Auf diesen Moment hatte ich mich schon die ganze Woche gefreut: nach dem Aufwärmen durfte ich endlich die neuen Schuhe unter die Füße binden. Was ein Gefühl! Das konnte schnell werden. Wobei – ich komme aus dem Marathontraining, konnte ich denn überhaupt schnell laufen? Aber je größer die Aufregung, desto mehr ist möglich. Auch gestern schon meinte ja Meister Eliud, das Härteste am Rennen seien die vier Stunden vor dem Start gewesen. Er machte den Anfang dieses schnellen Wochenendes.
Überhaupt war es ein Wochenende der Rekorde: erst der Marathon unter zwei Stunden, der Marathonweltrekord am Sonntagnachmittag, der fast als noch „krasser“ einzustufen ist als Kipchoges Meisterwerk, am Samstagabend das Triathlonspektakel, am Sonntagmorgen der Mainuferlauf – aber für mich war noch bewegender, dass am Samstagnachmittag unsere Nichte auf die Welt kam. Mein Rennen war heute für dich, kleine Carla!
Also ab geht’s! 10 km sind ja einfach. Vollgas los und sehen, was passiert. Nicht wie im Marathon, wenn man ewig geduldig sein muss und dann das Kämpfen anfängt.
Einfach Vollgas!
Mein Trainer Axel, der mich bei dieser Vorbereitung begleitet, meinte vorher, dass sich das Tempo „ziemlich schnell“ anfühlen könnte. Immerhin geht es doch deutlich schneller zur Sache als beim Fokusrennen in zwei Wochen. Das mache aber nichts, ich solle mächtig aufs Gaspedal drücken.
Ich hatte die Hoffnung, wieder in einer Gruppe laufen zu können. Im letzten Jahr hätte es besser nicht sein können. Einen möglichen Begleiter, bei dem ich mich gerne reinhängen würde, hatte ich auch schon ausgemacht. Sebastian Bienert war mir in diesem Jahr schon einige Male enteilt und wollte gerne unter 33 Minuten laufen. Allerdings war er erst vor vier Wochen wieder ins volle Training eingestiegen. Wir würden sehen. Und vielleicht lief ja noch jemand anderes mit.
Der Mainuferlauf 2019
Mit dem Startschuss ging er direkt los, der Sprint. Möglichst schnell ging es dann natürlich darum, bei hoher Geschwindigkeit zu entspannen. Quasi von Beginn an war auch Sebastian an meiner Seite, sonst schien aber niemand mitlaufen zu wollen. Zunächst hörte ich noch laute Schritte hinter uns, die sich bald aber verabschiedeten. Auch ok, zu zweit läuft einem wenigstens niemand in die Hacken.
Ich fühlte mich gut. Von Beginn an war ließ sich das Tempo sehr locker laufen. Wirklich sehr lockerst locker. Mehr Druck wollte ich aber nicht gleich am Anfang geben, immerhin war Sebastian nur neben mir. Die erste Kilometermarkierung passierten wir nach 3’13, mehr Gas mussten wir also auch nicht geben. Auch in der Folge lief Sebastian aber nicht vor. Am kleinen Anstieg auf den Damm hinauf war ich immer noch vorne, dann ließ ich ihn schließlich vorbei und hängte mich rein.
Die ersten beiden Kilometer waren nach 6’28 passiert. Wann war ich zuletzt einen solchen 2000er dermaßen locker gelaufen? Die Muskelspannung war weiterhin so gut, dass ich ständig Gefahr lief, ihm in die Hacken zu treten, weshalb ich mich eher leicht versetzt hielt. Und dann, in der nächsten Kurve, war ich schon wieder vorne. Wenn man sich abwechselt, ist es natürlich gut, aber ich schien heute derjenige mit deutlich mehr Druck in den Beinen zu sein. Ich hörte schon heftigeres Atmen.
Immer mehr Gas
Irgendwie rechnete ich heute auch anders als sonst. Nicht den bisherigen Schnitt (die ersten vier Kilometer stoppte ich mit 13’08) hoch zur erwarteten Endzeit, sondern vom 3’20er Schnitt nach unten. Zwölf Sekunden hatten wir schon gut gemacht, neun fehlten also noch.
Die nächsten Kurven machten dann richtig Spaß. Man fühlt sich so wunderbar schnell, obwohl ich noch etwas Vorsicht walten ließ. Die Wege waren von gestern Abend bzw. vom Morgennebel noch feucht, ansonsten herrschten perfekte Bedingungen. Wie im letzten Jahr gab es beim Mainuferlauf wieder wunderbare Herbstsonne. Und für den Halbmarathon wurde es im Anschluss dann fast schon zu warm.
Kurz darauf war dann leider klar, dass ich auf mich allein gestellt war. Ich spürte die Lücke hinter mir körperlich. Also alleine weiter. Die 5 km nahm ich in 16’28 mit, dann hieß es Konzentration auf den Fußabdruck, mit möglichst maximaler Lockerheit. 5 km schienen nicht mehr weit, können aber lang werden. Würde ich das Tempo halten können?
Ich konnte. Für den sechsten Kilometer zeigte mir die Uhr 3’16, danach wieder etwas langsamer. Immer dem Führungsradfahrer hinterher, dessen Scheibenbremsen quietschten und mich fast schon nervten. Auch eine Fliege flog mir ins Auge. Aber solange einen solche Dinge stören ist noch einiges an Saft im Tank. Unter 33 Minuten musste doch zu schaffen sein!
An den ein oder anderen Jogger konnte ich mich noch heransaugen, dann ging es schließlich auf den letzten Kilometer. 13’11 für die letzten Vier. Mit einem 3’20er Kilometer würde es genau 33:00, mit 3’12 eine egalisierte persönliche Bestzeit. Ich versuchte, nochmal zuzulegen, aber einen Endspurt wie im letzten Jahr bekam ich ohne Konkurrenz nicht mehr hin. Immerhin 3’15 für den letzten Kilometer. Ich sah 32’55 auf der Zieluhr, ausgegeben wurden am Ende 32’57. Sub33! Nach 2012 und 2015 erst zum dritten Mal auf einer offiziell vermessenen Strecke. Und dann noch im Alleingang. Die Form ist gut!
Vielleicht wäre es noch einen Hauch schneller gegangen, wenn es eine Gruppe gegeben hätte. Dann wäre ich seit langem mal wieder eine persönliche Bestzeit gelaufen. Auch so gibt es aber nun wirklich keinen Grund zu klagen, hinzu kommen die wiederholten Siege beim Lauf sowie beim Mainlaufcup. Und die noch wichtigere Bestzeit fällt dann in zwei Wochen!
Der Überblick
Datum: So, 13. Oktober 2019
Ort: Offenbach, Deutschland
Wettkampf: Mainuferlauf
Distanz: 10 km
Zeit: 32:57 min
Platz: 1.
Crew: Svenja
Schuhe: Nike Vaporfly Next%
Ernährung: 1 Koffein-Gel direkt vor dem Start
Fotos: Svenja
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