„Hau rein!“ gibt mir Svenja mit auf den Weg. Jetzt sitze ich auf dem Fahrrad, bin auf dem Weg nach Offenbach in den Leonhard-Eißnert-Park und lasse mir durch den Kopf gehen, was das eigentlich genau heißt. In was genau soll ich hauen? Grundsätzlich braucht es beim Laufen die Arme eher weniger. Wahrscheinlich, um sie fürs Hauen freizuhaben. Und gehauen werden, das wird mir klar noch bevor mir warm wird, muss heute der innere Schweinehund. Denn ich fahre zum Suppenschüsselcross, eine kleine aber feine Crosslaufveranstaltung, die es aufgrund vieler Kehren und ständigem Auf und Nieder mächtig in sich hat. Sechs Runden werde ich bei der Langstrecke laufen müssen. Das kenne ich bereits aus den letzten Jahren.
#1 Der Crosssprint
Bevor es aber auf die Langstrecke geht, will gesprintet werden. Wie bei jeder vernünftigen Crosslauf-Veranstaltung gibt es auch beim Suppenschüsselcross mehrere Strecken, aus denen man wählen kann. Als Langtreter nehme ich natürlich die 8 km unter die Füße, zum Auftakt bin ich aber auch wieder beim Crosssprint mit dabei.
Der hat eine längere Geschichte. Denn obwohl ein knackiger Sprint über eine unebene Wiese und durch eine Kuhle allein schon seinen Reiz hat – auch genannt: raus aus der Komfortzone! – gibt es auf dieser Strecke noch eine weitere, besondere Herausforderung. Mein guter und sehr langer Freund Martin, der die Heusenstammer Leichtathletikgruppe trainiert, der ich mich immer öfter anschließe, war früher auch Mittelstreckler. Heute, zehn Jahre später, fragen wir uns manchmal, wer mittlerweile schneller ist. Er, der eindeutig mehr Laktat produzieren kann und mir früher über 800 m keine Chance ließ oder ich, der die Ausdauer hat. Der Sprint beim Suppenschüsselcross bietet den Rahmen, diese Frage mit viel Spaß und gutem Trainingseffekt zu klären.
So stellen wir uns also pünktlich um 12 Uhr mit einigen anderen – für einen Crosssprint sind sehr viele am Start, mit 28 sehr viel mehr als bei unserem HeusenstammCross – an die imaginäre Startlinie. Und der Puls rast, schon jetzt! Wie gesagt, gleich geht es raus aus der Komfortzone. Da ist man aufgeregt, gerade, wenn ein heißes Duell ansteht. Dann endlich der Schuss und wir sprinten die Wiese nach hinten.
Auch ein Sprintcross kann lang werden, deswegen will ich erst in der Suppenschüssel mit allem auf die Tube drücken. So bin ich erst einmal abgeschlagen. Von der Spitze sowieso, aber auch von Martin. Nach der ersten 180°-Kurve und den ersten beiden Heuballen hat er schon 30 m Vorsprung und zwei Konkurrenten zwischen sich und mir. Aber ich hole auf und lasse die beiden anderen Konkurrenten schnell hinter mir. Der erste Angriff auf Martin scheitert. Er kennt die Spielchen und setzt zwei, drei schnelle Schritte, um bis zum nächsten natürlichen Hindernis (Kurve, Baum, etc.) vorne zu bleiben. Der zweite Angriff scheitert ebenso. Dann aber kann ich vorbeigehen. Mit Druck, um möglichst gleich eine Lücke zu reißen.
Noch eine 180°-Kurve und über zwei Baumstämme, dann geht es geradeaus durch die Suppenschüssel. Bergab stelle ich mich nicht allzu geschickt an, Martin kommt wieder näher. Jetzt nochmal Gas geben, erst bergan, dann über ein langes Wiesenstück. Die ersten drei sind außerhalb unserer Reichweite, aber für unser Duell sind die anderen sowieso nebensächlich. Ich kann vorne bleiben und werde schließlich knapp vor Martin vierter. Und bin immerhin drei Sekunden schneller als im letzten Jahr. Das hätte ich nicht gedacht.
Abklatschen mit den anderen, ein heißer Tee und dann ein wenig Traben, um die Stoffwechselprodukte möglichst abzubauen. Auf der Langstrecke, die noch aussteht, geht es nicht geradeaus durch die Suppenschüssel, sondern mehrmals hin und her. Je frischer die Beine, desto länger macht das Spaß.
#2 Acht Kilometer Langstrecke
Auch auf der Langstrecke ist das Feld dann groß. 73 Läuferinnen und Läufer werden schließlich ins Ziel kommen. Während sich das Auslaufen nach dem Sprint noch lockerflockig angefühlt hatte, sind mir mittlerweile aber die Beine etwas schwer geworden. Auch egal, das wichtige Duell liegt ja schon hinter mir 😉
Dementsprechend defensiv laufe ich zunächst an. Rang 11 nach der ersten von sechs Suppenschüsseln. Dann aber drehe ich auf und gehe an der Gruppe vor mir vorbei. Andreas Heimel, ständiger Konkurrent der letzten Jahre und exzellenter Crossläufer, will folgen, muss aber auch eine Lücke reißen lassen.
Ich orientiere mich ganz bewusst nach vorne. Mit etwa 50 m Vorsprung läuft Julien Andrieu vor mir. Nach und nach komme ich näher. Auf den Runden zwei bis vier fühle ich mich stark. In der Suppenschüssel selbst versuche ich möglichst wenig Kraft zu verschwenden und direkt danach wieder zu beschleunigen. Gerade dann hole ich auf.
Das freut auch unseren Fanclub: weil auch Hanna, Clara und Kathi laufen, davor Tania schon auf der Mittelstrecke gewonnen hatte, stehen Moritz, Chris und Stephan ausgangs
der Suppenschüssel und machen mächtig Lärm. Auch meine Eltern waren gekommen, feuerten an und machten Fotos. Und Detlev und Marion standen ebenso an genau dieser Stelle. Das machte Spaß!
Bald gehen aber auch die Überrundungen los, was die Übersicht schwieriger macht. Schließlich bin ich dann aber an Julien dran und kann vor der vierten Suppenschüssel vorbeigehen. Eigentlich will ich mich direkt weiter nach vorne orientieren, – dort läuft Marius Lau, der im Dezember starke 10 km in Jügesheim (32’48) vorgelegt hatte – der aber kann seinen Vorsprung halten und Julien lässt sich auch nicht wirklich abschütteln.
Ich merke, dass ich etwas langsamer werde. Wieder habe ich insbesondere bergab Probleme, da bekomme ich es einfach nicht hin, es laufen zu lassen. Teilweise komme ich bergab mehr außer Atem als in der Gegensteigung. Die ganzen Heuballen (6 pro Runde), die ich sowieso nicht mag, machen müde. Nicht minder die Suppenschüssel! Aber es geht schon in die letzte Runde. Julien ist immer noch hinter mir.
Und als ich dann in der endlich letzten Suppenschüsseldurchquerung angreifen will, um meinen Platz zu sichern, springt eine überrundete Läuferin unerwartet zur Seite und mir direkt vor die Füße. Ich weiche aus und lande im Gebüsch. Das war jetzt doof. Der Schwung ist weg. Zunächst bleibe ich zwar noch vorne, kann aber nicht mehr wirklich beschleunigen.
Diese Chance lässt sich Julien nicht entgehen, der im Schlussspurt unwiderstehlich an mir vorbeizieht. Obwohl ich auch nicht mehr mit allem dagegenhalte. Kopfsache! Und der ist leider noch im Gebüsch in der Suppenschüssel. Egal, es war trotzdem wieder ein schönes Rennen!
Ein wenig muss die Strecke auch anders gewesen sein als im letzten Jahr, denn im Ziel bin ich 2 min schneller. So bleibt mehr Zeit zum Teetrinken. Aber habe ich jetzt reingehauen? Zumindest hatte ich meinen Spaß! Bis nächstes Jahr wieder beim Suppenschüsselcross – Martin wird eine Revanche wollen.
Der Überblick
Datum: Sa, 13. Januar 2018
Ort: Offenbach am Main, Deutschland
Wettkampf: Suppenschüsselcross
Distanz: ca. 800 m und 8000 m
Zeit: 2:56 min und 30:27 min
Platz: 4. und 7.
Crew: Spiridon und meine Eltern
Schuhe: Spikes
Ernährung: –
Fotos: Papa
Nächstes Jahr ein Dreikampf? Ich, als erster Gewinner des Suppenschüsselsprintcross, würde den Schlagabtausch jedenfalls nicht fürchten!
Die Herausforderung ist angenommen! Wobei du natürlich klarer Favorit bist!
Naja, der Zeit nach zu urteilen waren wir schneller als Axel unterwegs ?
Ich bin auf jeden Fall dabei