Station zwei unserer Elternzeit-Tour war Besancon

Besançon – Logbuch Elternzeit, Station 2

Drei Monate gemeinsame Elternzeit, drei Monate Zeit zu dritt. Davon wollen wir 13 Wochen unterwegs sein: mit dem Camper soll es durch den Osten Frankreichs und das Zentralmassiv bis ganz in den Süden ans Mittelmeer gehen. Dort ist geplant, am Wasser entlang weiter bis nach Pisa zu fahren, um dann auf die andere Seite des italienischen Stiefels zu wechseln. Anschließend wollen wir über den Gardasee, Südtirol, Österreich und den Bodensee wieder in die Heimat zurückkehren. Es soll ein Abenteuer für unsere kleine Familie werden, mit vielen neuen Eindrücken, gemeinsamen Erinnerungen und tollen Erfahrungen, die wir nie vergessen werden. Unsere zweite Zwischenstation führte uns in die Region Bourgogne-Franche-Comté, genauer gesagt in die Stadt Besançon.

Nachdem wir in Colmar alle Sachen verstaut hatten, ging es weiter in Richtung Mittelmeer. Diesmal über französische Bundes- und Autobahnen, auf denen das Fahren sehr entspannt war: wenig Verkehr, dafür war die Maut recht teuer. Als Jesper nach kurzem Mittagsschlaf erwachte, legten wir kurzerhand bei einer nahegelegenen Bäckerei einen Zwischenstopp ein, den wir im Anschluss mit einem Einkauf in einem nagelneuen Supermarkt verbanden. Während wir uns noch an das hiesige Angebot gewöhnen müssen, entdeckten wir bereits eine sehr leckeres und cremiges Sojajoghurt, das keine Wünsche offenlässt.

Die Unterkunft, die wir in Besançon gebucht hatten, lag etwas außerhalb und machte zunächst keinen symphytischen Eindruck: der große Parkplatz war komplett zugeparkt, weiterhin schien das ganze Gebiet eine einzige Baustelle zu sein. Später stellten wir fest, dass wir im Studentenviertel gelandet waren – zumindest in dem der medizinischen Fakultäten. Die Studierenden waren es auch, die den großen Parkplatz vereinnahmten und schlicht überall parkten, wo es nicht absolut unmöglich war.

Immerhin wurden wir freundlich empfangen und hatten ein Zimmer mit Küche für uns.

Am Rande von Besançon

Unser erster Spaziergang am Abend der Ankunft führte uns in verschiedene Sackgassen – es wollte sich einfach kein Weg ins nahegelegene Grüne finden lassen. Dafür begegneten wir einer Katze, mit der Svenja sofort Freundschaft schloss.

Der nächste Morgen startete früh, sodass wir nach unserem Frühstück recht zeitig mit der Straßenbahn in die Stadt fuhren. Unser Ziel war die Zitadelle von Besançon, die hoch oben über der Stadt thront. Diese militärischen Befestigungsanlagen zählen seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Auf dem Weg dorthin waren wir von der Bebauung beeindruckt – alles schien historisch zu sein, ein prachtvolles Gebäude stand neben dem anderen. So viele Bilder in so kurzer Zeit hatte ich bei Städtetrips selten gemacht. Offiziell ist Besançon wegen der Architektur sowie wegen des reichen historischen und kulturellen Erbes „Stadt der Kunst und Geschichte“. Überdies wurde die Stadt, die unter den Römern Vesontio hieß, als „grünste Stadt Frankreichs“ ausgezeichnet. Das wiederum ist uns weniger aufgefallen als zuletzt in Colmar.

Wir hatten Glück mit dem Wetter und erwischten drei Sonnentage. Denn dort, wo ozeanische und kontinentale Einflüsse aufeinandertreffen, regnet es statistisch gesehen am häufigsten: Besançon gehört mit durchschnittlich 141 Tagen mit Niederschlag zu den regenreicheren Städten Frankreichs. Auch die Empfangsdame erzählte uns zum Abschied, dass es zu dieser Jahreszeit normalerweise durchgängig regnet, bevor nach dem Frühling die Hitze kommt.

Historisches Besançon

Im 17. Jahrhundert war die heutige Region Franche-Comté hart umkämpft. Seit 1678 ist Besançon aber mittlerweile Teil Frankreichs. Die Wurzeln der Stadt gehen derweil weit zurück: es gibt Siedlungsspuren aus der Jungsteinzeit, mit Funden, die auf 4000 vor Christus datiert wurden. Im zweiten Jahrhundert v. Chr. Stand das Gebiet unter der Herrschaft des keltischen Volks der Sequaner, die mit ihrem Wall die Grundlage für die heutige Stadtmauer legten. Vesontio war der Hauptort sowie das wirtschaftliche Zentrum der Sequaner, welcher allerdings von anderen Volksstämmen und schließlich 58 v. Chr. durch die Römer unter Julius Caesar erobert wurde. Daraufhin wurde der Hauptort der Sequaner als Civitas Maxima Sequanorum Militärstützpunkt und Handelsknoten des römischen Galliens, was mich doch sehr an die Astérix-Comics erinnerte.

1032 wurde Besançon Teil des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation, 1290 wurde die städtische Unabhängigkeit beurkundet. Später wurde die Stadt das Bollwerk der Ostverteidigung von Ludwig XIV. Noch später – 1793 – siedelte sich die Uhrenindustrie in Besançon an. 1880 stammten 90 % der in Frankreich hergestellten Uhren aus der Stadt, was die Symbole des ausgeschilderten Stadtrundgangs erklärt.

Die Zitadelle von Besançon

Doch zurück zu unserem Aufstieg zur Zitadelle. Durch die beeindruckenden Gebäude Besançons ging es steil bergan bis hoch zur Zitadelle. Der Aufstieg lohnte sich genauso wie der Eintritt von 11,50 € pro Person, denn man kann die Anlage nicht nur von innen bestaunen, sondern hat von ihren Wällen auch einen grandiosen Ausblick auf die Stadt sowie die Umgebung. Überdies ist mittlerweile ein Zoo mit teils riesigen Gehegen für die Tiere in die Zitadelle integriert. Jesper sah Mufflons und Ziegen, große und kleine Affen, Karpfen und Welse, Papageien und lustige Vögel aus Neuseeland, Mäuse und Ratten, aber leider nicht den Tiger. Dennoch war es ein toller Ausflug, der uns allen drei sehr gut gefallen hat.

Nach vielen Stunden Erkundung ging es für uns zurück in die Stadt, um uns guten Espresso und noch bessere Stückchen zu gönnen. Anschließend fanden wir noch den ersten Geocache der Reise. Zurück zu unserem Zimmer ging es schließlich wieder mit der Straßenbahn. Trotz des langen Tages reichte die Zeit noch für eine kleine Laufrunde für mich, die allerdings auch nur sehr kurz durchs schöne Grüne ging, ansonsten wieder viel durch Bebauung und Autos dominiert wurde.

Ein Extratag, bevor es weitergeht

Um Jesper nicht zu oft langen Autofahrten aussetzen zu müssen, hatten wir im Vorfeld längere Aufenthalte eingeplant, weshalb wir drei Nächte in Besançon verbrachten. Nachdem er am nächsten Vormittag schon recht früh eingeschlafen war, disponierten wir kurzerhand um. Während Svenja mit dem Babyjogger spazierte und ich lief, versuchten wir erneut, schöne Waldwege zu finden. Wieder waren wir aber nur mäßig erfolgreich. Zu allem Überfluss war ich obendrein nicht nur zu langsam für die strava-Segmente, Svenja fuhr zusätzlich über einen Dorn und wir hatten einen Platten.

Also fuhren wir nach dem Mittagessen nicht mit dem Kinderwagen in die Stadt, sondern mit Trage, Rucksack und Kinderwagenreifen an selbigem. Diesmal stiegen wir am Flussufer des Doubs aus, in dessen Schleife Besançon gegründet wurde. Es liegt auf der Rhein-Rhône-Achse, die Nordsee und Mittelmeer miteinander verbindet. Mich beeindruckten die Gebäude der Stadt erneut, allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass man sich mit der Zeit daran gewöhnt. Der Reifen wurde sehr schnell und günstig von einem sympathischen Fahrradhändler geflickt, danach ging es für uns zurück in die Fußgängerzone. Eine solche einzurichten war Besançon 1974 übrigens Vorreiter. Dennoch dürfen dort noch heute Autos fahren, was die Lust auf Bummeln stark einschränkt. Dennoch fanden wir noch ein schönes Souvenir an die Stadt: ein Holzpuzzle, das Jesper richtig gut gefällt.