Die letzten Tage war ich recht aufgeregt. Aufgeregter als sonst bei Volksläufen. Normalerweise kann ja auch nicht viel passieren, ich bin in recht guter Form – zumindest auf dem Weg in Richtung Frankfurt Marathon – sodass ein Halbmarathon kein allzu großes Problem darstellt. Aber insbesondere der Hugenottenlauf in Neu-Isenburg war in den letzten Jahren eine Wundertüte: im letzten Jahr lief es grandios, mit 5-km-Zwischenzeiten, die immer schneller wurden, mit einem Duell mit Karl, das ich für mich entscheiden konnte und außerdem mit einer richtig starken Zeit auf dieser nicht einfachen, weil oft grobsteinigen Waldstrecke. Vor zwei Jahren aber musste ich richtig leiden, da war hintenraus die Energie weg. 1h19 im Jahr 2016, 1h15 im Jahr 2017 – was würde also 2018 bringen?
Die siebte Station des Mainlaufcup 2018
Und dann ist da ja auch noch der Mainlaufcup. Je nachdem, wie die Läufe besetzt sein würden, könnte heute schon eine Vorentscheidung fallen. Derzeit liegen Philipp, Hendrik und ich recht dicht beieinander. Würde ich gewinnen können, könnte das bereits die Vorentscheidung zu meinen Gunsten sein. Dafür durfte aber natürlich niemand richtig schnelles am Start sein. Das entscheidet sich jedes Mal aufs Neue in drei Stufen.
Die Erwartungen an das Rennen
Zunächst einmal gibt die Meldeliste einen groben Überblick über das Starterfeld. Viele Namen kennt man einfach. Steht dort niemand, ist die zweite Stufe die Zeit vor dem Start: wen kennt man, der noch nachgemeldet hat, wer sieht schnell aus, wer hat was vor? Heute war schon kurz vor dem Start klar, wer der voraussichtliche Sieger sein würde: Belachew Kifle hat sowohl in Neu-Isenburg schon gewonnen als auch schon mehrmals die 70 Minuten unterboten. Die Entscheidung bringt dann aber der erste Kilometer. Erst hier bekommt man ein Gefühl, wer wie angeht. Auch die eigene Tagesform spürt man erst jetzt so richtig.
Der Hugenottenlauf 2018
Wie erwartet laufen sowohl Belachew als auch Emile Bonkoungou, den ich noch nie gesehen habe – bei der Siegerehrung erfahre ich im Gespräch, dass er aus Burkina Faso stammt, seit wenigen Monaten aber in Mainz ist und dort in einer Laufgruppe Anschluss gefunden hat – vorneweg. Dahinter bin ich allein, was sich auch das ganze Rennen über nicht mehr ändern wird. Die zwei starten nicht mit einem mörderischen Tempo, laufen aber konstant einen Schritt schneller als ich.
Meine Beine sind OK, der erste Kilometer ist mit 3’30 in Ordnung, der richtige Punch fehlt aber. Auch Karl, der mich immer herausfordert, fehlt heute. So laufe ich ein einsames Rennen. Ich erwische keinen Sahnetag, wie im letzten Jahr, kann aber trotz drei intensiver vergangener Wochen ein gutes Rennen laufen: die Zwischenzeiten sind mit 18’17, 18’22, 18’22 und 18’08 wirklich sehr konstant. Am Ende geht es zwar ein ganzes Stück leicht bergab, auf den letzten fünf Kilometern muss man sich aber durch das 10-km-Feld kämpfen, was zu einigen Schlangenlinien führt.
Wo ist mein live-Stream?
Mit 1h17’08 werde ich schließlich Dritter. Belachew wurde wie erwartet erster, Emile musste am Ende nicht so viele Federn lassen, dass er für mich noch einmal in Sichtweite kam. Nicht weit hinter hinter mir läuft Stephan neue persönliche Bestzeit und wird fünfter. Ebenso wartet im Ziel gleich der nächste Trainingspartner auf mich: Philipp. Wie ich ist er heute dritter geworden, sodass wir weiterhin Punktgleich sind. Hendrik war vor ihm zweiter – die Vorentscheidung ist vertagt, mal sehen, wie Hendrik in Roßdorf laufen wird.
Die viel wichtigere Frage lautet aber zunächst: auf welchem Kurs liegt Kipchoge derzeit in Berlin? Es sieht gut aus, weit ist es nicht mehr. Und sobald wir mit dem Auslaufen fertig sind, ist klar: neuer Weltrekord! Ich verbeuge mich, Eliud.
Der Überblick
Datum: So, 16. September 2018
Ort: Neu-Isenburg, Deutschland
Wettkampf: 42. Hugenottenlauf
Distanz: 21,1 km
Zeit: 1:17:08 h
Platz: 3.
Schuhe: Skechers GOrun 5
Ernährung: Wasser und ein Gel
Fotos: Svenja