Drei Monate gemeinsame Elternzeit, drei Monate Zeit zu dritt. Davon wollen wir 13 Wochen unterwegs sein: mit dem Camper soll es durch den Osten Frankreichs und das Zentralmassiv bis ganz in den Süden ans Mittelmeer gehen. Dort ist geplant, am Wasser entlang weiter bis nach Pisa zu fahren, um dann auf die andere Seite des italienischen Stiefels zu wechseln. Anschließend wollen wir über den Gardasee, Südtirol, Österreich und den Bodensee wieder in die Heimat zurückkehren. Es soll ein Abenteuer für unsere kleine Familie werden, mit vielen neuen Eindrücken, gemeinsamen Erinnerungen und tollen Erfahrungen, die wir nie vergessen werden. Nach der imposanten Altstadt Besançons ging es nun bei der dritten Station unserer Reise ins grüne Digoin.
Nachdem wir uns in Besançon so nett verabschiedet hatten, ging es wieder auf die Straße. Weil jedoch Stau auf der Autobahn gemeldet war und wir deshalb trotz Maut dort nur eine knappe Viertelstunde schneller sein würden, entschieden wir uns spontan auf die von Google als spritsparendste Route abzubiegen. Zu Beginn war die Fahrt übers Land recht voll, mit kleinen Staus vor den Kreiseln, anschließend rollte es aber durch Raps- und Getreidefelder sehr entspannt. Hin und wieder sahen wir künstlich angelegte Wälder, mal gingen die Blicke bis weit in die Ferne.
Auf der letzten Stunde unserer Fahrt nach Digoin setzte Regen ein, auch die Temperatur fiel. Zwar sorgten wir uns ein wenig um unseren Babyjogger auf dem Gepäckträger, ansonsten war es aber der ideale Zeitpunkt für schlechtes Wetter. Schließlich saßen wir im Trockenen und die Frontscheibe wurde mal wieder sauber. Beim Einkauf vor unserer Ankunft wurden wir auf dem Parkplatz noch nass, anschließend kam die Sonne schon wieder heraus. Im Supermarkt selbst bekamen wir Schokolade geschenkt. Das war leider kein effektives Werbegeschenk, weil ich die Geschichte dazu nicht verstand. Ich erschloss mir lediglich, dass die Marke 140-jähriges Bestehen feiert. Mein Französisch reicht noch, um mich gut zu verständigen, dieser engagierten Verkäuferin konnte ich aber nicht folgen.
Weitere fünf Minuten später waren wir an unserem Ziel in Digoin angekommen. Digoin ist eine französische Kleinstadt mit knapp 8.000 Einwohnern im Département Saône-et-Loire in der Region Bourgogne-Franche-Comté, unmittelbar an der Grenze zur Nachbarregion Auvergne-Rhône-Alpes, wo der Arroux in die Loire fließt. Nachdem wir ausgeladen hatten, unternahmen wir einen ersten kleinen Sonnenspaziergang.
Digoin: Wo sich die Kanäle treffen
Hinter dem für eine Kleinstadt riesig anmutendem Friedhof fanden wir eine kleine Bäckerei mit leckeren Stückchen, in der es allerdings leider keinen Kaffee gab. Als Entschädigung hatten wir auf dem Hinweg bereits den beeindruckenden Schiffskanal über die Loire sowie eine Picknickwiese entdeckt. Digoin befindet sich dort, wo die Schifffahrtskanäle Canal latéral à la Loire (Loire-Seitenkanal), Canal de Roanne à Digoin (Roanne-Digoin-Kanal) und Canal du Centre (deutsch: Zentrumskanal) aufeinandertreffen. Auf einem großen Teilstück verläuft der Kanal parallel zur Loire, auf Höhe von Digoin überspannt die erwähnte Brücke die Loire; der darin fließende Kanal hat eine Wassertiefe von etwas mehr als zwei Meter. Gebaut wurde das imposante Konstrukt bereits Anfang des 19. Jahrhunderts!
Abgesehen von dieser Touristenattraktion mit der auf der anderen Flussseite befindlichen Schleuse wirkt die Stadt größtenteils ausgestorben. Früher lebte man hier von den Töpfereien und der Steingutindustrie, heutzutage scheinen die Häuser nur noch vereinzelt bewohnt oder als Läden genutzt zu sein, was Digoin leider etwas heruntergekommen wirken lässt. Umso schöner war unsere Ferienwohnung, die sehr modern wirkte und mit einer Waschmaschine ausgestattet war. Diese faszinierte Jesper, wenn sie sich drehte, wenn es darin schäumte oder wenn beim Schleudern der ganze Boden wackelte.
Gerade weil die Stadt nicht sonderlich einladend wirkte, starteten wir den nächsten Morgen sehr gemütlich. Auf einem kurzen Spaziergang entdeckten wir eine andere Bäckerei mit einer noch größeren Auswahl an Leckereien, der Eindruck der Stadt blieb allerdings bestehen. Nach einem Frühstück mit einem sehr schokoladigen Croissant sowie einem grandios leckeren Baguette spielten wir etwas, während die Waschmaschine lief.
So viel Grün!
Während Jespers Mittagsschlaf ging ich laufen. Und endlich war es ein Lauf im Grünen, das hatte mir in den Städten wirklich gefehlt. Jetzt konnte ich mich an den ganzen grünen Wiesen und Bäumen gar nicht satt sehen. Endlich kleine Wege durch Felder und Wiesen, endlich kaum Autos. Nur einmal war ich kurzfristig besorgt, als ein Hund bellte. Aber der Zaun hatte kein Loch. Schlussendlich gelang es mir am Ende des Laufs außerdem, das erste Segment auf dieser Reise zu erobern.
Als Jesper ausgeschlafen hatte, unternahmen wir einen Spaziergang zu dritt. Zuerst liefen wir am Kanal entlang, dann zwischen dem Kanal und der Loire den „Pfad der Entdecker“. Dort gab es aber keine einzige Sitzgelegenheit, sodass wir Jesper mit Hirsekringeln vertrösten mussten, bis wir endlich die gekauften Stückchen bzw. den Obstbrei auf der altbekannten Bank an der Schleuse des Kanals verzehren konnten. Dort war es wegen der vielen Passanten auch sehr unterhaltsam. Ständig radelte jemand vorbei – der Ausstattung nach sich auf Mehrtagestouren befindend – auch spazierten einige andere am Kanal über die Brücke, einmal um die Schleuse und wieder zurück nach Digoin. Und dann waren da natürlich auch noch die Boote, zwei ganz besondere davon in ausgelassener Partystimmung, am langen Wochenende (am 8. Mai ist wegen der Befreiung 1945 in Frankreich Feiertag) wohl Junggesellenabschied feiernd.
Für uns ging es bald darauf zurück in die Ferienwohnung, zu einem leckeren Abendessen. In der Nacht begann es zu regnen, woraufhin wir an unserem letzten Morgen in Digoin auf dem Weg zum Bäcker sowie beim Packen unseres Busses nass wurden. Aber besser jetzt als bald auf den Campingplätzen.
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