Ich weiß nicht, ob ihr es schon gemerkt habt, aber der September ist bereits zur Hälfte rum. Meine Morgenrunde muss ich schon komplett im Dunkeln laufen und auch abends geht die Sonne schon viel früher unter. Mitte September heißt abgesehen von den kürzer werdenden Tagen aber vor allem zweierlei: zum einen ist der Frankfurt Marathon nicht mehr weit, zum anderen findet in Neu-Isenburg der Hugenottenlauf statt.
Dieses Zweierlei will ich miteinander verbinden. Der heutige Lauf ist der Abschluss des zweiten Trainingsblocks – die nächste Woche wird also vergleichsweise sehr ruhig – bei dem in Form eines ordentlichen Tempodauerlaufs nochmal ein guter Reiz gesetzt werden soll. Während es im letzten Jahr, beim 40-jährigen Jubiläum des Rennens, von Anfang an nicht laufen wollte und ich lieber von früheren Erinnerungen erzählte als von der Schlepperei durch den Wald zwischen Neu-Isenburg, der B44 und Sprendlingen, wollte ich mir heute einmal mehr beweisen, dass ich in Richtung Frankfurt Marathon auf einem sehr guten Weg bin. Die Trainingsergebnisse und das Laufgefühl der letzten Wochen ist vielversprechend.
Auch Svenja hatte am Fleesensee sehr gut trainiert. In dieser Woche musste sie allerdings wegen einer Erkältung pausieren, die 10 km würden zeigen, ob die Krankheit voll ausgestanden war und ob die Pause für erholte oder müde Beine gesorgt hatte. Ich würde im Halbmarathon antreten.
Ein Sonntagmorgen im Herbst
Um neun Uhr würde mein Start erfolgen, Svenja hat 25 Minuten mehr Zeit. So machten wir uns am Sonntagmorgen gegen halb acht auf in Richtung Wettkampfstätte – es ist nur ein Katzensprung bis nach Neu-Isenburg. Und die Wege sind bekannt.
Vor Ort erst zur Startnummernausgabe, dann schon bald zum Warmlaufen – es hat gerade einmal 10 °C. Aber immerhin regnet es nicht und zum Laufen sind die Bedingungen ideal. Überall sind natürlich bekannte Gesichter. Bei all dem Hallo und kurzen Geplauder wie die Marathonvorbereitungen so gehen vergeht die Zeit wie im Flug. Unter anderem treffe ich auch Hafid (den ich noch von früher unter Hassan kenne), der in Richtung 1h15 laufen will. Wenn es gut geht, würde ich gerne 1h16 laufen, vielleicht können wir ja ein Stück zusammen absolvieren. Schauen wir mal!
Einlaufen und dann ist es schon Zeit, das Gel einzustecken und die Startnummer am Trikot zu befestigen. Es kann losgehen, ich bin bereit: der Wettkampfmodus ist an!
Das Rennen
Die Splits von 18’08 – 18’04 – 17’45 – 17’35 (und 3’48) sagen eigentlich schon alles: es war toll, ich war stark, ich hatte Spaß und vor allem: ich bin fit! Schon nach dem ersten Kilometer dachte ich mir, dass die Form gut ist, wenn ich nach bereits 127 Wochenkilometern ganz locker mit 3’29 anlaufe.
Hafid war da schon vorne weg. 3’19 für den ersten Kilometer waren mir zu schnell, und viel langsamer wurde er auch nicht mehr, sodass sich sein Vorsprung immer weiter vergrößerte. Aber ihm gönnte ich den Sieg von Herzen – wollen wir hoffen, dass er weiter gut trainieren kann.
Auch ich war zunächst alleine, hörte aber schon bald Schritte hinter mir, die mich in meinem Rücken 14 Kilometer lang begleiten würden. Zunächst aber ging es aus Neu-Isenburg hinaus und in den Wald hinein.
Schnell ist die Strecke ja nicht: eine Kurve folgt auf die nächste, Asphalt ist Mangelware, es wechseln viel Schotter, Steinwege und manchmal auch Gras. Aber das Gefühl ist gut. Nach etwa 18 Minuten wollte ich bei fünf Kilometern sein, 18’08 gehen in Ordnung, langsamer darf es aber nicht werden. Es folgen Abschnitte, da hätte ich mich ohne die Schritte im Rücken sehr einsam gefühlt. Zum Glück ist die Strecke sehr gut markiert, verlaufen war nicht möglich.
Die zweiten fünf Kilometer waren dann sogar – wenn auch nur wenig – schneller als die ersten fünf. Ein sehr gutes Zeichen! Und ich fühlte mich stark. Nur die Schritte hinter mir wurden einfach nicht leiser. Bei Kilometer zwölf entschied ich mich dann für das Gel, das ich dabei hatte. Zum einen, um die Aufnahme desselben unter Marathongeschwindigkeit zu üben, zum anderen, dass mir hintenraus ja nicht die Energie ausgehe.
Kurz danach schon zweifelte ich an der Richtigkeit meiner Entscheidung: nach Abreißen des Verschlusses war die Packung immer noch zu. Für Abhilfe sorgten zwar die Zähne, das aber brachte mich außer Atem. Dadurch hatte ich doch hoffentlich nicht meinen guten Rhythmus verloren? Es reichte zumindest, dass Karl (jetzt wusste ich, mit wem ich es zu tun hatte: Karl hatte mich in Hausen ein- und überholt) auflief und wir Schulter an Schulter liefen. Dieses Mal war ich aber fitter und würde mehr Gegenwehr liefern! Unser Duell sorgte für einen noch schnelleren dritten Abschnitt und eine 15-km-Zeit unter 54 Minuten. Geht doch!
So liefen wir also bis km 16 nebeneinander. Karl schnaufte und ich schnaufte, wobei mir sein Atem lauter vorkam. Dann kamen wir auf die 10er Strecke und das Chaos begann: in Schlangenlinien mussten wir durch die teilweise zu dritt nebeneinander laufenden Läuferinnen und Läufer.
Schon gleich zu Beginn der Überholvorgänge stellte ich mich etwas geschickter an und war wieder vorne. Karl ahnte ich jetzt nur noch hinter mir, im dichten Feld konnte ich die Schritte natürlich nicht mehr voneinander unterscheiden.
Aber es lief weiter gut. Immer öfter hatte ich das Gefühl, dass es bergab geht. Und dann, nach diesmal nur 17’35 min war Kilometer 20 erreicht und Karl nicht mehr direkt hinter mir. Na das würde ich mir auch nicht mehr nehmen lassen! Noch einmal mitten durch den Schlamm und dann hinein ins Stadion. Die Zeit auf der Uhr war sehr gut, 1h16 überhaupt kein Problem.
1:15:23 wurden schließlich offiziell für mich gestoppt. Lächelnd und mit geballter Faust musste ich nicht lange auf Karl warten, dem unser Duell auch Spaß gemacht hatte – Revanche gegen einen fairen Sportsmann geglückt!
Svenjas Rennen
Nach kurzem Einlaufen ging es für Svenja ca. 10 Minuten vor dem Start in den Startblock. Dann wurde recht locker losgelaufen, um einfach mal zu sehen, wie es heute werden würde. Das Ziel war es, möglichst alle Kilometer unter fünf Minuten zu laufen.
Schon nach 2,5 km war es dann schon recht anstrengend – kann das durchgehalten werden? Aber sie konnte eine Gruppe finden und schon war die Hälfte der Strecke geschafft. Etwa bei Kilometer 6 gab es dann einen kleinen Hänger, der aber bald wieder überstanden war: es lief. Heute ganz ohne Seitenstechen oder Einbruch.
Also los, Svenja! Von der Denkweise her zählte dann jeder Platz für den Mainlaufcup. Am Ende blieb die Uhr nach 47’57 stehen. Unter 48 Minuten ist ein schönes Zeichen, insbesondere nach einer Erkältungswoche. Keine drei Minuten später war dann schon Markus im Ziel, sodass wir uns gemeinsam über einen gelungenen Lauf freuen konnten.
Zum Schluss
Zu Zweit liefen wir dann noch einmal um das Stadion aus und genossen das gute Gefühl, wenn einfach einmal alles richtig gut läuft. Nach einer wohlverdienten warmen Dusche gab es dann auf der Siegerehrung noch ein Stück leckeren Kuchen und einen schönen Pokal. Oder wie Svenja den Tag perfekt resümierte: „Wir sind auf einem guten Weg!“
Der Überblick
Datum: So, 17. September 2017
Ort: Neu-Isenburg, Deutschland
Wettkampf: Hugenottenlauf
Distanz: 21,1 km
Zeit: 1:15:23 h
Platz: 2.
Crew: Svenja
Schuhe: Nike Lunarracer
Ernährung: 1 Gel bei km 12-15
Fotos: Svenja und Reinhold