Spiridon Silvesterlauf 2020

SPIRIDON SILVESTERLAUF: Die virtuelle Version

Also doch noch ein Wettkampf in 2020. Nachdem die Inzidenzzahlen im Herbst anstiegen, dann aber alle Rekorde brachen, musste die Jügesheimer Winterlaufserie trotz überzeugendem Hygienekonzept abgesagt werden. Dort hätte ich gerne alle vier Wochen den Formanstieg nachvollzogen. Auch hätte ich gerne den einen oder anderen Crosslauf gemacht – die Realität sah nun einmal anders aus.

Was bleibt also noch? Irgendwie hoffe ich weiterhin auf ein wie auch immer geartetes Eliterennen, bei dem man in zwar kleiner Gruppe aber doch offiziell schnelle Zeiten jagd. Der SSC Hanau-Rodenbach, die Läufe in Dresden und Berlin haben es vorgemacht, gerne wäre ich bald bei einem dabei. Denn auf einen Wettkampf, wie wir ihn noch bis Februar diesen Jahres kannten, kann ich mir trotz gestarteter Impfkampagne noch bis in den Sommer nicht wirklich vorstellen.

Dennoch war ich zuletzt im Training sehr motiviert. Seit der Saisonpause nach meiner FKT auf dem Grünen Ring um Hannover habe ich die Form mit neuem Konzept (nur jeden dritten Tag eine intensive Belastung) wieder aufgebaut, gefühlt hat das für mich persönlich sehr gut gepasst. Etwa 12 Wochen bin ich damit jetzt wieder im Training, da kam der virtuelle Silvesterlauf meines Vereins Spiridon Frankfurt wie gerufen, um einmal zu testen, was geht.

Der 42. Spiridon Silvesterlauf

Zurück sollte es gehen, in den Frankfurter Stadtwald, zurück auf die historische 10 km-Silvesterlaufstrecke, auf der früher so richtig schnell gelaufen wurde (der Streckenrekord liegt bei 28’43). In Zusammenarbeit mit der Revierförsterei sowie der Stadt Frankfurt wurde die Strecke hergerichtet und vom Verein beschildert und in Stand gehalten (erst gestern musste ein umgefallener Baum zersägt werden). Eine Einschränkung gibt es aber natürlich: unser Spiridon Silvesterlauf würde nur virtuell stattfinden, ab dem 19. Dezember bis zum 10. Januar kann jeder für sich die ausgeschilderte Strecke ablaufen. Mit dem GPS-Track kann man sich anschließend bei LaRaSch in die Ergebnisliste eintragen, unabhängig von Zeit und Platzierung gibt es sogar Preise zu gewinnen.

Nun musste ich im Frühjahr bei der ACRL feststellen, dass ich für virtuelle Läufe nicht gemacht zu sein scheine, das einzig vernünftige virtuelle Rennen gelang mir bei einem 5-km-Test mit Johannes im Sommer. So ganz allein fehlt mir das Adrenalin bzw. der Wettkampf-Wille, der immer noch ein bisschen mehr Leistung herauskitzelt als im Training.

Doch dafür versuchte ich Abhilfe zu schaffen: für die sozialen Medien wollten Markus und Iris ein weiteres Video drehen, Robert und ich würden dafür aus der Leistungsgruppe die Hauptrollen spielen. Ich war am Vorabend sogar ein wenig aufgeregt, war das also ein gutes Zeichen?

10 km durch den Frankfurter Stadtwald

Einlaufen, Lauf-ABC, Schwunggymnastik und zwei Steigerungen. Wie vor einem richtigen Wettkampf, nur eben ohne Startnummer am Leibchen oder festgelegter Startzeit. Ein paar Worte in die Kamera, wobei ich versuchte, lustig zu sein. Dann konnte es losgehen, zeitgleich mit Robert, der eine ganz rechts, der andere links auf dem Waldweg. Markus am Rand mit der großen Kamera, Iris würde auf dem Rad mitfahren, mit der GoPro filmen und uns zusätzlich den Weg weisen.

Die ersten Kilometer geht es stetig bergab, sodass es recht zügig losging. Ich versuchte locker zu bleiben, ein guter Rhythmus wollte sich zunächst aber nicht einstellen. Für Ablenkung sorgte der Versuch, mit Abstand zueinander die Ideallinie auf den schlammigen Waldwegen zu finden und dabei immer wieder Passanten zu überholen. Schon die letzten beiden Tage hatte ich mich nicht allzu spritzig gefühlt, durch Steigerungen und Stabi hatte ich versucht, Spannung aufzubauen. So richtig hatte das wohl nicht geklappt, denn auch heute lief es zu Beginn nicht von selbst. Schnell hielten Robert und ich so unfreiwilligerweise großzügigen Abstand, bald war er mir komplett enteilt. Hatte ich zu Beginn noch die Hoffnung, ihm durch eine bessere Renneinteilung später wieder näher kommen zu können, zerschlug sich diese bald.

Ich versuchte dennoch, locker zu bleiben und Spaß zu haben, in schwierigen Kurven beispielsweise stelle ich mich normalerweise geschickt an. Des vermeintlich besseren Grips Willen hatte ich mich gegen die schnellen Treter mit Carbon in der Sohle entschieden, dennoch rutschte ich bisweilen.

Spiridon Silvesterlauf 2020
Foto: Markus Herkert / Iris Rautenberg

Immer lächeln!

Ohne Konkurrenz und ohne gute Beine ging es auch nur darum, zu genießen, wenn es mal wieder schneller ging. Zwei Mal wurde ich zwischendurch mental schwach und nahm etwas Tempo heraus, sodass mein Silvesterlauf eher ein dreigeteilter Tempowechsellauf wurde. Glücklicherweise war Iris mit der Kamera dabei, sodass aufgeben und aussteigen keine Option war.

Trotz allem gefällt mir die Strecke: abseits von Autos geht es mal über geschwungene Waldwege und auch am Maunzenweiher vorbei, passend zur Jahreszeit wird immer wieder Crosslauffeeling vermittelt, weshalb auch die Kilometerschilder nicht fehlen. Ich kann nur empfehlen, am virtuellen Silvesterlauf teilzunehmen, anderthalb Wochen bleiben ja noch. Es kostet keine Startgebühr und man sieht mal etwas anderes.

Vielleicht friert es ja sogar noch, dann würde ich gerne mit schnelleren Schuhe probieren, meine heutige 35’43 deutlich zu unterbieten. Eigentlich sollte das gehen.