Ich wurde letztens gefragt, ob Lauf-ABC, also Übungen wie Fußgelenksarbeit, Skippings, Anfersen oder Prellhopser, wichtig sei, um den Laufstil zu verbessern.
Nun, meiner Meinung nach vereint jede Übung mehrere positive Effekte. Auch das ABC trägt sicherlich zu einer Verbesserung des Laufstils bei, nutzt aus meiner Sicht vor allem aber der spezifischen Kraft und Koordination. Das Problem des ABCs ist, dass der Laufschritt in Segmente unterteilt wird und diese zur Übung für sich betrachtet werden. Jeder Teil des Laufzyklus wirkt sich aber auf den nächsten aus. Das Üben einzelner Teilbewegungen hilft meist nur bedingt oder gar nicht, weil die Auswirkungen des vorherigen Segments fehlen und damit der Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus nicht ermöglicht wird.
Wenn gezielt der Laufstil verbessert werden soll, muss vor allen Dingen gelaufen werden, weshalb ich zuallererst Steigerungsläufe (STL) empfehle – unabhängig von der Leistungsklasse! Ob Anfänger oder Leistungssportler, Steigerungen finden zu Recht in jedem Trainingsplan Platz.
Bei Steigerungen wird mit einer vorsichtigen Herangehensweise der Laufschritt in allen Geschwindigkeiten geübt, ohne unterbrochen zu werden sowie mit der Möglichkeit, dabei völlig entspannt (unangestrengt) zu bleiben.
Die Ausführung
Ausgeführt werden sollten Steigerungen über 80-120 m, wobei die Laufgeschwindigkeit immer weiter gesteigert wird, vom lockeren Jogging bis hin zum Sprint. Je schneller das Tempo, desto wichtiger der Laufstil, weshalb sich Steigerungsläufe perfekt eignen, um den individuell idealen Laufstil zu finden und sich diesem nach und nach anzunähern. Konzentriert werden kann sich dabei auf verschiedene Schwerpunkte wie den Fußaufsatz, die Schulter-/Armhaltung oder die Hüftstreckung. Wichtig ist dabei das „oder“: immer nur ein Schwerpunkt pro Lauf.
Wichtig dabei ist vor allem das Körpergefühl: was fühlt sich gut an, was ungewohnt, schmerzt etwas? Durch die Selbstbeobachtung wird das schnelle und ökonomische Laufen gelernt.
Der Beobachter
Idealerweise gibt es dazu noch Feedback eines Beobachters. Gibt es keine fachkundige Person, die sich dazu bereit erklärt, Anregungen zu geben, bietet die moderne Technik hervorragende Möglichkeiten, sich selbst du beobachten. Achtet man von außen auf den Laufstil eines Läufers, sollte zunächst das Gesamtbild betrachtet werden, weil im Körper meist alles zusammenhängt. Der Armschwung gleicht beispielsweise die diagonale Beinbewegung aus und umgekehrt. So kann beispielsweise der Rhythmus über den Armschwung aktiv verändert werden.
Fällt Verbesserungspotential in der Bewegung auf, ist es nicht trivial zu identifizieren, was Auslöser und was Symptom ist. Rotiert der linke Arm nach innen, kann es sein, dass das rechte Bein die Bewegung ausgleichen muss und deshalb weiter außen geführt wird. Der umgekehrte Fall ist aber auch möglich, sodass die Armbewegung die des Beins kompensiert. Häufig lässt sich deshalb beobachten, dass sich der Laufstil nach bzw. durch eine Verletzung verändert.
In der Geschwindigkeit entspannen
Weiter eignen sich Steigerungen außerdem hervorragend, um zu lernen, in der Geschwindigkeit locker zu bleiben, was der Schlüssel zum schnellen Laufen ist. Deshalb ist es mir persönlich sehr wichtig, nicht „einfach“ nur immer weiter zu steigern und dann aufzuhören, sondern zu versuchen, die Höchstgeschwindigkeit beim Austrudeln mit immer weniger Aufwand weiter aufrecht zu erhalten. Es ist immer wieder erstaunlich, wie einfach es sein kann, im Laufschritt wirklich schnell unterwegs zu sein. Schnelles, lockeres Laufen funktioniert nie einfacher.
Steigerungen kombinieren
So gut STL für den Laufstil als auch für die –form sein können, man sollte nicht immer Steigerungen absolvieren! Wie bereits in diesem anderen Artikel beschrieben, eignen sich STL ebenso, um die Muskelspannung zu erhöhen. Soll sich aber aktiv regeneriert werden, sollte die Muskelspannung so gering wie möglich gehalten werden. Erst in den Tagen vor dem Wettkampf wird sie idealerweise wieder angehoben.
Gut eignen sich STL nach langen Läufen um den eingeschliffenen Schleichschritt wieder aufzulockern. Außerdem wird dadurch die spezifische Kraftausdauer trainiert. Denn durch das lange Laufen werden die meist genutzten Muskelstränge ermüdet, sodass für die schnellere Geschwindigkeit Fasern rekrutiert und damit trainiert werden müssen, die ansonsten nur bei harten Belastungen zum Einsatz kommen. Eine gute Vorbereitung also beispielsweise für die Endphase eines Marathons.
Um diesen Effekt zu verstärken, kombiniere ich persönlich Steigerungsläufe gerne mit kräftigenden Übungen wie Ausfallschritten und/oder Sprüngen (Sprunglauf, Strecksprünge, Einbeinsprünge, etc.). Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, es muss aber sehr genau auf die richtige Ausführung geachtet werden.
Zusammenfassende Trainingsideen:
Für den Laufstil: Steigerungsläufe nach dem Aufwärmen oder kurzen bis mittleren Dauerläufen mit klaren Aufgabenstellungen (beispielsweise auf die Hüftstreckung zu achten) und/oder Tipps bzw. Rückmeldungen von außen.
Für die spezifische Kraftausdauer: Steigerungen nach langen Dauerläufen oder in Kombination mit Sprüngen und/oder Ausfallschritten.
Dann nicht: wenn aktive Erholung angesagt ist, sollten Steigerungsläufe weggelassen werden. In den letzten beiden Tagen vor dem Wettkampf sollte dann die Muskelspannung wieder erhöht werden.