Es gibt wahrlich schöne Ecken und Winkel in unserem Land. So auch im Rheingau, und hier ist Winkel genau das richtige Wort. Im Oestrich-Winkeler Stadtteil Winkel nämlich fand zum mittlerweile 37. Mal der Rieslinglauf und der Rheingauer Halbmarathon statt. Dabei schlängelt sich die Strecke durch die sanfte Hügellandschaft der Weinberge oberhalb von Mittelheim und Oestrich.
Hier gefällt es uns gut, hier kennen wir uns mittlerweile ein wenig aus, denn schon zwei Mal waren wir hier bereits zu Besuch bei unseren Freunden Corinna und Johannes. Einmal liefen wir am Rhein entlang, einmal hoch auf den Rheinsteig und hinter bis zum Niederwalddenkmal. Bei jeweils deutlich über 30 km bekommt man dabei einiges zu sehen. Von den Weinbergen aus kann man wunderbar das idyllische Panorama des Rheintals genießen. Hinzu kam noch der ein oder andere Spaziergang oder eine kleine Aufwärmrunde. Schön ist es im Rheingau!
Im schönen Rheingau
Da kommen wir natürlich gerne immer wieder. Als besonderen Anlass hatte Johannes nun den Rieslinglauf genommen, den er, weil vor seiner Haustür liegend, regelmäßig in die Wettkampfplanung mit aufnimmt und auch mir ans Herz legte: da müssen wir einmal zusammen laufen!
Gesagt, getan. Als für die Marathonvorbereitung wertvoll hatten wir uns den Rheingauer Halbmarathon (als Rieslinglauf wird laut Ausschreibung nur der 10-km-Lauf bezeichnet) als profilierten Tempodauerlauf erkoren. Im Idealfall gesteigert gelaufen.
Glück hatten wir dabei mit dem Wetter, auch wenn es noch idealer hätte sein können. Es war zwar warm, aber nicht heiß, sodass es sich noch vertreten ließ, schnell durch die Weinberge zu rennen. Im August hätte es auch unerträglich heiß sein können. Aber das tut nicht nur uns Läufern gut, auch für den Namespaten des Laufs ist das nicht ganz so heiße Wetter angenehmer, wird doch der beste Riesling, der zu den hochwertigsten und kulturprägenden Gewächsen gezählt wird, in klimatisch kühleren Weinbaugebieten erzeugt. Seit nunmehr länger als 600 Jahren wird der Riesling in Deutschland kultiviert und verbreitete sich vom Rheintal aus seit dem Mittelalter in die meisten deutschen Anbaugebiete.
Rund um den Rieslinglauf
Schon am Samstag ging es ins Rheingau, wo mir Johannes erst Teile der Strecke zeigte und es dann noch leckere Gemüselasagne und Eis gab. Die perfekte Vorbereitung für Sonntag also. Am Wettkampfmorgen selbst joggten wir erst zur Startnummernausgabe und dann noch Brötchen holen, um wach zu werden und gleichzeitig schon die ersten Kilometer zu sammeln. Es sollte ein Tag mit deutlich über 30 km werden.
Schon fertig umgezogen und mit Startnummer auf der Brust ging es dann eine halbe Stunde vor dem Start in Richtung Stadion. Möglichst kurz sollte dabei die Pause zwischen Einlaufen und Startschuss sein. Los ging es dann auch pünktlich um 9 Uhr – zunächst mit vornehmer Zurückhaltung. Wie bereits erwähnt sollte es idealerweise immer schneller werden.
Anstreben sollte ich für den Beginn etwa 3‘50/km, wegen den Steigungen gestand ich mir ein paar Extrasekunden zu. Die Strecke ist dafür überwiegend asphaltiert, nur hin und wieder führt ein Schotterweg zwischen den Weinreben hindurch. Offiziell kommen auf der 10-km-Runde, die wir beim Halbmarathon doppelt laufen und auf der zweiten Runde noch eine Extraschleife dranhängen, etwa 90 Höhenmeter zusammen. Viele davon sind angenehm zu laufen, nur ein paar Anstiege quälen die Oberschenkel besonders. Hinab geht es dann fast in einem Rutsch auf den letzten drei Kilometern zurück zum Stadion. Nur zwei kleine Gegensteigungen zwingen noch einmal zum Armeinsatz.
Die ersten fünf Kilometer des Rieslinglauf sind noch recht locker. Ausgesprochen defensiv laufe ich los, halte mich an Johannes, der einen Hauch zu schnell angeht, sollte er doch eine schnellere zweite Hälfte anstreben, und lasse die anderen einfach laufen. Gemeinsam mit Johannes passiere ich das 5-km-Schild dann nach 19’34. Mittlerweile hat sich das Feld entzerrt. Ganz vorne läuft schon außer Sichtweite der spätere 10-km-Sieger, dann folgen Aidan Mc Swiney und Sébastien Durand, dann knappe 100 m dahinter Johannes und ich.
Zeit, etwas zuzulegen
Ständig läuft mir dabei Schweiß in die Augen. Es ist zwar wie erwähnt nicht unerträglich heiß, im Westen türmen sich aber bereits dunkle Gewitterwolken und die Sonne blitzt nur noch ab und zu durch die Wolkendecke. Entsprechend drückend und schwül ist es geworden. Zur Abkühlung und gegen das Brennen in den Augen helfen die Wasserstationen, wo es nicht nur Trinkwasser (leider aus Plastikbechern) sondern ab und an auch Schwämme gibt. So bin ich relativ schnell relativ durchnässt, sodass sogar hin und wieder beim Fuß um Schuh knatscht.
Während Johannes bei seinem Rhythmus blieb, wollte ich nach diesen ersten Kilometern etwas zulegen. Vielleicht würde ich die ersten beiden noch einholen können? Die Jagd begann zunächst vorsichtig, nach Erreichen des höchsten Punkts zog ich dann meine Schritte aber länger und kam auch langsam aber stetig Sébastien näher, während dieser wiederum eine Lücke zu Aidan reißen lassen musste.
Beim ersten Stadiondurchlauf zeigte die Uhr für mich 38’40, damit lag ich nur noch etwa zehn Sekunden hinter Sébastien. Also auf in die zweite Runde mit Blick auf Schloss Vollrads, Schloss Johannisberg und Schloss Hansenberg. Zeit um stehen zu bleiben und die Aussicht zu genießen blieb allerdings nicht.
Rieslinglauf, die Zweite
Auf der Abwärtspassage hatte ich ein Gel verspeist und fühlte mich noch gut. Im Vorbeilaufen rief ich Svenja noch zu, dass es nun gelte, die ersten beiden einzuholen. Doch das wurde nichts. Was aber nicht nur am mir lag.
Denn an dem Punkt, wo Hin- und Rückweg aufeinander treffen – etwa anderthalb Kilometer nach Verlassen des Stadions – lief Sébastien nicht nach rechts, sondern bog falsch nach links ab. Ich rief kurz und auch die Helfer schrien, was er aber nicht zu hören schien. Damit war diese Verfolgungsjagd schneller vorbei als ich gedacht hätte. Auch hätte ich einen Begleiter in der Einsamkeit der Weinberge gut gebrauchen können.
Denn Aidan kam nicht näher, sondern lief im Gegenteil immer stärker und immer weiter weg. Auch wurden meine Beine jetzt merklich schwächer, was am Ausfall der letzten Tage (mehr dazu im nächsten Wochenbericht), der Schwüle oder einer Kombination aus beiden gelegen haben mag. Wenn das Schild richtig stand, passierte ich dennoch die 15 km nach 57’27, was für den dritten Abschnitt 18’47 bedeuten würden. Ich kam mir aber bereits langsamer vor.
Und tat mir auch in der Folge an den Anstiegen schwer. Aber hätten wir flach gewollt, wir hätten auch wie im letzten Jahr am Rhein laufen können. Bald war ich dann auch wieder oben und konnte es laufen lassen. Bis ins Stadion war es nicht mehr weit.
Am Vortag hatten wir noch gescherzt, dass ich unter 1h21’30 würde laufen müssen. Das war laut Homepage der aktuelle Altersklassenrekord der M30 (wobei Zweifel bestanden, weil andere Zeiten nachweislich nicht stimmten). Daran dachte ich auf den letzten Kilometern. Als es dann auf die Schlussgerade ging, blieben noch 26 Sekunden. Mit einer kleinen Beschleunigung waren es dann schließlich 1h21’25. Ziel erreicht.
Weinschorle im Ziel
Trotz des Mottos „save water, drink Riesling“ gab es dann auch im Ziel nur Wasser. Ich hätte mir etwas Zucker gewünscht. Weil aber Johannes auch kurz nach mir ins Ziel kam und mit Platz drei das Podest vervollständigte, konnten wir direkt zurück nach Hause aufbrechen. Lust zum Auslaufen hatten wir eigentlich keine, aber dafür ist man ja zu zweit: um sich gegenseitig zu pushen. So liefen wir sogar noch eine Extraschleife.
Auf ein Wiedersehen im Rheingau
Natürlich gab es nach dem wohlverdienten Kaltgetränk und der Dusche dann noch einmal lecker Essen und bei der Siegerehrung auch den Riesling, den der Rieslinglauf im Namen verspricht, dennoch war es auch ein wenig schade, dass das Wochenende schon wieder vorbei war. Wir kommen auf jeden Fall wieder!
Ein Highlight folgte aber noch: weil uns Corinna und Johannes auf dem Hinweg eingesammelt hatten, ging es jetzt auch mit dem neuen Tesla wieder zurück. CO2-neutral. Dazu aber in einem anderen Beitrag mehr.
Der Überblick
Datum: So, 18. August 2019
Ort: Oestrich-Winkel
Wettkampf: 37. Rieslinglauf und Rheingauer Halbmarathon
Distanz: 21,1 km
Zeit: 1h21’25
Platz: 2.
Crew: Svenja, Corinna und Johannes mit Peanut und Lotte
Schuhe: Nike Pegasus 36
Ernährung: 1 Gel
Fotos: Svenja
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