Drei Monate gemeinsame Elternzeit, drei Monate Zeit zu dritt. Davon wollen wir 13 Wochen unterwegs sein: mit dem Camper soll es durch den Osten Frankreichs und das Zentralmassiv bis ganz in den Süden ans Mittelmeer gehen. Dort ist geplant, am Wasser entlang weiter bis nach Pisa zu fahren, um dann auf die andere Seite des italienischen Stiefels zu wechseln. Anschließend wollen wir über den Gardasee, Südtirol, Österreich und den Bodensee wieder in die Heimat zurückkehren. Es soll ein Abenteuer für unsere kleine Familie werden, mit vielen neuen Eindrücken, gemeinsamen Erinnerungen und tollen Erfahrungen, die wir nie vergessen werden. Nach der Tour-de-France-Begeisterung in Brioude ging es nun zur Bestie des Gévaudan nach Massegros Causses Gorges und Les Gorges Du Tarn.
Nachdem wir uns in Brioude verabschiedet und noch einen kleinen Zwischenstopp zum Einkaufen eingelegt hatten, wartete der bisher aufregendste Transfer auf uns. In das im Département Lozère in der Region Okzitanien gelegene Massegros Causses Gorges führte die „mediterrane“ Autobahn A75 ständig auf und ab. Gleichzeitig faszinierte die Landschaft, durch die wir fuhren, was sich für mich noch mehr erschloss, als ich die Autobahn-Informationstafel „Gévaudan“ mit dem stilisierten Wolfskopf sah. Von der Bestie des Gévaudan hatte ich in den Fantasy-Büchern von Markus Heitz immer sehr gerne gelesen. Die Landschaft um uns herum passte wirklich perfekt zu den Geschichten: nicht enden wollende Wälder verteilen sich hier über die vielen Gipfel des hiesigen Zentralmassivs.
Das kleine Bergdorf Massegros Causses Gorges
Noch abenteuerlicher wurde es dann nach Verlassen der Autobahn. Nachdem wir ein riesiges Solarfeld passiert hatten, fuhren wir auf dem Weg in das kleine Bergdorf Massegros Causses Gorges auf kleinen, kurvigen Straßen, die uns jedes der wenigen Male vor eine Herausforderung stellten, als uns jemand entgegen kam. Schließlich war erst das Dorf und dann dessen Rand erreicht, an dem der kleine Schuppen stand, der für die nächsten zwei Nächte unsere Bleibe sein würde. Wieder wurden wir freundlich empfangen, mit einem Lächeln musste ich jedoch feststellen, dass wir mittlerweile in Regionen waren, in denen der Dialekt aus jedem -in ein -eng macht.
« Vous avez besoing d’autre chose ? »
Wie immer stand nach unserer Ankunft und einem kurzen Auspacken ein kleiner Spaziergang auf dem Programm. Massegros Causses Gorges war schnell durchquert. Zwar gab es auch das ein oder andere verlassene Haus, insgesamt wirkte es mit vielen gepflegten Gärten aber viel belebter als unsere letzten Stationen Digoin und Brioude. Ganz besonders gefielen uns – natürlich neben der alten Bauweise – die Briefkästen. Diese waren nämlich nicht im Haus integriert, sondern standen einfach irgendwo als Metallkästen: auf der Gartenmauer, neben der Tür oder schlicht auf dem Boden.
Weil gerade die Sonne schien, entschieden wir uns noch für eine Erweiterung unseres Spaziergangs um das Dorf herum. Dafür wurden wir zwar mit tollen Ausblicken auf die Weiten des Gévaudan belohnt, mussten aber den steilsten Weg hoch, der mit dem Babyjogger möglich ist. 45° Steigung waren es bestimmt.
Les Gorges du Tarn
Nach einer etwas unruhigen Nacht, weil wir keine richtige Decke hatten, sondern nur ein Laken, das wir mit unserer Kolter aus dem Auto ergänzten, was wiederum nicht richtig funktionierte, gab es zum Frühstück Pfannkuchen. Unser Vormittagsspaziergang war anschließend leider wenig erfolgreich. Wir fanden weder einen der drei Geocaches von Massegros Causses Gorges, obendrein hatte die sogenannte Bäckerei nicht einmal Stückchen.
Umso beeindruckender war dafür mein Mittagslauf. Ich hatte mich dazu entschieden, zu einem Aussichtspunkt am Rand der Gorges du Tarn (die Schlucht des Flusses Tarn zwischen den Orten Le Rozier und Sainte-Enimie) zu laufen. Schon der Hinweg gefiel mir trotz der Höhenmeter, weil ich nicht nur Schafe, sondern auch zwei Fasane und eine Hirschkuh sah.
Am Aussichtspunkt angekommen waren sämtliche Mühen entlohnt. Es öffnete sich ein grandioser Ausblick auf eine steil abfallende, grün bewachsene Schlucht, mit dem sich am Grunde schlängelnden Tarn und in den Hängen verborgenen Höhlen. Die Schlucht ist 35 km lang und steht teilweise unter Naturschutz. Sie wurde der das aus Kalkstein und Mergel in mehreren Lagen horizontal geschichtete Gestein der Cevennen ausgewaschen hat. Die mal steilwändigen Engpässe, mal weiten Talkessel, deren Felswände bisweilen bunt (polychrom) sind, sind vor allem als Klettergebiet bekannt. Ich ließ begeistert die Blicke schweifen, bevor ich den gleichen Weg wieder zurücklief, den ich gekommen war.
Die pure Natur von Massegros Causses Gorges
Nach unserem gemeinsamen Mittagessen spielten wir erst noch, bevor wir ein weiteres Mal hinausgingen. Bei diesem Spaziergang beeindruckte uns die hiesige Natur einmal mehr: wir konnten drei Adler dabei beobachten, wie sie sich vom Wind treiben ließen.
Beim Spielen musste ich einmal mehr feststellen, was wir für ein cooles Kind abbekommen haben. Mit Jesper, der neugierig stets etwas Neues entdeckt, gibt es immer etwas zu Lachen. Dass wir zu dritt drei Monate Elternzeit genießen können, ist ein absolut wertvolles Geschenk!