Ja, mir fehlen die Wettkämpfe. Und ja, es gibt derzeit Wichtigeres – wobei ich mir da bei den aktuellen Entwicklungen nicht mehr sicher bin. Zumindest gibt es derzeit keine Volksläufe, bei denen man sich in großer sympathischer Runde miteinander messen kann. Umso mehr stehen deshalb derzeit Segmente im Fokus. Und da kommt die Taunus Virtual Trail Challenge wie gerufen.
Die erste Taunus Virtual Trail Challenge
Weil im Mai 2020 kein einziger Trailwettkampf stattfindet, sollen diese durch eine virtuelle Herausforderung, zumindest im Rahmen des Möglichen, ersetzt werden. Im Taunus wurden 10 Strava-Segmente ausgesucht, welche alle im Mai 2020 absolviert werden müssen. Die schnellsten Zeiten, die im Mai auf diesen Segmenten erzielt werden, werden für jeden aufaddiert. Die in Summe Schnellste wird „Queen of Taunus Mountains“, der Schnellste „King of Taunus Mountains“.
Nach der Veröffentlichung habe ich mir die Segmente dann natürlich sofort angeschaut. Auch war die Lust, mal wieder im Taunus laufen zu gehen, geweckt. Durch Svenjas Oma fühlen wir uns mit der Gegend verbunden.
Die Routenplanung
Zu Beginn hatte ich die wahnwitzige Idee, alle Segmente mit nur einem Lauf zu erledigen. Das ist allein aufgrund der Strecke zwischen den Segmenten aber nur mit einem sehr langen Lauf realisierbar. Zum einen ist das derzeit für mich zu lang, zum anderen leiden darunter natürlich auch die Zeiten. Bis jetzt habe ich deshalb zwei Läufe vorgesehen. Die erste Route führt mit knappen 20 km über Altkönig und Feldberg, die zweite weist ebenso in etwa 800 Höhenmeter auf, ist aber ca. 3 km länger und führt über den Roßkopf.
Schwer einzuschätzen war dabei für mich, wie ich mich auf den Teilstrecken anstellen würde. Strava zeigt bei den Segmenten zwar die offensichtlichen Daten wie Länge, Steigung und Bestzeit an, nicht aber beispielsweise technischen Schwierigkeiten oder die Bodenbeschaffenheit. Mit dem sogenannten SAT (auf Steigung angepasstes Tempo) wird abzuschätzen versucht, welcher Geschwindigkeit die Segmentleistung im Flachen entspräche, gerade im Taunus liegen aber beispielsweise viele Steine auf den Wegen, die das Laufen erheblich erschweren.
Die passende Anekdote dazu lieferte unser Ausflug in den Bayrischen Wald zum U.TLW, bei dem wir uns im Vorfeld bei einem lockeren Erkundungslauf die letzte Abwärtspassage anschauten. Der Plan war, mir dabei die Segment-Krone des Holy Trail zu holen. Immerhin war ich voll erholt. Die Realität sah aber völlig anders aus: auf den ca. 1,1 Abwärtskilometern war ich gute 1:20 min langsamer als der Sieger der langen Strecke mit bereits 48 gelaufenen Rennkilometern in den Beinen. So viel zu Theorie und Praxis.
Spaß kann man aber natürlich trotzdem haben. Deshalb möchte ich vom ersten Ausflug im Rahmen der Taunus Virtual Trail Challenge erzählen.
Die ersten fünf Segmente der Taunus Virtual Trail Challenge
Für den Anfang sollte es die kürzere der beiden Routen sein. Diese hatte ich vom Parkplatz am Taunus Informationszentrum in Richtung Altkönig gelegt, der steil in gerader Linie erklommen wird. Von dort geht es hinab zum Fuchstanz, bevor die nächste Steigung den Pflasterweg hinaufführt. Oben geht es dann einmal rund um den kleinen Feldberg, bevor die Strecke hinab zum Römerkastell führt. Von dort wartet der letzte steile Anstieg den Weilquell- und Brunhildispfad hinauf zum großen Feldberg. Dann geht es nur noch zurück bergab, den geschwungenen Maßbornweg bis zum Ausgangspunkt an der Hohemark.
Die Eckdaten der fünf Segmente lauteten wie folgt:
- Altkönig – final approach: 0,80 km, +138 m, 17,2 % Steigung. Bestzeit: Christian Oppel, 6:00 min, 7‘29/km.
- L3024 Climb: 1,55 km, +131 m, 8,4 % Steigung. Bestzeit: Mar Vin, 7:39 min, 4‘56/km.
- Kleiner Feldberg Trail Loop: 1,08 km, +9 m, 0 % Steigung. Bestzeit: Tim Brähler, 4:00 min, 3‘42/km.
- Römerkastell –> Feldberg: 1,32 km, +158 m, 11,9 % Steigung. Bestzeit: Mar Vin, 7:35 min, 5‘43/km.
- Teufelsquartier Downhill: 0,90 km, -100 m, 11,1 % Gefälle. Bestzeit: Tim Brähler, 3:12 min, 3‘33/km.
So weit, so gut. Die Vorbereitungen waren abgeschlossen. Ich würde mein Handy mitnehmen, weil meine mittlerweile vier Jahre alte GPS-Uhr weder die Segmente noch die Route anzeigen kann.
Zu zweit läuft es sich besser!
Recht zufällig und kurzfristig hatte es sich ergeben, dass ich außerdem nicht alleine laufen musste. Mein Vereinskamerad Daniel war auch von der Challenge angetan und hatte die Segmente sogar bereits erkundet. Im großen Wald kann man den Sicherheitsabstand immer einhalten, trotzdem hilft es für die Tempogestaltung während der Segmente enorm, wenn irgendwo in der Nähe noch jemand schnauft.
So liefen wir gemeinsam los. Die ersten drei Kilometer gemütlich, dann geradeaus auf den Altkönig. Nach guten zwanzig „Aufwärm-Minuten“ ging es dann ans erste Segment. Und das hatte es gleich mächtig in sich. Die bereits hohe Anstrengung steigerten immer wieder kurze Rampen und insbesondere gen Ende schlecht zu laufende Steine noch weiter. Doch schließlich hatten wir es geschafft: das Plateau des Altkönigs war erreicht. Und die bisherige Bestzeit hatten wir deutlich unterboten: für mich hatte die App 5:45 min gestoppt. Ein vielversprechender Anfang!
Für das zweite Segment hatte Daniel querliegende Bäume angekündigt. Zwar mussten wir kleine Schlenker laufen, dennoch mussten wir nie klettern. Insgesamt war dieses Segment auch wie versprochen weniger steil, zwischendurch gab es sogar recht flache Passagen, die mir als Flachländer natürlich sehr entgegen kamen. Die Bestzeit konnten wir auf 7’23 senken.
Flach mag ich!
Und dann kam das Segment, auf das ich mich am meisten gefreut hatte: ein flacher Kilometer! Was da wohl möglich sein würde? Nun, es ging dennoch steil los, die 9 m Steigung gleich auf den ersten 50 m des Segments. Danach ging es auf dem verschlungenen Pfad einmal rund, die letzten Meter schließlich auf einem breiten Schotterweg. Wieder waren wir schneller, allerdings mit weniger Abstand als erwartet. Und die Beine waren jetzt schon ziemlich angeschlagen.
Entsprechend schwer wurde dann der letzte Anstieg. Der Balken, der auf der App den Fortschritt während des Segments anzeigt, wollte einfach nicht zum Ende kommen. Daniel stolperte mehrmals, ich wechselte in einem besonders steilen Stück sogar für ein paar Schritte ins Gehen. Schließlich aber war es geschafft.
Und dann ging es bergab. Obwohl ich – wegen der Erfahrungen im Bayrischen Wald – mit Rückstand gerechnet hatte, mir unterwegs eine Fliege ins Auge flog, wieder ein Baum quer lag, bei dem man auf null bremsen musste und wir aufgrund eines verpassten Abzweigs ein paar Meter zu viel liefen, stand am Ende doch noch eine Bestzeit da. 3:08 min waren wir gelaufen.
Die Beine waren dann auf den letzten Kilometern zwar richtig schwer, aber es hatte sich gelohnt. Ein sehr schöner erstes Taunus Virtual Trail Challenge Abenteuer. Jetzt bin ich zum einen gespannt, was Tim beispielsweise nachlegt, zum anderen, wie der Taunus jenseits der L3004 aussieht und wie ich mich dort auf den Segmenten anstelle.
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