Kreppel als Belohnung für den Lauf

Alles für den Kreppel – virtuelle Vereinsmeisterschaften des TSV Heusenstamm

Normalerweise sieht man in Ergebnislisten den Verein Spiridon Frankfurt neben meinem Namen. Das hat auch seine Richtigkeit: seit 2013 läuft mein Startpass für Spiridon. Dort habe ich eine starke Trainingsgruppe für die Langstrecke. Dennoch bin ich im Herzen nach wie vor auch Heusenstammer. Schon als Schüler trainierte ich mit den Leichtathleten des TSV, bald war und bin ich auch Trainer, außerdem bin ich seit Jahren im Abteilungsvorsitz. Durch die Grundlagen, die mir das Training mit auf den Weg gab, konnte ich eine Abiprüfung in Leichtathletik machen und profitiere noch heute von der guten Koordination und Lauftechnik.

Als ich mir damals bereits mit 18 überlegte, einen Marathon laufen zu wollen, war das nicht nur der Startschuss für all die schönen Abenteuer, die folgten, sondern auch ein Gemeinschaftsprojekt mit just jenem Martin, mit dem ich zuletzt unseren Heusenstamm-Cross organisierte.

Dieser Martin hat jetzt virtuelle Vereinsmeisterschaften auf die Beine gestellt, bei denen 5 km auf unserer ehemaligen großen Ein- oder Auslaufrunde individuell mit GPS-Aufzeichnung absolviert werden. Die Motivation dazu ist hoch, schließlich gibt es für jeden Finisher einen Kreppel! Kein Wunder also, dass seit Freitag, seitdem die Vereinsmeisterschaften eröffnet sind, bereits einige auf der Strecke waren und wir auch vor unserem Start Vater und Sohn trafen, die im Begriff waren, die Kinderstrecke (1,4 km) unter die Füße zu nehmen.

Strecke mit Nostalgie-Faktor

Die Streckenführung orientiert sich wie bereits an unserer ehemaligen großen Runde mit „Schotter 1“ und „Schotter 2“ – also zwei geschotterten Wegen. Ansonsten geht es ausschließlich über Asphalt. Der Unterschied zu früher ist, dass Start und Ziel nicht mehr am Sportzentrum Martinsee sind, schließlich ist die Anlage derzeit komplett geschlossen, sondern gleich am Stadtrand. So kann jede:r Heusenstammer:in gemütlich zum Start einlaufen und auf dem Rückweg sämtliches Laktat wieder abtransportieren.

Der Schotter (auf dieser Runde Schotter 1, auf strava durch die Segmente „Schotter aufi“ und „Schotter abi“) ist für Svenja und mich übrigens ein ganz besonderer Weg. Dort haben wir nicht nur einen Geocache (der derzeit dringend Wartung nötig hat) versteckt, auch haben wir wenige Wochen vor unserer ersten Verabredung dort nur zu zweit mit unserem Trainer Wulf Läufe absolviert. Einst war der Schotter ein richtig schöner Weg, auf dem ich mit Axel nicht nur für kurze Intervalle alle 100 m vermessen hatte (die eigens angefertigten Holzpfähle waren leider sehr schnell wieder verschwunden), auch habe ich auf diesem malerisch geschwungenen Weg schon viele Intervalle und Dauerläufe absolviert. Aktuell ist vom Schotter-Belag allerdings nicht viel zu sehen, besonders auf dem Abschnitt im Wald liegt der Schlamm zentimeterdick. Auch das ist übrigens eine Auswirkung des Klimawandels: über das Jahr hinweg regnet es in etwa gleich viel, allerdings im Winter deutlich mehr und im Sommer deutlich weniger.

Alles für den Kreppel

Doch zurück zum eigentlichen Thema: den Kreppeln. Als klar war, um was es ging, war sofort auch Svenja Feuer und Flamme für den Lauf. Die Motivation war klar: „Ich laufe hier nur, damit ich einen Kreppel bekomme!“ – dann wurde es aber doch deutlich schneller, und das, obwohl das Wetter wirklich nicht optimal war:

Zeitgleich starteten wir, zufällig um Punkt 15 Uhr. Exakt die Startzeit eines Jügesheimer Winterlaufserien-Samstags. Hach!

Vom Start weg geht es wellig, weil es erst zum Bieberbach hinab- und dann wieder hinaufgeht, schnurgerade bis zu den Herrnäckern, wo zuletzt neue Häuser gebaut wurden. Dabei wehten einem von vorne Schneeflocken ins Gesicht. Im ansteigenden Abschnitt kam ich mir so direkt langsam vor, den Oberkörper nach vorne gelegt und die Augen nur einen Spalt geöffnet. Dann ging es aber um die Kurve, wo mir Sebastian entgegenkam. Zu mehr als zu einem kurzen Gruß reichte die Zeit aber selbstredend nicht.

Schon war der erste Kilometer gelaufen und die Uhr zeigte 3’12. Glücklicherweise war das Tempo also der Anstrengung entsprechend schnell. Zehn Sekunden langsamer hätten einen mentalen Dämpfer bedeutet. Dennoch war es ob der Bedingungen vielleicht schon zu schnell, zumindest musste ich schon heftig atmen. Die ursprüngliche Renntaktik, es bis zum Schotter defensiv anzugehen, war damit längst über Bord geworfen.

Zur Hälfte Straßenlauf, zur Hälfte Crosslauf

Alles für den Kreppel: Schlechte Bedingungen, aber gute Laune. Trotz Schnee von oben und viel Matsch von unten ging es heute ordentlich ab.
Schlechte Bedingungen, aber gute Laune. Trotz Schnee von oben und viel Matsch von unten ging es heute ordentlich ab.

Dort angekommen, waren die ersten beiden Kilometer bereits gelaufen. Dafür, dass ich leicht herausgenommen hatte, gingen die von der Uhr angezeigten 3’22 für den zweiten Kilometer in Ordnung. Vielleicht war ich auch schneller – die Kreuzung, die ich gerade passiert hatte, ist seit je her ein Bermudadreieck für GPS-Uhren.

Die Konzentration galt jetzt auch nicht mehr dem Tempo, sondern vor allem dem Boden. Konnte man am Anfang noch versuchen, mit den Schritten Schotter zu treffen und damit vermeintlich Grip zu haben, war diese Absicht bald hinfällig.

War ich beim virtuellen Spiridon-Silvesterlauf vom Grip der Rennschlappen auf Waldboden noch positiv überrascht, hatte die vergleichsweise sehr glatte Sohle in der folgenden Schlammgrube fast keine Chance. Immerhin wurden meine Füße gekühlt! Von der gefühlten Anstrengung war ich auch komplett abgelenkt. Schon waren bereits 3 km gelaufen, der dritte in gesuhlten 3’28. Noch rechnete ich mir gute Chancen aus, unter 17 Minuten bleiben zu können. Doch dafür musste ich jetzt, wieder auf besserem Geläuf, das Tempo wieder anziehen!

Nach diesem ersten Schotter geht es erneut über den Bieberbach und am Feld entlang zur einzigen Schikane der Strecke, nämlich zu einer Kombination zweier spitzen Kurven. Erst links herum, dann direkt wieder rechts und zum zweiten Schotter. Dieser ist in einem besseren Zustand und lässt sich bis auf die letzten 200 m, die erneut im knöcheltiefen Schlamm versinken, gut laufen.

Auf zum Endspurt, auf zum Kreppel!

Ungefähr in der Mitte dieses Schotterweges steht eine Schutzhütte. Ich meinte, dort im Vorfeld virtuell den vierten Kilometer vermessen zu haben. Die Uhr piepste aber noch nicht – und als ich einen Blick wagte, erschrak ich. Nicht jedoch, weil mir die Zeit davonlief, sondern im Gegenteil, weil noch nicht einmal 13 Minuten gelaufen waren! Ich hatte scheinbar einen Sahnetag erwischt, das viele Training der letzten Wochen zahlte sich aus.

Ohne Rücksicht auf Verluste spurtete ich also fast in die letzte Schlammpassage – und wäre fast im Zaun gelandet. Unkontrollierbar schlitterte ich an den Rand des Weges und musste fast auf Null abbremsen, bis ich wieder kontrolliert und in die angestrebte Richtung Tempo aufnehmen konnte. Kein Wunder, dass die Spaziergängerin, die mir entgegenkam, leicht panisch die Wegseite zu ihrem Begleiter wechselte.

Schnelle Beine für den Kreppel
Die schnellen Beine des Tages.

Dann aber war die Schranke und damit das Wegende erreicht. Jetzt nur noch rechts um die Kurve rutschen, dann ging es in den Endpurt auf Asphalt. Das Ziel war in Sicht und immer noch eine 15 vor dem Doppelpunkt auf der Uhr, sodass es eine richtig gute Zeit werden würde. Nach dem Spurt abstoppen, zu Atem kommen, auf die Zeit schauen: 16’18. Genial! Denn selbst wenn die Strecke ein paar Meter zu kurz sein sollte, wäre ich zumindest in den selben Bereich gelaufen wir bei unserem Test letzten Sommer. Jetzt aber auf einer weitaus weniger optimalen Strecke, außerdem im Alleingang. Ich bin wirklich zufrieden!

Dann hieß es, mich schnellstmöglich umzuziehen. Nicht nur wegen des Wetters, sondern auch, um Svenja entgegenzulaufen und anzufeuern. Kaum hatte ich die Schranke erreicht, kam sie auch schon um die Kurve und war damit ebenso schneller unterwegs als erwartet. Schon nach 24’30 drückte auch Svenja ihre Uhr ab. Kreppel scheinen genau unsere Motivation zu sein!

PS: Das Titelbild stammt von Thomas, der zwar an der Vereinsmeisterschaft nicht teilnehmen kann, dennoch aber in Augsburg schnelle 5 km in Angriff nehmen wird. Ich kann dir sagen: die richtige Motivation hast du bereits eingekauft! Alles für den Kreppel.

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