sagen, dass bei mir an einem normalen Tag der Kohlenhydrat-Anteil deutlich unter 50% liegt. Ist halt letzten Endes auch eine Gewohnheitssache – aber der Körper lernt auf die Dauer gut zu haushalten 🙂

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