Im Ziel eines Rennens bin ich eigentlich nie zufrieden. Eine Aussage, die erst einmal sacken muss. Woran liegt das? Im ersten Teil dieses zweiteiligen Blogposts ging es um die verschiedenen Wettkampftypen. Im zweiten Teil geht es jetzt um die Einstellung zu bzw. die Sichtweise auf diese Typen. Und um Wünsche. Dabei wird es etwas pathetischer.
Sicher ist es angebracht, bei schlechten Rennen im Nachhinein zu analysieren, um Fehler abzustellen und langfristig besser zu werden. Allem, was schief ging, zum Trotz könnte man auch hier im Ziel zunächst einmal Stolz auf das Geleistete sein. Weil es nicht selbstverständlich ist, überhaupt Rennen zu laufen.
Wichtiger ist diese Freude über die eigene Leistung aber noch viel mehr bei guten Rennen. Dennoch hadere ich im ersten Moment auch mit den Rennen, die im Rückblick zu meinen besten zählen. Es gibt immer etwas auszusetzen. Beim Berliner Halbmarathon beispielsweise überholte mich auf dem letzten Kilometer noch ein Däne, den ich ziehen lassen musste. Die erste Reaktion: warum bin ich da nicht mitgegangen, konnte ich nicht mitgehen? Erst mit etwas Abstand weiß ich dann, dass ich alles gegeben habe und die Zeit richtig gut war. Vielleicht die beste meines Lebens.
Sei doch endlich mal zufrieden
Und wenn ich darüber nachdenke, dass ich auch an richtig guten Rennen etwas auszusetzen habe, frage ich mich, ob das auch in anderen Lebensbereichen so ist. Nehme ich bzw. nehmen wir auch im Alltag vor allem die negativen Dinge wahr? Es gibt da durchaus Parallelen.
Denn Menschen wollen immer das, was sie nicht haben. Lockenköpfe wollen glatte Haare. Kleine Menschen wollen groß sein. Wenn es kalt ist, soll es warm sein. Und umgekehrt. Da meint man, dass sich darauf konzentriert wird, was nicht ist. Auch in der Wahrnehmung. Es fallen nur die roten Ampeln auf. Oder die Verspätungen.
Um den Bogen zurück zu schlagen: Fakt ist dabei, dass nicht alles beeinflussbar ist. Sich über etwas zu ärgern, was man nicht beeinflussen kann, ist müßig. Viele Faktoren wie die Form, die Tagesform, das Wetter, das Feld, etc. können nicht oder nicht mehr verändert werden. Sich aber darüber zu freuen, schafft den richtigen Gemütszustand. Gerade für (wichtige) Rennen machen wir uns verrückt genug. Wir müssen uns darauf konzentrieren, was wir ändern können. Die Nahrungsaufnahme, das Aufwärmen, die psychische Einstellung, Kenntnisse über den Streckenverlauf. Wer sich stattdessen darüber ärgert, dass es zu warm oder kalt, zu feucht oder zu windig ist, verschenkt Energie. Und deshalb erfreue ich mich an dem, was ist. Dass die Sonne scheint oder der Regen kühlt.
“Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.“ – Hermann Hesse
Der nächste Punkt sind Erwartungen. Wer zu viel will, wird auch von guten Rennen enttäuscht. Auch das könnte mein Problem sein. Träume ich zu groß, sind die Visionen zu weit gegriffen? Eigentlich nicht, zumindest, wenn man sich an Hermann Hesse hält. Die Träume dürfen nur nicht alles andere überstrahlen. Also weiterhin groß träumen, davon aber nicht einschränken lassen.
Was wünsche ich mir eigentlich?
In der Zusammenfassung bleiben zwei Punkte:
- Genieße den Moment! Auch – oder gerade dann – wenn es mal nicht so ideal läuft, das sehen, was gut war. Erst in der Analyse die kritischen Punkte berücksichtigen.
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Träume groß! Große Ziele setzen, die Herausforderung und Motivation sind, die aber gute Leistungen, die an den Zielen scheitern, nicht herabwürdigen.
Und was wünsche ich mir nach dieser Analyse für die kommenden Wettkämpfe? Dass ich schon während den Rennen, dann, wenn ich alles gebe, zufrieden mit mir bin. Weil ich meine bestmögliche Leistung abrufe.