Endlich geschafft: die Doktorprüfung!

Der lange Weg zum Dr.-Ing: Fragmente einer Doktorprüfung

Da stehe ich nun. Ein letztes Mal durchatmen. Allein beim Dastehen aber schlägt mein Herz so kräftig, dass die Krawatte bebt. Sonst ist da weiter nichts, nur ich und die bebende Krawatte. Doch wozu überhaupt die schicke Kleidung? Nun, es wird (leider) nicht gelaufen, es steht die letzte und höchste Prüfung meiner akademischen Laufbahn an: meine Disputation oder auch Doktorprüfung.

Das scheint zunächst nichts mit dem Laufsport zu tun zu haben, dennoch kann man die Prüfung mit einem Marathon vergleichen. Darüber muss ich gleich mehrmals – immer wieder über den Tag verteilt – lächeln. Zum einen war es eine lange Vorbereitung. Ziemlich genau fünf Jahre beschäftige ich mich schon mit dem Thema repetitive Montagetätigkeiten. Wie beim Laufen war es nicht immer einfach. Mal ging es einfach, oft musste ich mich auch durchbeißen. Und dann die Prüfung (=der Wettkampf) selbst: anderthalb Stunden lang. Die erste halbe Stunde bei meinem Vortrag wie geplant, dann jede Frage wie ein Kilometer, die zum Ende hin einfach nicht aufhören wollen.

Der Vorteil im Vergleich zum Marathon war, dass ich vorher so viel hin- und hertigern konnte, wie ich wollte. Physische Energie musste ich nicht sparen. Dafür gab es kein Aufwärmritual, dass in der letzten Stunde vor den Wettkämpfen so unglaublich wertvoll ist. Immerhin funktionierte alles einwandfrei: die Anfahrt, die Technik… was alles hätte schiefgehen können!

Es war die finale Etappe eines langen Weges. Es überhaupt bis zur Prüfung geschafft zu haben war bereits ein Erfolg. Es hätte viele Möglichkeiten zum Aufgeben gegeben. Gezwungen hat mich niemand. Wie beim Marathon wollte ich aber unbedingt ins Ziel. Und da bin ich nun. „Nur“ noch die Veröffentlichung, dann darf ich den Titel offiziell führen.

Die Disputation selbst habe ich nur noch bruchstückhaft in Erinnerung, als einzelne Fragmente. Gleich bei der ersten Frage fehlte mir die Begrifflichkeit, später hakte es beim Belastungs-Beanspruchungs-Modell, das ich sonst im Schlaf beherrsche. Es ging um Erfahrung und Zusammenhänge, Signifikanzniveaus und Nullhypothesen, um HMIs und MTM, die Normalverteilung und Kräfte. Ein Gelenk sollte freigeschnitten und das Moment berechnet werden. Die Formel für die Standardabweichung hatte ich im Kopf. Svenja fieberte mit und war hinterher genauso geschafft wie ich. Irgendwann war es dann geschafft. Alle mussten den Raum verlassen.

Dann wurde ich wieder hereingeholt und mein Prof lächelte mich an: bestanden! Glückwünsche durch die Professoren der Prüfungskommission, dann noch kurz die Tafel wischen, dann war der offizielle Teil geschafft.

Wieder vor der Tür schauten mich alle erwartungsvoll an. Aber warum? Ach ja, ich sollte vielleicht auch verkünden, dass ich bestanden hatte! Ich war einfach zu keinem klaren Gedanken mehr fähig, wie leer. Auch bei der kleinen Feier im Anschluss im Institut stand ich noch neben mir, die Freude kommt erst nach und nach.

Würde ich es wieder tun? Auch das ist wohl wie beim Marathon: im Nachhinein war es doch gar nicht so schlimm!

Und dann war es geschafft. Einen tollen Doktorhut gab es außerdem.