Die Lage ist ernst. Die Fakten, zusammengetragen aus über 14.000 von Fachleuten überprüften (peer-reviewed) Studien, sind im sechsten Bericht des IPCC veröffentlicht: wir steuern auf eine Klimakatastrophe zu, die definitiv menschgemacht ist.
Die gute Nachricht ist, dass wir etwas tun können, um die Krise abzumildern. Die Voraussetzung ist allerdings, dass wir sofort Maßnahmen ergreifen, sowohl als (Welt)Gesellschaft als auch persönlich. Im Bericht werden nämlich verschiedene Szenarien aufgezeigt: Machen wir weiter wie bisher und sorgen für eine Erderwärmung von mehreren Grad, sodass wir mit immer stärkeren Einschränkungen leben müssen und in den nächsten hundert Jahren aussterben wie einst die Dinosaurier oder handeln wir so schnell wie möglich und beschränken den Temperaturanstieg auf die rechtlich verbindlichen 1,5 °C, sodass es eine Zukunft gibt, die diesen Namen verdient hat?
Natürlich gibt es Scheinargumente, die viele hadern lassen. Stehen wirklich wir in der Verantwortung, wenn Deutschland nur 2 % der weltweiten Emissionen verantwortlich ist? Nun, zum einen stellen wir nur etwa 1 % der Weltbevölkerung, was das Argument allein schon mathematisch widerlegen sollte. Weiterhin verursacht unser Konsum Emissionen in anderen Ländern, sodass wir direkt und indirekt großen Einfluss auf die weltweiten CO2-Emissionen haben. Außerdem steht Deutschland Im Klimaschutz-Index nur auf Rang 19 und hat das Pariser Abkommen unterzeichnet. Keinesfalls soll übrigens Deutschland allein das Klima retten!
Ja, auch ich habe Angst. Sich durch diese Angst aber egoistisch und ignorant zu verhalten, macht alles nur noch schlimmer. Wir müssen etwas tun! Aber was? Als Antwort auf diese Frage habe ich 13 Dinge zusammengetragen, die jeder ganz persönlich tun kann, um die Klimakatastrophe abzumildern. Es liegt mir dabei fern, jemandem etwas vorschreiben zu wollen. Ich möchte Anstöße geben, in verschiedenen Bereichen ein wenig besser zu werden, weil jedes eingesparte Gramm Treibhausgas hilft, ein etwas besseres Zukunftsszenario zu erreichen. Lasst uns gemeinsam Leben retten!
Was wir ganz persönlich gegen die Klimakatastrophe unternehmen können
1. Sich eingestehen, dass sich etwas ändern muss
Das klare Eingeständnis, dass sich etwas ändern muss, ist der notwendige erste Schritt. Daran dürfen wir aber nicht verzweifeln, sondern die Chance erkennen, etwas zu verändern. Lasst uns Teil der Lösung sein und darüber sprechen, wie positiv Veränderung ist.
Du hast erlebt, dass Urlaub in den Alpen oder an der Nordsee schöner ist als wenn du um die halbe Welt fliegst? Das vegane Schnitzel schmeckt dir besser, weil du auf keinen einzigen Knorpel gebissen hast? Du hast bessere Laune, wenn du das Fahrrad statt das Auto nimmst? Sprich darüber, denn wahrscheinlich geht es anderen genauso. Sie müssen es nur einmal ausprobieren.
2. „Das haben wir schon immer so gemacht!“ aus dem Denk- und Wortschatz streichen
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und genau so, wie wir uns unsere Gewohnheiten zunutze machen können, wenn wir täglich Zähne putzen, die Treppe statt den Aufzug nehmen oder vor jeder Mahlzeit erst ein großes Glas Wasser trinken, so können sie uns auch am Schlechten festhalten lassen. „Das haben wir schon immer so gemacht!“ ist kein Argument, sondern eine Ausrede. Lasst uns unsere Gewohnheiten kritisch hinterfragen: Im Sommer mit dem Kreuzfahrtschiff zu fahren, weil du das schon immer so gemacht hast, ist keine gute Idee. Die CDU nur zu wählen, weil du das schon immer so gemacht hast, ist keine gute Idee. Fleisch zu essen, nur weil du das schon immer so gemacht hast, ist keine gute Idee. Mit dem Auto zur Eisdiele zu fahren, nur weil du das schon immer so gemacht hast, ist keine gute Idee. Wenn du deine Gewohnheiten sinnvoll begründen kannst, behalte sie bei. Wenn nicht, solltest du sie überdenken.
3. Am 26.09. eine Partei mit konkreten Klimazielen wählen
Politischer Wille ist essentiell, um die Klimakatastrophe zu verhindern. Wir brauchen dringend mehr Tempo beim Klimaschutz (drastische Reduktion im Ausstoß von Treibhausgasen) und bei der Energiewende (Maßgebliches Voranbringen der erneuerbaren Energien). Unternehmen brauchen Planungssicherheit, um nachhaltig produzieren zu können, gleichzeitig müssen alle klima- und umweltschädlichen Subventionen ab- und/oder umgebaut werden. Wir als Gesellschaft müssen uns für eine klimaneutrale Welt einsetzen. Ein 1,5-Grad-Gesetzespaket für die Klimawende gibt es übrigens schon.
4. Die eigenen Beine nutzen
Geh doch einfach mal zu Fuß! Gerade beim Einkaufen heißt es immer, man brauche ein Auto. Meine Oma hingegen hatte beispielsweise nie eines – wenn sie also ihren Einkauf auch mit 85 Jahren noch zu Fuß erledigen konnte, solltest du das auch schaffen!
Ganz abgesehen von diesem Einzelfall sollte die Wahl unserer Verkehrsmittel in folgender Reihenfolge sein: Gehen bzw. laufen – Fahrrad fahren – die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen – und dann erst Autofahren. Hier gibt es einen sehr schönen CO2-Rechner.
Zusätzlich noch drei Hinweise: 1) Kannst oder musst du Auto fahren? 2) Neben den hohen Emissionen, die durch das Fliegen verursacht werden, ist es ein zusätzliches Problem, wo sie in der Atmosphäre ausgestoßen werden. 3) Kreuzfahrten sind untragbar.
5. Bewusst konsumieren
Dieser Punkt ist ganz besonders einfach: Je weniger wir konsumieren, desto besser. Also sollten wir weniger Elektrogeräte kaufen, weniger Kosmetik, weniger Kleidung. Dadurch wird auch weniger Verpackungsmaterial verbraucht und es entsteht weniger Müll.
Bevor wir etwas neu kaufen, sollten wir es uns ausleihen oder eintauschen. Sachen, die wir nicht mehr brauchen, sollten wir weitergeben. Und natürlich ist eine alte Jeans immer besser als eine nachhaltig produzierte neue. Verantwortungsvoller Konsum ist unerlässlich.
6. Weniger tierische Produkte essen (Fakt 19, 20 und 21)
Fleisch (aber auch Butter und Milch) sind „veredelte“ Lebensmittel: für die gleichen Kalorien, Nährstoffe und Vitamine wird das Vielfache an Ressourcen benötigt. Deshalb sollten wir pflanzenbasiert essen – das ist zudem auch gesünder. Jedes Steak, das du nicht isst, hilft dem Klima. Koche selbst und probiere die pflanzlichen Alternativen.
7. Dein Geld nachhaltig investieren
Was du tust, sollte diejenigen, die einen nachhaltigen Wandel ermöglich, nützen und denen, die die Klimawende behindern, schaden. Dabei sind Nutzen und Schaden proportional zum ausgegebenen Geld. Entsprechend sollten wir uns von der Fossillobby und ihren Konzernen abkehren (Fakt 22), also kein Geld in die Öl-, Gas-, Transport- und Bauindustrie, die nur ihre Profite und nicht den Planeten schützen, investieren. Stattdessen bieten beispielsweise nachhaltige Fonds oder grüne Anleihen eine gute Möglichkeit für die private Geldanlage.
8. Effektiv spenden
Für den experimentellen Ansatz, wie die weltweite Armut gelindert werden kann, bekamen Abhijit Banerjee, Esther Duflo und Michael Kremer 2019 den Nobelpreis verliehen. Entsprechend kann sich unsere Unterstützung (z. B. in Form von Spenden) als mehr oder weniger effektiv herausstellen. Meist können Organisationen, die sich für politischen und technologischen Wandel einsetzen, eine deutlich höhere Wirkung erzielen, als wenn „nur“ die Symptome gelindert werden. Laut Schätzungen von effektiv-spenden.org lassen sich mit gezielten Spenden 15-30 mal mehr Emissionen vermeiden als mit klassischen Maßnahmen direkter CO2-Kompensation.
9. Für eine moderne Dämmung/Isolierung sorgen
Ob Erneuerung alter Heizkessel, der Einbau moderner Fenster, eine optimalere Dach- oder Fassadendämmung – je nach Alter, Höhe und Bauweise des Hauses sowie abhängig von unserer Lebensweise lohnen sich unterschiedliche Optionen: nicht nur monetär, sondern besonders auch fürs Klima. Zwar gibt es keine pauschale Empfehlung, weil jedes Haus ein Einzelfall ist. Insbesondere für Häuser, die vor 1977 gebaut wurden, lohnt sich jedoch eine Modernisierung. Ebenso kann es sich ebenso, den Stromanbieter zu wechseln!
10. Für guten Klimajournalismus zahlen
Guter Journalismus liefert Fakten, keine Stimmungsmache. Unser Geld sollte entsprechend dorthin fließen, wo faktenbasiert über die Klimakatastrophe berichtet wird und ganz besonders nicht dorthin, wo Ausreden populär gemacht und falsche Tatsachen ausgebreitet werden.
11. Weniger arbeiten
Wer weniger arbeitet, verdient weniger (konsumiert entsprechend weniger) und hat wieder Zeit, mehr Dinge selbst zu machen. Habt ihr außerdem schon mal vom bedingungslosen Grundeinkommen gehört? Vielleicht wäre das ein Ansatz, um die Ausbeutung von Mensch und Natur zu stoppen.
12. Gleichberechtigung vorantreiben
Alle Klimamodelle gehen davon aus, dass wir immer mehr werden, die menschliche Bevölkerung auf der Erde also immer weiter zunimmt. Das ist in Frage zu stellen: wir brauchen weltweit Gleichberechtigung. Mit höherer Bildung und Einkommen für Frauen, dass sie unabhängiger von einem Ehemann werden. Mit Mitspracherechten, sexueller Aufklärung und Zugang zu Verhütungsmitteln, sodass sich aus freien Stücken zu kleineren Familien entschieden werden kann.
Ach ja: unsere Worte erzeugen Bilder im Kopf, Gendersternchen tun nicht weh.
13. Wissen befreien
Auch das wird in der Klimadebatte immer wieder betont: wir haben die nötigen Ideen und funktionierenden Lösungen für immer effizientere und saubere Technologien und brauchen „nur“ den politischen Willen (vgl. Punkt 3). Gleichzeitig sind viele wissenschaftliche Arbeiten hinter Bezahlschranken versteckt. Wir stecken Steuergelder in die Forschung, davon sollten keine Verlage ihr Geschäftsmodell aufbauen können. Diese gelebte Absurdität zeigt Bent Freiwald in seinem Artikel anschaulich. Ohne Austausch gibt es keinen (wissenschaftlichen) Fortschritt, Publizieren muss auch weiter „öffentlich machen“ heißen. Außerdem müssen grüne Technologien auch in armen Ländern eingesetzt werden können: für die Welt-Klimakatastrophe braucht es auch eine weltweite Lösung!
14. Mit Ecosia statt mit Google suchen
Jede Suchanfrage im Internet kostet sehr viel Strom, allein durch die vielen Server, die bereitstehen müssen. Ecosia ist die klimafreundliche Alternative zu Google. Für den Stromverbrauch haben sie eine eigene Solaranlage und mit den erwirtschafteten Gewinnen werden Bäume gepflanzt: „Carbon negative is the new carbon neutral!“.
Genauso helfen auch weniger online-Videos und Videoanrufe dem Klima.
15. Im Haushalt Strom und Wasser sparen
Solange wir unsere Energie weltweit nicht zu 100 % regenerativ erzeugen, sollten wir so wenig wie möglich verbrauchen und Strom und Wasser sparen. Also beispielsweise die Spülmaschine benutzen, statt mit der Hand zu spülen, die Wäsche aufhängen, statt zu trocknen und den Rechner ausschalten, statt in den Standby-Modus zu schalten. Auch kleine Änderungen können viel bewirken.
Kurz und knapp
Die kurze Zusammenfassung lautet entsprechend, dass wir etwas tun müssen und dafür viele Möglichkeiten haben. Am wichtigsten ist der politische Wille, gleichzeitig hilft es, bei sich selbst anzufangen. Ob dieser Anfang ein kleiner oder ein großer Schritt ist und in welche Richtung er geht, entscheidet jeder für sich selbst. Die Hauptsache ist, ihn zu tun. Denn gerade beim Klimaschutz hängt alles miteinander zusammen. Es ist gut fürs Klima, wenn wir mehr miteinander kooperieren, wenn mehr freies Wissen zur Verfügung steht, wenn mehr Gerechtigkeit herrscht, wenn wir demokratischer sind. Lasst uns gemeinsam daran arbeiten!
„Es gibt keinen Bereich, den der ökologische Zusammenbruch nicht tangiert, und wer nach Lösungen sucht, ihn aufzuhalten, endet immer wieder bei Themen, die auf den ersten Blick nichts mit Umwelt- oder Klimaschutz zu tun haben. Digitalisierung, Globalisierung, Gentrifizierung, Ungleichheit … Wir landen bei den großen Fragen unserer Zeit, die bisher sauber getrennt diskutiert und abgelegt wurden. Die Klimakrise ist aber der große Schirm, unter dem sie sich alle versammeln werden, weil eine Natur, die gutes Leben ermöglicht, die eine nicht verhandelbare Voraussetzung für alles Menschliche ist. So führen dann direkte Linien von dem einen scheinbar isolierten Kampf zum Kampf gegen die Klimakrise.“
Krautreporter Rico Grimm in „Hoffnung in der Klimakrise“
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