Der Frankfurter Halbmarathon – vom Winde verweht

Frankfurter Halbmarathon 2016Warum tue ich mir das überhaupt an? Mich mit so viel Energie und Aufwand auf „nur“ einen Halbmarathon vorzubereiten wie für einen ambitionierten Marathon? Warum reichen mir nicht die klasse 1:11:18 h aus dem Vorjahr? Nun, zum einen gibt es da diesen Traum: den Halbmarathon unter 70 Minuten zu schaffen. Dafür fehlt – vermeintlich – nicht viel. Realistisch scheint außerdem eine weitere Marke in Reichweite: um in die ewige hessische Bestenliste zu laufen, muss ich unter 1h10’47 bleiben. Motivation also genug, um über den Winter Kilometer zu sammeln und Intervalle wie Tempodauerläufe auf hohem Niveau zu absolvieren. Alles mit einem Ziel: einen (für mich) richtig schnellen Frankfurter Halbmarathon am 13.03.2016!

Und das Training lief gut: natürlich mit einigen Hochs und Tiefs, aber wieder ohne Verletzung und Krankheit. Der letzte Formtest knapp zwei Wochen vor dem Rennen war vielversprechend: 53:00 Minuten auf meiner 15-km-Runde, zehn Sekunden schneller als vor Berlin.

Die Vorbereitung
Dennoch war das Gefühl in der Taperingphase in gewisser Weise komisch. Obwohl sich ja nur noch ausgeruht wurde, kribbelten die Beine tagsüber, als hätte ich am Vortag ein richtig intensives Tempotraining absolviert. Ich hoffte einfach, dass dies die Superkompensation wäre, und ich durch die Pause immer schneller würde. Eine gewisse Anspannung, ein „Sichverrrücktmachen“, muss ja auch da sein, wenn das Rennen ernst genommen wird. Ein gutes Zeichen also! Außerdem konnte ich jetzt sowieso nichts mehr ändern, bei jedem sportlichen Vorhaben muss man akzeptieren, dass es Faktoren wie das Wetter gibt, die man nicht beeinflussen kann.

Das zumindest spielte aber mit, und wie: idealere Bedingungen hätte man sich nicht wünschen können! Trockene Straßen und Temperaturen zwischen 5 und 10°C, mit Bewölkung. Die gefühlte Temperatur wird sogar als noch niedriger angegeben – für mich perfekt. Mit einem guten Gefühl geht es also am frühen Sonntagmorgen, nach dem kurzen Auftakt zum Spannungsaufbau und zwei selbstgebackenen Dinkelbrötchen mit Honig, Richtung Frankfurt, zum ehemaligen Waldstadion.

Frankfurter Halbmarathon 2016_3Die Renntaktik für heute habe ich an der Strecke orientiert: Es geht zunächst durch Niederrad an den Main und dort bis zur 10-km-Marke entlang. Ohne Gegenwind sollte es sich hier gut laufen lassen, also locker bleiben und dabei möglichst schnell laufen. Im Idealfall Richtung 33:10 min. Nach weiteren zwei Kilometern folgt die Steigung, auf dem dritten 5-km-Abschnitt geht es 25 Meter hinauf. Hier heißt es, so wenig Zeit wie möglich zu verlieren. Nach dem Wendepunkt auf der Isenburger Schneise wird dann der Endspurt eingeleitet, über die Brücke bei km 19 will ich mit möglichst viel Druck um dann die letzten Reserven zu mobilisieren. Beim Zieleinlauf soll dann gejubelt werden!

Der Wettkampftag
Es wundert uns etwas, wie lange es dauert, bis es voll wird. Weder auf dem Parkplatz, noch beim Abholen der Startnummern ist sonderlich viel los. Dabei werden immerhin 5000 Teilnehmer erwartet, eine beachtliche Zahl. Nach ein paar Plaudereien geht es zum Einlaufen. Die Beine fühlen sich eigentlich recht gut an.

Trotz der vielen Teilnehmer ist der Start wegen des separaten Starts des recht übersichtlichen Elitefeldes in Frankfurt sehr entspannt. Kein Gedrängel, kein nötiges frühzeitiges Einsortieren. Eigentlich – neben den persönlichen Anfeuerungsmöglichkeiten – der Hauptgrund, hier zu laufen. In Berlin war das alles andere als ideal. Kurz noch die Mitläufer begrüßen, hier kenne ich fast alle, dann kann es losgehen:
PENG! Und ab die Post.

Das Rennen
Von Beginn an geht es relativ gemütlich los. Zunächst bin ich in der Spitzengruppe, und 3’14 für den ersten Kilometer fühlen sich locker an. Nach der ersten Linkskurve wird dann das erste Mal angezogen – ich will nicht überziehen und lasse die anderen laufen. Im Nachhinein ein Fehler? Wer weiß. Beim zweiten Kilometer (6’30 für mich) habe ich auf die Spitzengruppe, die sich kurz danach zerlegt (Tilahun und der spätere Sieger setzen sich ab), 7 Sekunden Rückstand, sodass ich dann, nach der Rechtskurve, die nach Niederrad führt, völlig auf mich allein gestellt bin.

Und der Wind bläst heftig. Innerhalb von zwei Kilometern verliere ich schon zwanzig Sekunden und bin nach 16’47 bei Kilometer fünf. Irgendwie ein Knacks. Bei km 7 werde ich von Scott McArthur eingeholt und kann mich kurz dranhängen, muss ihn aber auch bald wieder ziehen lassen. Schon kommen die schlechten Gedanken auf, aber ich laufe weiter. 3’30/km geht immer, ich versuche einfach, so entspannt wie möglich zu bleiben und mit gutem Stil das ganze so schnell wie möglich hinter mich zu bringen. Kurz vor km 10 stehen meine Eltern, immer wieder tauchen Bekannte auf und auf der Isenburger Schneise werden meine Schwiegereltern, Schwager, Schwägerin und Nichte sein. Also weiter, immer weiter, auch wenn die zweiten fünf Kilometer nur in 17:34 min waren.

Frankfurter Halbmarathon 2016_2Vom Main weg ist endlich etwas Schutz vor dem Wind. Wie angenehm. Weniger angenehm hingegen ist das Seitenstechen, das immer wieder aufkommt. Ist wohl wirklich nicht mein Tag heute. Bei km 12 holt mich dann Mark Scheuring ein, mit dem ich schon öfter bei Wettkämpfen unterwegs war. Nach einem weiteren Kilometer entsteht zwar wieder eine Lücke, die aber nicht größer wird. Und dann, nach 17’38 für den dritten Abschnitt, ist endlich der Wendepunkt erreicht. Von hier ab lässt es sich gut laufen – muss es sich gut laufen. Immer weiter, immer locker bleiben.
Jetzt will ich, auch wenn ich mit der Zeit unzufrieden sein werde, immerhin noch Kreismeister werden. Denn die Meisterschaften sind jedes Jahr in den Frankfurter Halbmarathon integriert. In der Dreiergruppe, die mich verfolgt, was sich bei einem Wendepunkt ja immer gut sehen lässt, laufen Hermann und Thorsten. Und Hermann hat ein starkes Finish. Also nicht näher kommen lassen.

Dann kommt Kilometer 20 in Sicht. 17’30 für die letzten Fünf, ich werde mich nicht geschlagen geben! Noch einmal ums Stadion herum, dann ist es geschafft. 1h13’27 sind nicht gerade berauschend, aber für den Rennverlauf wohl doch irgendwie OK.

Fazit
Man könnte über den Wind und die Zeit maulen. Man kann sich aber auch über den Kreismeistertitel freuen. Weil ich weiß, dass es manchmal eben so Tage gibt, an denen es nicht klappen will, wähle ich einfach die zweite Option. Es werden wieder Rennen kommen, die mehr Spaß machen. Laufen hilft!
Für Svenja lief es heute auch nicht optimal, gefeiert wird aber trotzdem: heute ist immerhin der 13.03. – unser 13.03., zum sechsten Mal.

5 Kommentare

  1. Ich finde auch, dass Du die zweite Option wählen solltest. Unter diesen windigen Bedingungen war der Lauf sicher nicht einfach. Gut gekämpft und Glückwunsch zum Kreismeistertitel!

    1. Danke! Den Wind einmal außen vor gelassen muss man eben ab und zu einsehen, dass die Tagesform nicht immer passen kann. Dafür ist der „Hunger“ auf die nächsten Wettkämpfe jetzt größer!

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