Von den Besten lernen: Ernährungs-Interview mit der Forschungsgruppe Dr. Feil

Dr FeilDie Forschungsgruppe Dr. Feil bietet laut eigener Angabe Hilfe zur Selbsthilfe – es soll mehr Eigenverantwortung für die Gesundheit übernommen werden. Was eigentlich jeder vernünftige Mensch sofort einsehen sollte, dass nämlich ein gesundes Leben nur auf der Basis der besten Ernährung, ausreichend Bewegung und positiven Gedanken funktionieren kann, wird von der Forschungsgruppe mit wissenschaftlicher Herangehensweise begründet.

Den Leitfaden dafür bietet die sogenannte F-AS-T Formel. Diese umfasst drei Bausteine: Fettstoffwechsel, allgemeine Stabilität und Topleistung im Wettkampf. Insbesondere seit dem grandiosen Marathonlauf von Arne Gabius beim Frankfurt Marathon 2014 ist die Ernährungsstrategie von Dr. Feil in aller (Läufer-)Munde. Doch wie sieht die Realität aus? Die F-AS-T Formel zu 100 % umzusetzen ist hart. Ist die Theorie überhaupt 1:1 übertragbar? Werden die (teils) sehr strengen Vorgaben auch von den Machern selbst eingehalten? Wer sollte die Strategie anwenden?

„Laufen hilft“ freut sich über die Gelegenheit, bei der Forschungsgruppe Dr. Feil ganz nach dem Motto „von den Besten lernen“ direkt nachfragen zu dürfen. Im Interview: Sergej Almasov, der unter anderem die Sport & HIIT Trainingseinheiten während der Dr.-Feil-Seminare auf Mallorca anleitet.

Markus: Hallo Sergej, kannst Du zur Einführung kurz und knapp erläutern, was die F-AS-T Formel alles umfasst? Was sind absolute Verbote? Wie schnell werden Verbesserungen im Befinden spürbar?
Sergej: Die F-AS-T Formel setzt sich aus den drei Bausteinen Fettstoffwechsel, Allgemeine Stabilität und Top Leistung im Wettkampf. Der erste Baustein beschäftigt sich damit wie ein möglichst guter Fettstoffwechsel erreicht werden kann um nicht mehr von den sehr begrenzten Glykogenspeichern der Muskeln abhängig zu sein. Im zweiten Baustein wird aufgezeigt welche Maßnahmen der Sportler anwenden kann um möglichst verletzungsfrei und gesund zu bleiben oder zu werden. Der dritte Baustein zeigt, auf was man im Wettkampf zu achten hat um eine möglichst optimale Leistung zu bringen. In der F-AST- Formel geht es nicht darum mir Verboten zu arbeiten sondern wir versuchen den Sportlern einen Leitfaden zu geben der es ihnen erlaubt ihre Leistung noch weiter zu verbessern. Z. B. empfehlen wir den Verzicht auf Weizen, Roggen und Zucker da diese Nahrungsmittel die Entzündungen im Körper in die Höhe treiben können. Die Verbesserungen spürt man nach der Umstellungszeit, je nach Athlet kann sie zwischen vier und zwölf Wochen dauern. Das hängt davon ab, wie viele KH man bisher konsumiert hat.

Markus: Seit wann und wie strikt wendet Ihr selbst die Strategie an? Was sind die größten Hindernisse?
Sergej: Ich kann nur von mir sprechen (da ich hier die fundiertesten Daten habe;-)). Ich persönlich wende die F-AS-T Strategie seit etwa 18 Monaten an. Das größte Hindernis für mich ist der Verzicht auf Zucker, ich bin ein riesen Fan von Schokolade und hab mich aber mittlerweile soweit das ich nur noch einmal die Woche dem Genuss fröne bzw. auf die dunkle Schokolade umgestiegen bin.

Markus: Was ist Eure Empfehlung: von einen auf den anderen Tag die Ernährung und Lebensweise komplett umkrempeln oder nach und nach einzelne Bausteine umsetzen? Warum? Mit welchem Baustein sollte man anfangen?
Sergej: Wie so oft im Leben muss man hier mit „das kommt drauf an“ antworten. Es kommt drauf an welcher Typ Mensch man ist, die einen brauchen einen langsamen Einstieg und Zeit um sich an die neuen Ernährungsgewohnheiten zu gewöhnen während der andere Typ seine Gewohnheiten lieber von heute auf morgen ändert. Man muss herausfinden was zu einem besser passt und entsprechend dieser Strategie fahren. Eine Änderung der Gewohnheiten ist selten einfach, deshalb sollte man sich klare Ziele setzten und am besten nach den SMART-Kriterien vorgehen. Die Basis bildet bei uns der Sport, das Stressmanagement und die entzündungssenkende Ernährung. Diese helfen dem Sportler seine Leistung zu steigern und stabil zu bleiben. Am einfachsten ist es, wenn man damit anfängt regelmäßig Sport zu treiben (wenn man das nicht bereits schon macht) und dann die Ernährung umstellt. D. h. weniger KH und dafür mehr Fette und Eiweiße, die Basis der Mahlzeiten sollte aus Gemüse und Salat bestehen. Das Essen sollte mehr Kräuter und Gewürze enthalten. Der Fokus in der F-AS-T Formel liegt auf der Regeneration, also sollte nach jeder Trainingseinheit innerhalb von 30 min. (Open-Window-effect) eine eiweißreiche Mahlzeit oder ein Eiweißshake folgen. Wenn man damit anfängt setzt man schon einiges um und man wird die ersten Veränderungen spüren.

Markus: Wie könnte die Ernährung in einer Beispielwoche aussehen? Was wird wann gegessen? Wird an harten Belastungstagen anders gekocht als an Tagen, wenn nur regenerative Einheiten auf dem Programm stehen?
Sergej: Es ist schwierig eine Schablone für die Ernährung abzuliefern, jeder Mensch ist anders, hat einen anderen Job (Stress) und andere Ziele (sportliche Leistung / Ambition). Generell kann man sagen weniger Brot, Nudeln, Zucker und Roggen dafür mehr Gemüse, Salat, Nüsse und gesunde Fettsäuren. Für die Regeneration benötigt der Körper Eiweiß. Hier eignet sich Molkeneiweiß am besten (Magen schonend und schnell verfügbar) aber auch Eier, Käse und Nüsse sind gute Eiweißlieferanten. Wenn man nun sehr viel trainiert und sein Gewicht nicht halten kann oder in der letzten Woche der Wettkampfvorbereitung ist kommt man nicht drum herum KH zu sich zu nehmen um die Glycogenspeicher des Körpers zu füllen. Gute Quellen hierfür sind z. B. Buchweizen, Quinoa, Amaranth, Dinkel und Hafer. Wenn man nach dem Train Low Prinzip trainiert sollte man versuchen mit geleerten Speichern ins Training zu starten. Nach dem Training benötigt der Körper Eiweiß um sich möglichst schnell zu erholen und den entstandenen Muskelschaden zu reparieren. In dieser Zeit sollte man darauf achten, dass man nicht mehr als 0,5 Gramm KH pro Kg Körpergewicht zu sich nimmt da man ansonsten die mitochondriale Neubildung stört (Beispielrechnung bei einem 70 kg Athleten wären es 35 g KH). Das bedeutet die Mahlzeit oder der Shake sollten KH arm sein.

Markus: Sollte jeder die F-AS-T Formel anwenden? Wie überzeugt man beispielsweise Verwandte, mit denen man häufig isst, von den Änderungen im Ernährungsplan?
Sergej: Die F-AS-T Formel ist für alle geeignet so lange man das Ganze nicht zu dogmatisch macht und sich noch Freiräume lässt. Die Überzeugung des Umfelds sollte meiner Meinung nach am besten über die Leistung stattfinden. Wenn die Menschen um einen herum merken das man schneller oder stärker wird bzw. abnimmt dann werden die Fragen auf jeden Fall kommen. Ab hier wird es dann nur noch ein Kindespiel sein die Menschen zu überzeugen.

Markus: Durch die „fehlenden“ Kohlenhydrate werden die Einheiten zunächst anstrengender, und dennoch langsamer. Wie gehe ich im Kopf damit um?
Sergej: Diese Zeit übersteht man in dem man den Blick nach vorne richtet und sich damit motiviert, dass man das Ganze nur macht um später umso leistungsstärker zu sein.

Markus: Reicht es, das Buch zu lesen, oder wäre eine individuelle Beratung besser? An wen kann man sich wenden?
Sergej: Eine individuelle Beratung ist selbstverständlich immer besser als „nur“ die Lektüre des Buchs. Allerdings sind die Kosten auch nicht miteinander zu vergleichen. Ich persönlich würde dem interessierten Leser zuerst das Buch empfehlen mich dann an die Umsetzung machen und wenn man meint sich nicht mehr aus eigener Kraft verbessern zu können dann einen Termin für eine individuelle Beratung machen.

Markus: Was mache ich, wenn mein Lieblingsgericht Nudeln sind? Muss ich dauerhaft auf mein Leibgericht verzichten?
Sergej: Es gibt mittlerweile fast überall Dinkelnudeln die genauso schmecken wie die Weizenvariante. Allerdings auch hier gilt es Maß zu halten und nicht zu übertreiben. Denn man sollte sich immer vor Augen halten, dass der Körper KH nicht zum Überleben braucht – anders als Fette und Eiweiße.

Markus: Empfohlen werden stets frische, regionale Produkte, dazu viele Gewürze. Kann sich die Ernährungsstrategie jeder leisten? Wie ist der preisliche Unterschied zu einer durchschnittlichen Einkaufsweise?
Sergej: Selbstverständlich ist eine solch hochwertige Ernährung etwas teurer. Allerdings gibt man in Deutschland im europaweiten Vergleich mit am wenigsten für Lebensmittel aus, gleichzeitig schmeißen wir sehr viele Lebensmittel weg. Wenn man seine Ernährung umstellt und wieder bewusster isst und bei regionalen Bauern oder Märkten einkauft (keine Zwischenhändler) dann zahlt man nur unwesentlich mehr. Und unterstützt aber gleichzeitig Nachhaltigkeit und die Bauern bei der Herstellung qualitativ hochwertiger Produkte.

Markus: Es werden viele Nahrungsergänzungsmittel empfohlen. Arginin nach harten Belastungen, Vitamin D3 für den Fettstoffwechsel, Laktobakterien-Präparate für die Darmgesundheit, dazu Vitamin K2, Glucosamin und Kollagen-Hydrolysat. Sollte eine gesunde, naturbelassene Ernährung nicht ausreichen, um gesund zu leben?
Sergej: Wenn man sich gesund ernährt, wenig bis keinen Stress hat und ansonsten keinen negativen Umwelteinflüssen ausgesetzt ist dann ja. Aber wenn man Sport treibt (und auch besser werden möchte) dann wird der Weg ohne die empfohlenen Nährstoffe auf jeden Fall sehr viel länger werden und man wird es nicht schaffen die letzten Prozente auszureizen und das Maximum aus sich selbst herauszuholen. Außerdem sind viele der empfohlenen Produkte nicht nur für die Leistungsfähigkeit sondern auch für die Gesundheit wichtig, siehe Unterversorgung der meisten deutschen von Vitamin D3 und die durchblutungsfördernde Wirkung von Arginin. Ackerschachtelhalm für Menschen mit Gelenkbeschwerden. Die hochwertigen Nährstoffe erkennt man daran, dass sie sowohl für die Gesundheit als auch für die Steigerung der Leistungsfähigkeit eingesetzt werden können.

Markus: Die Grundlage für Eure Empfehlungen ist die Wissenschaft. Wie gut lassen sich Forschungsergebnisse übertragen? Gilt das, was an einem breiten Kollektiv getestet wird, für jeden einzelnen?
Sergej: Es ist schwierig zu pauschalisieren. Jedoch ähneln wir uns alle doch bis zu einem gewissen Punkt sehr (die DNA der Menschen stimmt zu fast 100 % überein) Selbstverständlich gibt es Unterschiede. Wenn jedoch etwas bei einer großen Schnittmenge der Testpersonen funktioniert wird es also auch bei den meisten anderen funktionieren.

Markus: Wie geht ihr mit Sportlern um, die von ihrer Vorgehensweise als richtig überzeugt sind. Die beispielsweise darauf beharren, vor Wettkämpfen Weizenbrötchen zu brauchen oder jeden Morgen Müsli essen?
Sergej: Wir können nur Tipps und Verbesserungsvorschläge anbieten und natürlich niemanden zu etwas zwingen. Die meisten Sportler, die zu uns kommen wollen sich verbessern und sind auch bereit neue Sachen auszuprobieren und sich kontinuierlich weiter zu entwickeln. Wenn man aber einen schwierigen Fall hat dann bietet man ihm an seine Gewohnheiten für eine gewisse Zeit umzustellen und die Leitungsfähigkeit und das Wohlbefinden zu beobachten. Die meisten Athleten wollen nach der Umstellungsphase nicht mehr zu ihren alten Gewohnheiten zurückkehren da sie merken, dass die F-AS-T Formel ihnen zu noch mehr Leistung verhilft.

Markus: Wie viel macht die Ernährung aus? Ist sie nur das Zünglein an der Waage, die die Wettkampfleistung abrundet oder ist hartes Training ohne Fettstoffwechseltraining und die allgemeine Stabilität nur halb so effektiv?
Sergej: Frei nach dem Motto: Du bist was du isst. Ein solch komplexes Thema in Prozenten anzugeben ist nicht möglich, jedoch kann sich jeder selber denken wieviel es ausmacht was man zwei bis drei Mal am Tag zu sich nimmt. Wenn man sich keine Gedanken über seine Ernährung macht und sich nur nach Gusto ernährt ohne auf seinen Körper zu hören, dann wird man bei körperlicher Belastung die Auswirkungen sehr schnell merken. Somit hier ein klares Nein, die Ernährung ist ein wesentlicher Bestandteil des Trainings und darf unter keinen Umständen vernachlässigt werden, da man sonst zu viel Potenzial verschenkt.

Markus: Wenn ein Läufer bisher noch gar nicht auf seine Ernährung geachtet hat, um wie viel Prozent kann er sich durch die konsequente Umsetzung der F-AS-T Formel auf den Marathon steigern?
Sergej: Umso konsequenter die F-AS-T Formel umgesetzt wird, umso größer wird die Steigerung des Sportlers sein. Vor allem für einen Sportler der bisher gar nicht auf seine Ernährung geachtet hat wird die Leistungssteigerung sehr stark ausfallen. Aber hier sollte man vorsichtig sein, vor allem für alle „Anfänger“ aus dem Bereich Ernährung empfehle ich Schritt für Schritt sich an die Sache ran zu tasten. Nicht versuchen alles auf einmal umsetzen zu wollen sondern langsam beginnen und dafür länger durchhalten.

Markus: Durch den vergleichsweise geringen Kohlenhydratanteil in der Ernährung verlieren viele Läufer nach der Umstellung auf die F-AS-T Strategie Gewicht. Der Körper suche sich das Optimum, so heißt es. Was, wenn immer mehr Gewicht verloren wird, kann die Ernährungsumstellung gefährlich werden?
Sergej: Es wird nur dann immer mehr Gewicht verloren wenn das Weglassen der Kohlenhydrate nicht durch die vermehrte Einnahme von Eiweißen und Fetten kompensiert wird. Kohlenhydrate sind eines der drei Makronährstoffe. Wenn man nun weniger KH zu sich nimmt (und genau darum geht es, es heißt Low Carb nicht No Carb) muss man mit den beiden anderen Makros ausgleichen. Darum, dass man etwas Gewicht verliert, kommt man nicht drum herum, da ein Gramm KH bis zu drei Gramm Wasser bindet. D. h. weniger KH gleich weniger Wasser im Körper. Das ist aber nicht schlimm da es sich um Gewicht handelt, das nicht genutzt wird und den Athleten im Training und Wettkampf sogar behindert.

Markus: Was ist mit Kindern bzw. Jugendlichen? Ab welchem Alter kann/sollte die F-AS-T Formel eingesetzt werden?
Sergej: Die F-AS-T Formel kann grundsätzlich von allen umgesetzt werden da sie der natürlichen Ernährung am nächsten kommt. Einschränkungen für Kinder und Jugendliche sind uns nicht bekannt. Das Einzige worauf zu achten ist, vor allem bei unseren jungen Athleten, ist die Einführung der Formel in den Alltag. Eine Ernährungsumstellung ist ein Marathon und kein Sprint, deshalb sollten Ausrutscher nicht zu ernst genommen und das langfristige Ziel im Auge behalten werden.

Markus: Hast Du einen abschließenden Tipp oder einen Motivationsanstoß?
Sergej: Mein Tipp: Versucht zu Anfang Weizen und Zucker verstärkt wegzulassen dafür mehr Gemüse und Eiweiß zu essen, damit hat man einen guten Grundstein gelegt. Nach der Eingewöhnungszeit wird der Sportler merken, dass es ihm besser geht und dann können weitere Schritte eingeleitet werden.
Etwas für die Motivation: (hab ich an mir selbst ausprobiert): Wenn man die F-AS-T Formel umsetzt und ausreichend Sport treibt muss man sich nie wieder Gedanken darum machen dass man zu viel isst. Ich esse nach Lust und Laune und mein Gewicht bleibt stabil.