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Ein Kurzurlaub im Bayerwald (U.TLW, Teil 1)

An was denkt ihr, wenn ihr den Begriff Bayerwald hört?

An die Grenzte zu Tschechien? Den Großen Arber? An Wandern, Forstkultur oder Glasbläserkunst? Gar ans Skifahren? Das alles umfasst der Bayerische Wald. Die meisten derer, die es am verlängerten Fronleichnamswochenende aber in den Lamer Winkel zog, trieb ein anderer Gedanke. So auch uns. Wandern kommt dem dabei noch am nächsten: das Wochenende des ersten bis dritten Juni 2018 stand in und um Lam ganz im Sinne des Traillaufs – alles in der Region dreht sich um den U.TLW.

Mal etwas anderes machen

Der Großteil meines Jahres verläuft in sportlicher Sich relativ strukturiert. Im Frühjahr wie im Herbst steht ein Marathon im Fokus, die vorangehenden 17 Wochen sind dementsprechend ausgelegt. Natürlich bleibt immer etwas Spielraum, dennoch sind die wichtigen Einheiten recht eng getaktet. Nach dem Herbstmarathon folgen drei Wochen Laufpause zur Erholung, dann folgt der Wiedereinstieg. Für Experimente übrig bleibt der Frühsommer. Nach einer kürzeren Pause als im Herbst steht jetzt vor allem unspezifisches Training auf dem Plan. Und das orientiert sich daran, auf was ich gerade Lust habe. Das können kurze, schnelle Bahneinheiten sein, ein Orientierungslauf wie im letzten Jahr oder auch einfach eine Fahrradtour.

Svenja freut sich über jede Katze im Bayerwald

Sehr gerne entdecke ich aber auch neue, (läuferisch) noch unbekannte, Flecken auf der Landkarte. Im Bayerischen Wald waren wir noch nie, so einiges hörte ich aber über ein Rennen über tolle Pfade und Berggipfel. Und weil wir die Berge lieben wollten wir es einmal mit dem U.TLW versuchen.

Dafür mussten wir aber bereits im Winter schnell sein. Denn obwohl es nach 2015 und 2016 erst die dritte Auflage der Veranstaltung ist, ist der Lauf bereits fest etabliert. Die versammelte Traillauffamilie schwärmt von und will zum U.TLW. Am Tag der Anmeldung ist der Server des Zeitnahmeservers entsprechend überlastet und die 700 zur Verfügung stehenden Startplätze (größere Felder sind wegen der schmalen Pfade und der Umwelt, die geschont werden will, nicht drin) schnell vergriffen.

Doch wir hatten Glück. Als zwei von 250 Teilnehmern standen wir schließlich auf der Startliste des „Osser Riesen“, die kürzere der beiden angebotenen Distanzen (der „König des Bayernwalds“ hat 54 km und etwa 2600 hm), über 24 km mit ca. 1200 hm. Schnell war auch ein Hotel gefunden, sodass einem aufregenden Kurzurlaub nichts mehr im Wege stand.

So lernten wir eine richtig schöne Ecke Deutschlands kennen.

Ab in den Bayerwald

Nach aufregenden wie anstrengenden Wochen mit Jobwechsel und Doktorprüfung war der Kurzurlaub gefühlt mehr als verdient. Endlich war es dann soweit: die Pflichtausrüstung war besorgt, der Koffer gepackt und der Wecker gestellt. Noch vor 7 Uhr am Donnerstag waren wir unterwegs.

Und es fuhr sich gut. Wenig Verkehr, sodass genug Zeit für einen herrlichen Zwischenstopp am Steinberger See blieb. Schon gegen Mittag waren wir dann in Lam. Kurz im Hotel einchecken – wir konnten schon ins Zimmer – dann wollten wir direkt raus zum Spielen.

Zwischenstopp auf dem Weg in den Bayerwald: der Steinberger See
Zwischenstopp auf dem Weg in den Bayerwald: der Steinberger See

Spielplatz war natürlich der Bayerwald, ein Mittelgebirge an der Grenze zwischen Bayern und Tschechien. Die höchsten Berge sind der Große Arber (1456 m) und der Große Rachel (1453 m), wovon ersterer auch seinen Auftritt beim U.TLW bekommt. Der Bayerwald ist dabei mehr, als die Bezeichnung „Mittelgebirge“ vermuten lässt. Auch der Große Osser, gerade einmal 1293 m über NN und seines Zeichens Hausberg von Lam, kann mit seinen schroffen Felsen durchaus mit den Alpen mithalten. Da sind ein sicherer Tritt und immer wieder auch Kletterfertigkeiten gefragt. Auch der Downhill nach Lam durch den Wald hat es in sich. Unter dem Namen „holy trail“ hat der Abstieg vom Osser schon Kultstatus erreicht.

Erster Test des Holy Trail

Und diesen heiligen Trail wollten wir uns gerne schon im Vorfeld anschauen. Direkt vom Hotel aus ging es also auffi. Erst ein Stück im Ort, dann durch den Golfplatz steil den Berg hinauf. Weil in der Ferne ein Gewitter aufzog, beeilten wir uns, fanden die Strecke aber Dank strava-Segment auf Anhieb problemlos. Jetzt wollten wir doch einmal sehen, was „technisch“ beim Traillauf heißt.

Svenja auf dem Holy Trail

Im Falle des Holy Trails steht es für einen engen, teils nur fußbreiten, Pfad, der sich über Steine und Felsen, um Bäume und über Stock und Stein mal mehr und mal weniger steil bergab schlängelt. Auch ein kurzes Stück über weiche Tannennadeln ist mit dabei. Schon dieser erste Versuch machte mächtig Spaß, erforderte aber auch höchste Konzentration. Mit bereits 50 km in den Beinen würde ich dieses Stück aber nur ungern laufen, wir hatten also in jedem Fall die richtige Streckenwahl getroffen.

Gerade, wenn ich an die Ultratrail-Läufer dachte, kam ich mir auch ziemlich schnell vor. Svenja hatte sich auch den Segment-Rekord erlaufen, bei mir reichte es aber gerade einmal für Rang 17! Matthias Baur, Sieger von 2015 beim Ultra, hatte mir auf dem guten Kilometer eine ganze Minute abgenommen. Da wusste ich also, was am Samstag im Rennen auf mich zukommen würde.

Damit ist eigentlich alles zu meinen Downhill-Fähigkeiten sowie meiner Risikobereitschaft gesagt. Martin kann auf dem Rad in Kurven ein Lied davon singen.

Das sorgte auch am Abend direkt für (mit einem Augenzwinkern) Spott.

Gleich und gleich gesellt sich gern

Nach einem Spaziergang durch den Ort – ein Gewitter gab es schließlich doch nicht – trafen wir nämlich andere Traillaufbegeisterte aus der Rhein-Main-Region. Georg hatte uns spontan zum gemeinsamen Abendessen in der örtlichen Pizzeria eingeladen, was wir gerne annahmen. Ihn hatte ich im Vorfeld nach einem geeigneten Rucksack für die Pflichtausrüstung gefragt, woraufhin er mir einfach so seinen lieh: nur eine Weste, mit der sich uneingeschränkt laufen ließ, die aber dennoch genug Stauraum für Streckenkarte, Rettungsdecke, Wundauflage und Mullbinde, Regenjacke, Kopftuch, Softflask (Trinkflasche), Zimmerkarte und Gels bot.

Neben Tim, Georg und Jamie, die auch beim letzten Heusenstamm Cross am Start waren, waren außerdem noch Rebecca, Janosch und Pia mit Kindern und Eltern mit dabei. Und so wurde es ein sehr netter erster Abend im Bayerischen Wald.

Die Vorfreude steigt

Markus beim Downhill

Laut Wetterbericht sollte es dann leider den ganzen Freitag hindurch regnen. Wieder hatten wir aber Glück: nur beim kurzen Morgenlauf wurden wir nass, dafür aber richtig. Bei einem richtig tollen Lauf mit Blick über nebelverhangene, dichte Wälder schaute ich mir den Startbereich des König des Bayerwaldes an. Im Seepark Arrach würden wir am späten Nachmittag unsere Startnummern abholen.

Zunächst aber galt es ein herrliches Frühstücksbuffet zu plündern. Im Anschluss entschlossen wir uns zu einem Ausflug ins benachbarte Tschechien, bei dem wir eine Esche umarmt, Bunker gefunden, Ameisen gefüttert und den Grenzbahnhof besichtigt haben. Auf dem Rückweg haben wir dann nicht nur einen weiteren Teil der Strecke (oben am Langlaufzentrum Scheiben) ausgekundschaftet, sondern außerdem ein riesiges und genauso leckeres Stück Kuchen im Café Sahneberg (der Name ist Progamm) genossen. Dort lernten wir auch Volker kennen, der ebenso wie wir und Janosch den Osser Riesen laufen würde.

Und dann ging es schon zur Expo. Wir holten die Startnummern ab, tranken Apfelschorle und saugten dabei die Atmosphäre auf. Schließlich hörten wir uns noch das Rennbriefing an um anschließend zurück ins Hotel zum Abendessen zu fahren. Wir waren bereit für das Rennen am nächsten Tag!

Den Rennbericht lest ihr hier!