Katrin und Daniel sind zwei leidenschaftliche Läufer, ernähren sich vegan und berichten auf ihrem Blog, wie beides zusammenpasst. Auf immer mehr Wettkämpfen sieht man Läuferinnen und Läufer mit ihren „RUNVEGAN“-beVegt T-Shirts laufen. Ist die Ernährungsweise, bei der tierische Lebensmittel komplett weggelassen werden, nur ein Trend oder auch für ambitionierte Läufer zu empfehlen?
Was sind die Vor- und Nachteile? Kann mit der sehr bewussten Ernährung die Leistung gesteigert werden? Nach dem Ernährungsinterview mit der Forschungsgruppe Dr. Feil will laufen hilft! mehr über einen anderen Ansatz erfahren:
Markus: Hallo Ihr zwei, könnt Ihr zur Einführung kurz und knapp erläutern, was vegane Ernährung alles umfasst? Was sind absolute Verbote? Braucht der Körper Zeit, um sich auf die veränderte Nahrung einzustellen?
Katrin und Daniel: Das ist ganz einfach: Wer sich vegan ernährt, der isst ausschließlich pflanzliche Lebensmittel und streicht alle tierischen Lebensmittel von seinem Speiseplan – also vor allem Fleisch, Fisch, Geflügel, Eier und Milchprodukte.
Vegan muss sich aber nicht nur auf die Ernährung beziehen, auch wenn das Wort natürlich vor allem in diesem Zusammenhang verwendet wird. Bei der veganen Lebensweise geht es grundsätzlich darum, die Ausbeutung und Tötung von Tieren für unsere eigenen Zwecke so weit wie möglich zu vermeiden – es geht also auch um die Bekleidung, um Kosmetik, um Zoos, um Wildtiere im Zirkus und so weiter.
Der Mensch ist grundsätzlich sehr anpassungsfähig was seine Ernährung betrifft – es gibt Kulturen, die einen großen Teil ihrer Nahrungsenergie aus tierischen Lebensmitteln erhalten, aber auch solche, die sich seit jeher überwiegend pflanzlich ernähren.
Wenn man die Ernährung sehr plötzlich umstellt, dann kann es natürlich sein, dass man vorübergehend ein paar Verdauungsprobleme bekommt, weil sich der Darm erstmal darauf einstellen muss. Aber es steht ja nirgendwo geschrieben, dass man nicht auch Schritt für Schritt den Anteil pflanzlicher Lebensmittel in der Ernährung steigern kann.
Markus: Warum ausgerechnet vegan? Was ist Eure Motivation? „Reicht“ nicht auch vegetarisch? Macht vegane Ernährung schneller?
Katrin und Daniel: Wir leben aus ethischen Gründen vegan. Das heißt: Wir möchten mit unserem Lebensstil möglichst wenig Leid für andere Lebewesen verursachen – egal ob Menschen oder Tiere.
Für uns persönlich reicht es deshalb nicht aus, “nur” vegetarisch zu leben, denn auch für die Produktion von Eiern, Milch, Käse usw. werden jeden Tag Milliarden von Tieren gequält und getötet. Ein Beispiel sind die männlichen Geschwister der Legehennen, die in der Lebensmittelproduktion keine Verwendung finden und deshalb direkt nach dem Schlüpfen aussortiert und entweder vergast oder geschreddert werden.
Niemand denkt gerne über so etwas nach, aber es sind die unmittelbaren Folgen unserer Konsumentscheidungen, und wir haben irgendwann für uns beschlossen, dass wir aus diesem System aussteigen möchten, so weit uns das möglich ist.
Und zu deiner zweiten Frage: Nein, wir denken nicht, dass vegane Ernährung per se dafür sorgt, dass man ein besserer Sportler wird.
Häufig ist die Umstellung auf vegan aber ein Anlass dafür, sich einmal ganz bewusst mit der eigenen Ernährung auseinanderzusetzen – und das kann durchaus dazu führen, dass man sich plötzlich frischer und leistungsfähiger fühlt, weil man zum Beispiel weniger Fast Food und Süßigkeiten, dafür aber mehr Obst, Gemüse und Vollkorngetreide isst.
Markus: Ist es wichtig, dass die Ernährung komplett vegan ist, oder kommt es viel mehr auf die bewusste Ernährung an?
Katrin und Daniel: Für uns als ethisch motivierte Veganer ist es natürlich wichtig, dass keine tierischen Lebensmittel mehr auf unserem Teller landen. Wem es hingegen vor allem um seine Gesundheit und Leistungsfähigkeit geht, der muss dafür sicher nicht komplett vegan leben.
Wir können nur empfehlen, öfter mal über den sprichwörtlichen Tellerrand zu schauen und vegane Gerichte zuzubereiten. Die vegane Küche ist unglaublich vielfältig, da sie sich von Einflüssen aus allen Kulturen inspirieren lässt. Ob asiatisch, afrikanisch, indisch, südamerikanisch oder gut-bürgerlich – vegan kann fast jeden Geschmack befriedigen.
Im Sinne einer bewussteren Ernährung könnte ein erster Schritt zum Beispiel sein, ein- bis zweimal pro Woche ein neues veganes Gericht mit hochwertigen, saisonalen Zutaten zuzubereiten. Wer dafür noch Anregungen braucht, kann gerne einmal auf unserer Rezepte-Themenseite vorbeischauen.
Markus: Seit wann und wie strikt ernährt Ihr euch vegan? Was sind die größten Hindernisse?
Katrin und Daniel: Wir haben im August 2010 zuerst ein vegetarisches Selbstexperiment gestartet, dann aber nach und nach auch Eier und Milchprodukte weggelassen.
Der Übergang war deshalb fließend, und anfangs haben wir auch hin und wieder noch eine Ausnahme z.B. bei Käse gemacht. Seit Anfang 2011 ernähren wir uns aber wirklich rein vegan und haben seitdem keine tierischen Lebensmittel mehr gegessen.
Das größte Hindernis war für uns gar nicht mal die Umstellung selbst, wie man vielleicht vermuten würde. Das ist uns erstaunlich leicht gefallen und hat sich nie nach Verzicht angefühlt, sondern eher wie eine spannende Entdeckungsreise, bei der wir täglich etwas Neues kennengelernt und ausprobiert haben.
Viel schwerer war es für uns am Anfang, selbstbewusst zu unserer neuen Lebens- und Ernährungsweise zu stehen. Das mussten wir erst einmal lernen. Wir kannten zwar unsere Gründe, aber wir konnten sie noch nicht so gut in Worte fassen und es war uns deshalb fast etwas unangenehm, wenn uns jemand darauf angesprochen hat.
Inzwischen hat sich das aber geändert und wir freuen uns, wenn jemand wirklich an der veganen Lebensweise interessiert ist und uns Fragen dazu stellt!
Markus: Ihr habt gelernt, dass “ich kann nicht” nur ein anderer Ausdruck für “ich will nicht” ist – warum?
Katrin und Daniel: Zu sagen “Ich kann das nicht!” ist ja eine typische Reaktion, wenn es darum geht, die eigene Komfortzone zu verlassen, um etwas im eigenen Leben zu verändern. In den allermeisten Fällen fehlt dann aber einfach nur der Wille, diese Veränderung auch wirklich durchzuziehen.
Gerade bei der Ernährung kommt das Gewohnheitstier in uns zum Vorschein. Wir wollen nicht auf vertraute, liebgewonnene Gerichte und Aromen verzichten – und sagen deshalb: “Ich könnte niemals auf Fleisch, Käse, Milch usw. verzichten.”
Wenn man diesen Schritt aber wirklich machen will, dann merkt man schnell, dass es viel leichter ist als man denkt. Es geht also oft nicht ums Können, sondern einfach nur ums Wollen.
Markus: Was ist Eure Empfehlung: vom einen auf den anderen Tag die Ernährung und Lebensweise komplett umkrempeln oder nach und nach einzelne Bausteine umsetzen? Warum? Mit welchem Baustein sollte man anfangen?
Katrin und Daniel: Das ist auch eine Frage des Typs. Für manche Menschen funktionieren radikale Veränderungen sehr gut, weil sie sehr motivierend und aufregend sein können. Wir haben zum Beispiel in nur wenigen Wochen die 180-Grad-Wende hin zur veganen Ernährung vollzogen, und dabei ist eine richtige Aufbruchsstimmung entstanden.
Wenn man von solchen plötzlichen, großen Veränderungen eher abgeschreckt wird, dann kann man natürlich auch einen Schritt nach dem anderen machen und sich in seinem eigenen Tempo vorantasten.
Ein super Ausgangspunkt für die vegane Entdeckungsreise sind die zahlreichen veganen Rezeptblogs, von denen man sich Ideen und Inspiration für eigene Koch-Experimente holen kann. Oder man kauft sich ein schönes Kochbuch und probiert sich da mal durch.
Das Wichtigste ist in dieser Phase, dass man offen für Neues ist und einfach mal die Scheuklappen ablegt. Wirklich falsch machen kann man eigentlich gar nichts.
Markus: Wie könnte die Ernährung in einer Beispielwoche aussehen? Was wird wann gegessen? Wird an harten Belastungstagen anders gekocht als an Tagen, wenn nur regenerative Einheiten auf dem Programm stehen?
Katrin und Daniel: Wir haben vor einigen Jahren tatsächlich mal unsere Ernährung in einer Marathonwoche dokumentiert und einen Beitrag darüber geschrieben. Eine spannende Erkenntnis war, dass wir – im Gegensatz zu früher – in den Tagen vor einem Wettkampf gar nichts mehr anders machen als sonst. Eine ausgewogene vegane Ernährung liefert viele komplexe Kohlenhydrate, ausreichend Eiweiß und moderate Mengen an Fett und ist damit ideal für Ausdauersportler. Es gibt für uns also gar keinen Grund, kurz vor einem Wettkampf oder an besonders intensiven Trainingstagen etwas an unserer Ernährung zu ändern.
Gleichzeitig ist Ernährung für uns aber in erster Linie Genuss, und wir verdienen mit dem Laufen ja auch nicht unser Geld. Wir würden uns deshalb auch nicht einschränken und zum Beispiel eine Saltin-Diät machen – selbst wenn es uns im Wettkampf ein paar Sekunden oder auch Minuten bringen würde.
In einen typischen Tag starten wir zum Beispiel mit einem Hafer-Porridge, Overnight Oats oder oder auch Couscous mit Früchten. Mittags und Abends gibt es meistens ein warmes Gericht, das wir gerne nach der Formel “A Grain, a Green and a Bean” zubereiten – also Vollkorngetreide, grünes Gemüse und Hülsenfrüchte. Das könnte zum Beispiel Reis oder Quinoa mit Spinat und Kichererbsen sein.
Als Zwischenmahlzeiten essen wir gerne Obst und Nüsse oder trinken einen Obst- oder Gemüsesmoothie.
Markus: Sollte jeder vegan essen? Wie überzeugt man beispielsweise Verwandte, mit denen man häufig isst, von den Änderungen im Ernährungsplan?
Katrin und Daniel: Wir freuen uns natürlich über jeden, der sich dazu entschließt, vegan zu leben oder auch erstmal nur ein paar Schritte in diese Richtung zu gehen.
Was das Überzeugen betrifft, haben wir die Erfahrung gemacht, dass das am besten ohne den erhobenen Zeigefinger funktioniert. Wir möchten einfach vorleben, dass man sich vegan ernähren kann, ohne Abstriche beim Genuss, bei der Gesundheit oder auch der sportlichen Leistungsfähigkeit machen zu müssen.
Persönlich hatten wir auch das große Glück, dass unsere Familien uns von Anfang an unterstützt haben und wir uns nie für unsere Entscheidung, vegan zu leben, rechtfertigen mussten. Inzwischen essen auch unsere Eltern und Geschwister sehr gerne vegan und freuen sich jedes Mal, wenn sie uns bekochen dürfen!
Markus: Was mache ich, wenn mein Lieblingsgericht Eierpfannkuchen sind? Muss ich dauerhaft auf mein Leibgericht verzichten?
Katrin und Daniel: Sehr viele Gerichte lassen sich ganz problemlos auch vegan zubereiten, ohne dass man Abstriche beim Geschmack machen muss. Pfannkuchen sind zum Beispiel überhaupt kein Problem – man kann die Eier einfach weglassen oder zum Beispiel durch eine Banane ersetzen.
Grundsätzlich sollte man aber nicht mit dem Vorsatz an die vegane Ernährung gehen, alles 1:1 zu imitieren und zu “ersetzen” – das kann nur nach hinten losgehen und wird früher oder später für Frust sorgen.
Außerdem verstellt man sich auf diese Weise den Blick auf all das Neue, was es zu entdecken gibt. Wir haben heute zum Beispiel ein paar Leibgerichte, von denen wir vor einigen Jahren noch nie etwas gehört hatten!
Markus: Werden die Ernährungsregeln manchmal ausgesetzt? Wenn beispielsweise die Großmutter einen Kuchen gebacken oder die Bedienung im Restaurant mit „vegan“ überhaupt nichts anfangen kann?
Katrin und Daniel: Nein, wir machen heute keine Ausnahmen mehr. Es gibt eigentlich kaum eine Situation, auf die man sich nicht vorbereiten könnte – wenn wir auf einer Feier eingeladen sind, steuern wir eben selbst etwas Veganes zum Buffet bei oder bringen einen Kuchen mit.
Es ist aber wichtig, eine Sache zu verstehen: Es geht bei der veganen Lebensweise nicht darum, “perfekt” zu sein – sondern eben im Rahmen seiner Möglichkeiten das zu tun, was man für richtig hält.
Markus: Reicht es, sich das nötige Wissen – beispielsweise auf Eurer Seite – anzulesen, oder wäre eine individuelle Beratung bei einem Ernährungscoach besser? Gibt es Risiken? Kann das Ganze überhaupt gesund sein, wenn beispielsweise Vitamin B12 supplementiert werden muss?
Katrin und Daniel: Natürlich kann man sich für den Umstieg Unterstützung von einem Coach holen – nötig ist das aber nicht.
Man beschäftigt sich ja in der Regel auch mit dem Thema, liest ein paar Bücher, klickt sich vielleicht durch einige Blogartikel oder sucht auf Youtube nach Informationen. Auf diese Weise eignet man sich schnell ein ausreichendes Grundwissen an, wie man sich ausgewogen vegan ernährt und die wichtigsten Nährstoffe im Blick behält.
Vegan zu leben ist kein Hexenwerk und man muss kein Studium absolvieren, um sich rein pflanzlich ernähren zu können. Ein bisschen Interesse für die eigene Ernährung gehört natürlich dazu, aber das gilt ja eigentlich immer, wenn man gesund sein möchte – egal ob vegan oder nicht.
Das Argument mit dem Vitamin B12 hört man übrigens sehr häufig, es ist aber zu kurz gedacht. Das Vitamin B12 in tierischen Lebensmitteln gelangt ja überwiegend durch Zufütterung dorthin. Es ist also eine Art indirekte Supplementation. Ob man jetzt also das B12 über den Umweg “Fleisch” zu sich nimmt oder sich zum Beispiel mit einer angereicherten Zahnpasta die Zähne putzt macht aus unserer Sicht keinen großen Unterschied.
Markus: Wie kann der hohe Eiweißbedarf von Leistungssportlern sichergestellt werden, wenn Nahrungsmittel wie Fisch und Fleisch, Milch, Käse und Eier wegfallen?
Katrin und Daniel: Zunächst mal kann man sich ganz grundsätzlich darüber streiten, ob die Aussage “Leistungssportler haben einen besonders hohen Eiweißbedarf” überhaupt so stimmt. Als Sportler isst man ja auch mehr als der “Durchschnittsbürger”, um den höheren Energiebedarf zu decken. Und dadurch nimmt man ganz automatisch auch mehr Eiweiß zu sich.
Ganz unabhängig davon ist es aber gar kein Problem, den Eiweißbedarf mit pflanzlichen Lebensmitteln zu decken. An erster Stelle sind hier natürlich die Hülsenfrüchte wie Linsen, Bohnen, Erbsen usw. zu nennen – alles ganz hervorragende Eiweißlieferanten.
Dann gibt es natürlich die Sojaprodukte wie Sojamilch und -joghurt, Tofu oder Tempeh. Aber auch Nüsse, Vollkorngetreide und die sogenannten Pseudogetreide wie Quinoa, Hirse und Buchweizen enthalten viel Eiweiß.
Dass sich mit pflanzlichen Lebensmitteln sogar der Eiweißbedarf von Spitzen-Kraftsportlern decken lässt, zeigen zum Beispiel der deutsche Strongman-Sportler Patrik Baboumian oder der amerikanische Gewichtheber Kendrick Farris, der gerade erst bei den olympischen Spielen in Rio den elften Platz erreicht hat.
Markus: Ihr empfehlt stets frische, regionale Produkte, dazu viele „Ersatz“-Lebensmittel wie Pflanzenmilch, die meist teurer sind. Kann sich jeder eine vegane Ernährung leisten? Wie ist der preisliche Unterschied zu einer durchschnittlichen Einkaufsweise?
Katrin und Daniel: Jeder kann sich eine vegane Ernährung leisten – die pflanzlichen Grundlebensmittel wie Pasta, Reis, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse gibt es ja schon für kleines Geld in jedem Supermarkt.
Natürlich ist es auch immer eine Frage, was man persönlich in die Ernährung investieren kann und möchte. Das ist aber wieder völlig unabhängig davon, ob man sich vegan ernährt oder nicht – auch als Mischköstler stehe ich ja vor der Entscheidung, ob ich billiges Discounter-Fleisch oder teures Bio-Fleisch aus Weidehaltung kaufe.
Das gilt auch beim Thema Milch: Es macht keinen Sinn, eine Kuhmilch vom Discounter mit einer Mandelmilch aus dem Biomarkt zu vergleichen. Wenn man aber Produkte “auf Augenhöhe” nebeneinander stellt, dann gibt es meistens gar keinen Unterschied mehr. In “unserem” Supermarkt kostet zum Beispiel die Bio-Sojamilch der Eigenmarke sogar etwas weniger als die Bio-Kuhmilch der Hausmarke.
Die Deutschen geben im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich wenig Geld für Lebensmittel aus. Es scheint also auch eine Frage der Prioritäten zu sein. Wir geben heute schon etwas mehr Geld für unsere Ernährung aus als früher. Das liegt aber nicht daran, dass vegan grundsätzlich teurer ist, sondern dass wir heute eher bereit sind, unser Geld in hochwertige Lebensmittel zu investieren.
Markus: Einige Vegetarier (wie Arne Gabius) und Veganer haben Probleme mit ihren Eisenwerten. Wie hält man seine Blutwerte bei fleischloser Ernährung unter Kontrolle?
Katrin und Daniel: Ein niedriger Eisenspiegel ist definitiv kein reines Vegetarierphänomen – auch viele Mischköstler haben häufig niedrige Eisenwerte, insbesondere Frauen vor der Menopause.
Ein eher niedriger Eisenspiegel ist erstmal auch gar kein Problem, so lange es nicht zu Mangelerscheinungen wie Müdigkeit usw. kommt. Wir kennen zum Beispiel die Eisenwerte von Arne Gabius nicht, aber angesichts seiner jüngsten Marathonerfolge kann sich das ja nicht allzu negativ auf seine Leistungsfähigkeit ausgewirkt haben!
Wir selbst lassen etwa einmal pro Jahr einige Blutwerte bestimmen, vor allem Ferritin und Vitamin B12. Katrins Ferritinwert ist recht niedrig, aber interessanterweise dennoch höher als vor unserer veganen Zeit.
Und natürlich ist Eisen auch in pflanzlichen Lebensmitteln reichlich enthalten. Als Veganer nimmt man durchschnittlich sogar deutlich mehr Eisen auf als mit einer Mischkost. Die in Pflanzen enthaltene Form des Eisens (das sogenannte Non-Häm-Eisen) wird jedoch vom Körper nicht so gut verwertet wie das tierische Häm-Eisen, so dass sich das wieder ausgleicht.
Wenn man Probleme mit dem Eisenspiegel hat sollte man also gezielt auf besonders eisenreiche Lebensmittel zurückgreifen und außerdem zwei einfache Regeln beherzigen: Zum einen sollte man Vitamin C zu seinen eisenreichen Mahlzeiten zu sich nehmen, zum Beispiel indem man etwas Zitronensaft hinzufügt. Das Vitamin C steigert die Verwertbarkeit des Eisens aus der Nahrung um ein Vielfaches.
Zum anderen sollte man Kaffee und Tee zeitlich versetzt zu den Mahlzeiten trinken, weil die darin enthaltenen Gerbstoffe die Eisenaufnahme behindern.
Markus: Über Soja hört man oft Negatives: Der Anbau von Sojabohnen sei alles andere als Nachhaltig, Einheimische werden oft krank oder erleiden gar Missbildungen; Phyto-Östrogene beeinflussen den Hormonhaushalt – „darf“ man Soja überhaupt essen?
Katrin und Daniel: Die Diskussion um Soja im Zusammenhang mit veganer Ernährung erübrigt sich, wenn man sich vor Augen führt, dass mehr als 80 Prozent des weltweit angebauten Sojas zu Tierfutter verarbeitet werden. Wenn man Fleisch isst “verbraucht” man somit mehr Soja als ein vegan lebender Mensch, der Sojamilch trinkt und vielleicht zweimal pro Woche Tofu isst.
Hinzu kommt, dass Bio-Lebensmittel kein gentechnisch verändertes Soja enthalten dürfen – und das trifft auf so gut wie alle hierzulande erhältlichen Tofu- und Sojamilch-Sorten zu.
Das Soja für diese Lebensmittel wird außerdem überwiegend innerhalb der EU angebaut. Im Gegensatz dazu landet das Gen-Soja aus Südamerika, für das dort großflächig Regenwald gerodet wird, über Futtermittel-Importe natürlich auch in deutschem Fleisch.
Gesundheitlich haben zahlreiche Studien gezeigt, dass Soja völlig unbedenklich ist, solange man es in Maßen verzehrt. Natürlich sollte eine Ernährung immer abwechslungsreich sein, und jeden Tag 200 Gramm Tofu zu essen und einen Liter Sojamilch zu trinken wäre sicherlich zu viel des Guten. Aber das ist auch bei veganer Ernährung überhaupt nicht nötig!
Markus: Was ist mit Kindern bzw. Jugendlichen? Ab welchem Alter „darf“ sich vegan ernährt werden?
Katrin und Daniel: Die vegane Ernährung liefert alle Nährstoffe, die wir zum Leben brauchen, und deshalb gibt es auch keine Altersbeschränkung dafür. Wir kennen inzwischen schon einige Eltern, die ihre Kinder von Anfang an vegan ernährt haben, und die Kids erfreuen sich alle bester Gesundheit.
Natürlich hat man seinen Kindern gegenüber eine besondere Verantwortung und sollte sich deshalb gut informieren – aber auch das gilt ja völlig unabhängig von der bevorzugten Ernährungsweise.
Markus: Mittlerweile habt Ihr Euch mit Eurem Blog selbständig gemacht, auch das Team beVegt ist entstanden. Habt Ihr manchmal Angst, vegan könnte nur ein Trend sein und einfach wieder verschwinden?
Katrin und Daniel: Nein, diese Angst haben wir nicht. Wir sind natürlich realistisch und wissen, dass sich trotz des anhaltenden Vegan-Booms nicht jeder für dieses Thema öffnen wird.
Aber es wird immer Menschen geben, die ein sportlich-aktives Leben im Einklang mit ihren persönlichen Überzeugungen leben möchten und sich dafür Unterstützung und Inspiration wünschen. Und genau darum geht es bei uns.
Markus: Vielen Dank für Eure Zeit, wer noch weitere Antworten sucht ist auf Eurem Blog sicher herzlich willkommen. Habt Ihr einen abschließenden Tipp oder einen Motivationsanstoß?
Katrin und Daniel: Wir haben zu danken! Und klar fällt uns da etwas ein: Bleib immer neugierig und sei offen für Neues, wenn du dich als Mensch und als Sportler weiterentwickeln möchtest!
Gelungenes Interview, Markus.
Da die Zwei wohl keine Eigenwerbung machen wollten: Ich empfehle auch den Podcast. Viele der angesprochenen Themen werden hier ausführlich besprochen. Auch für Nicht-Veganer wie mich interessant
Danke!
Ich persönlich bin mehr für das Visuelle, aber reinhören sollte man ganz sicher mal.