Der geneigte und aufmerksame Beobachter mag festgestellt haben, dass ich nicht nur fürs Training, sondern ebenso für den Wettkampf unterschiedliches Schuhwerk habe. Nun, ich denke zwar nicht, dass Schuhe schneller machen, aber irgendwie schon: durch die Härte der Sohle und die Direktheit des Abdrucks beeinflusst unser Schuhwerk auch unser Laufgefühl und machen ergo schneller, wenn sie dafür sorgen, dass wir uns spritzig und schnell fühlen. Welche Schuhe also hatte ich beim Schwanheimer Pfingstlauf an?
Der geneigte und aufmerksame Beobachter kann nämlich mitunter durch einen Blick auf meine Füße feststellen, was ich mir für einen Wettkampf vorgenommen habe bzw. was ich mir vom Rennen verspreche. Ab und zu will ich so schnell rennen, wie ich kann, ab und zu laufe ich „nur“ auf Platzierung und manchmal will ich gar nur mein Training in einen Lauf integrieren, um nicht alleine laufen zu müssen und motivierter zu sein.
Dem geneigten und aufmerksamen Beobachter hätte ich, hätte er mich vor dem diesjährigen Schwanheimer Pfingstlauf gefragt, geantwortet, dass ich mir einiges vorgenommen hatte. Ich wollte möglichst schnell laufen, war doch das Training der letzten Wochen vielversprechend: sowohl in den Dauerläufen als auch im Tempotraining war das Gefühl gut. Vor der Sommerpause – denn bis im August die Marathonvorbereitung beginnen wird, steht kein Wettkampf mehr auf dem Programm – könnte also vielleicht noch eine gute Zeit herauskommen. Die Strecke im Schwanheimer Wald ist zwar nicht sonderlich schnell, dennoch aber offiziell vermessen. Außerdem wollte auch mein Teamkollege und Freund Philipp die aktuelle Form testen, da würden sich sicher Synergien ergeben.
Das aber hätte der geneigte und aufmerksame Beobachter natürlich auch auf strava sehen können.
Der 27. Schwanheimer Pfingstlauf
Mit am Start war außerdem noch Sebastian Bienert, der in diesem Jahr zwar schon sehr schnell (~32’50) unterwegs war, heute aber nur nach Gefühl laufen würde. Vielleicht würde er uns beim Vorhaben, unter 34 Minuten laufen zu wollen, unterstützen können. Zu mehreren läuft es sich immer einfacher als allein. Wir würden uns vom Rennerverlauf überraschen lassen.
Und der kam auch deutlich anders, als wir uns das vorher dachten.
Mit viel Hallali ging es direkt los. Wie eigentlich immer beim Pfingstlauf. In breiter Front rannten wir nach dem Startschuss los, erst nach und nach reihten wir uns hinter Sebastian ein. Noch mit großer Gruppe ging es in die erste Rechtskurve. Die Uhr zeigte bei der 1-km-Markierung gerade einmal 3’10, noch fühlte sich aber alles locker an und weil nach zwei Kilometern 6’49 auf der Uhr standen, stand eindeutig die Kilometermarkierung falsch. Auch das ist in Schwanheim eigentlich immer so, um die Statistik zu glätten und eine aussagekräftigere Rückmeldung zu bekommen nahm ich dieses Jahr alle zwei Kilometer die Zeit.
Das lockere Laufgefühl blieb leider nicht allzu lang bestehen. Nicht weit nach der 1-km-Markierung musste ich Sebastian ziehen lassen, kurz danach ging auch Philipp vorbei, um das Tempo hoch zu halten. Ihm konnte ich noch einen weiteren Kilometer folgen, musste dann aber erneut abreißen lassen. Was war heute los? Keine gute Tagesform? Oder liegt mir Schwanheim einfach nicht? Im letzten Jahr konnte ich zumindest noch einen ordentlichen Schlusskilometer setzen, davor waren aber wieder unangenehme Abschnitte.
Nicht aufgeben!
Zumindest lief ich erst einmal weiter und hoffte, beim Bergabstück – auf den ersten Waldkilometern geht es in Schwanheim auf recht schmalen Pfaden hin und her und immer wieder bergauf, dann bergab wieder zurück zum Schotterweg, der uns Läufer auf den ersten 1,5 km in den Wald hineinführt – wieder zu Philipp aufschließen zu können. Für den zweiten Abschnitt brauchte ich 6’52.
Das Aufschließen gelang mir allerdings nicht. Bei der Hälfte – 17’11 und lustigerweise exakt die gleiche Zwischenzeit zur Halbzeit wie im letzten Jahr (was mir zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht klar war) – dachte ich ernsthaft ans Aufgeben, so energielos fühlte ich mich zu dem Zeitpunkt. Aber irgendwie ging es weiter. Sollte ich mich zurückfallen lassen, um mit den Verfolgern wenigstens Unterstützung in Form von Begleitung zu haben? Nach 6 km (7’02 für den dritten Abschnitt) zählte ich meine Schritte, wie groß der Abstand zu Philipp war. Immerhin konnte ich ihn noch sehen. 19 Schritte mit dem linken Bein bedeuteten zu diesem Zeitpunkt knapp 15 Sekunden Rückstand. Es sollte noch einen Tick mehr werden.
Denn es lohnt sich!
Bei Kilometer sieben hatte ich die Krise dann aber unerwarteterweise überstanden. Es lief wieder besser. Ergo orientierte ich mich auch wieder nach vorne: Philipp war immer noch in Sichtweite. Und der Abstand wurde mit dem Schalter, der sich umgelegt hatte, auch geringer. Nach 8 km (6’59 für diesen Abschnitt) waren es nur noch 12 Schritte Abstand, bald darauf nur noch 6. Und dann, ziemlich exakt mit der 9-km-Markierung, konnte ich aufschließen.
Natürlich wollte ich Philipp noch einmal mitreißen. Hätte ein schönes Sprintduell werden können. Aber er wollte nicht mehr so richtig, hatte sich zu sehr auf die Zeit versteift, und verpasste dabei meine Haxen. Mit dem Einlaufen ins Stadion hatte ich schon eine kleine Lücke, die dann eher noch größer wurde, sodass auch ich nicht mehr sprinten musste. Nach 34’32 (offiziell 34’33) stoppte ich meine Uhr (6’48 für den letzten Abschnitt) und konnte mir den zweiten Platz sichern. So weit vorne lag ich beim Pfingstlauf noch nie, was natürlich gut für die Mainlaufcupwertung ist. Mal sehen, wie sich der Cup in diesem Jahr entwickelt.
In gemeinsamer Mannschaftsstärke (wie traditionell in Schwanheim lagen wir mit Spiridon vorne) ging es dann noch über ein malerisches Feld auslaufen. Um natürlich neue Pläne zu schmieden. Das Jahr ist noch lang und die Beine ein andermal wieder deutlich besser! Da wird der geneigte und aufmerksame Beobachter noch ab und zu beobachten können.
Der Überblick
Datum: Sa, 08. Juni 2019
Ort: Frankfurt Schwanheim
Wettkampf: 27. Schwanheimer Pfingstlauf
Distanz: 10 km
Zeit: 34:33 min
Platz: 2.
Crew: Svenja, Johannes, Philipp… Spiridon
Schuhe: adidas adizero adios Boost 3
Ernährung: –
Fotos: Johannes und Niko