Es gibt sie, diese Läufer unter uns, die eine Viertelstunde vor dem Start an der Wettkampfstätte auftauchen, nur kurz die Startnummer holen, sich diese an die Brust pinnen und sich dann an die Startlinie stellen. Völlig kalt, ohne Aufwärmen in jeglicher Form. Das kann doch gar nichts werden. Nichts schnelles zumindest!
Im Sommer heißt es zur Begründung manchmal, man sei ja schon warm, im Winter dagegen häufiger, man wolle keine Energie vor dem Wettkampf verschwenden. Beides ist falsch, denn zum einen geht es um den kompletten Bewegungsapparat, der aufgewärmt werden muss, sowie um Atmung, Puls und Stoffwechsel. Auch spart man durch das Weglassen des Aufwärmens keine Energie, weil nur ein gut geschmierter Organismus rund läuft.
Worum geht es also?
Aufwärmen ist kein lästiges Vorgeplänkel vor dem Training oder Wettkampf, sondern essentiell wichtig! Allein schon, weil es wach macht und man sich auf das Kommende nicht nur physisch, sondern insbesondere auch psychisch vorbereitet.
Mit dem Warmlaufen öffnen sich die Blutgefässe, damit der Gesamtgefässwiderstand absinkt und das Herz leichter schlagen kann. Die Atemfrequenz steigt, die Muskeln werden durchblutet. Wäre der Körper bei schnellerem Tempo nicht darauf vorbereitet, den benötigten Sauerstoff schnell genug durchs Blut an die Arbeitsmuskulatur zu transportieren, gerieten wir frühzeitig in eine Sauerstoffschuld, womit die Energiebereitstellung früh auf Abwege geriete. Mit warmen Muskeln ist außerdem die Verletzungsgefahr deutlich geringer.
So können sich die Körpersysteme nach und nach auf die bevorstehende Belastung einstellen. Nicht nur Herz-Kreislauf-System und die Muskeln, sondern auch die Sehnen, Bänder und vor allem der Stoffwechsel. Viel besser als ein Kaltstart ist es doch, wenn alle Systeme schon rund laufen.
Mit Schwunggymnastik, Lauf-ABC und Steigerungen wird dann die Koordination gefestigt, sodass die Nervenimpulse schneller weitergeleitet werden können, sowie der Bewegungsradius erweitert, sodass die Knie flüssig gehoben werden können, die Hüfte locker ist und die Fersen weit nach hinten kommen, sodass ein langer und dynamischer Schritt möglich wird. Auch die Muskelspannung kann jetzt noch feinjustiert werden. Schließlich ist die Geschmeidigkeit da und der Schritt rund – jetzt kann das schnelle Laufen kommen!
Das Aufwärmen ist also keinesfalls ein Energieverschwenden – vielmehr das Gegenteil ist der Fall!
Aufwärmen: wie, wann und wie lang?
Nun braucht es natürlich nicht immer einen riesigen Aufwand, wenn man nur laufen gehen will. Grundsätzlich gilt, dass je schneller man laufen möchte, desto ausgiebiger das Aufwärmen notwendig ist. Bei einem Dauerlauf läuft man einfach vorsichtig los, vor einem Tempodauerlauf reichen einige Minuten langsames Traben. Bei Intervallen aber lohnt sich die Mühe.
Je kürzer der Wettkampf, desto intensiver das Aufwärmen!
Mein vollständiges Aufwärmprogramm vor einem Wettkampf besteht derzeit aus:
- 15-25′ Einlaufen
- Schwunggymnastik
- Lauf-ABC
- Steigerungen
Erst danach, in der letzten Viertelstunde vor dem Start, wird die wärmere Kleidung abgelegt und in den Wettkampfdress gewechselt. Auch werden jetzt erst die schwereren Dauerlauf- durch die leichten Rennschuhe ersetzt, was ein unbeschreibliches Gefühl der Leichtigkeit gibt. Bis zum Start kann dann noch leicht getrabt oder auch eine Steigerung eingebaut werden. Je nach Tagesbefinden. Jetzt gilt die ganze Konzentration der bevorstehenden Aufgabe: schnell laufen!
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