Es ist ein ganz normaler Sonntag. Der letzte Tag der Woche beginnt noch vor dem Morgengrauen. Über die Mütze ziehe ich noch die Stirnlampe, weil die Tage noch so kurz sind. Bis die Sonne aufgeht, werde ich schon einige Kilometer gelaufen sein.
Dunkle Straßen
Als die Uhr draußen auf dem dunklen Bürgersteig genügend Satelliten gefunden hat, kann es losgehen. Zunächst leuchten mir die Straßenlaternen in meiner noch schlafenden Heimatstadt. Im trüben Schein sehe ich noch niemanden. Kein Auto, keinen müden Hundebesitzer und auch keine Ratte, die auf Essensreste hoffend durch die nächtlichen Straßen huscht.
Dunkle Wälder
Bald liegen die Straßen, die dunklen Häuser und die beleuchteten Gehwege hinter mir. Es ist Zeit, die Stirnlampe anzuschalten. Gleich auf die höchste Stufe. Die modernen Lampen leuchten heller als meine. Auch der vergleichsweise wenig intensive Lichtkegel reicht aber, um zu wissen, wo ich bin und vor allem, um Hindernisse aus dem Weg zu gehen. Ein Sturz passt nicht in die Trainingsplanung.
So bleibt aber im Dunklen, was rechts und links des Lampenscheins liegt. Ich sehe keine Wälder und Wiesen, keine Bäume zu den Stämmen und keine Körper zu den Augen, die mich aus der Dunkelheit heraus anblicken.
Ich sehe nichts, was du nicht siehst
Im Grunde ist es nicht wichtig, was ich sehe, solange ich keinen querliegenden Ast oder ein Schlagloch übersehe. Viel interessanter ist, was ich nicht sehe: Ich sehe kein Krokodil, keinen Hühnereintopf und keinen Rasenmäher. Ich sehe weder eine Königskrone noch eine Bananenkiste. Weder Gipfelkreuz noch Sonnenliege.
Aber das macht nichts.
Denn solange ich keinen umangeleinten, aggressiven Hund vor mir sehe, ist alles in bester Ordnung. Im Dunklen gibt es nichts, was mir Grenzen setzt.