Ah Pfungstadt, schrieb ich einst, wie schön ist es, dich wiederzusehen! Gemeint ist natürlich der Sportplatz mit der schönen roten Tartanbahn, die erst vor wenigen Jahren erneuert wurde. In der Tat werden, wenn ich das Stadion betrete, viele Erinnerungen wach, olfaktorisch unterstützt vom dazugehörigen Grill und (manchmal) frisch gemähtem Gras, das in der Sommersonne trocknet.
Unzählige Male war ich schon hier, und bin beim Abendsportfest bereits über sämtliche angebotene Distanzen gestartet. Einige persönliche Bestzeiten stehen auch immer noch, wie über 100 m, 400 m, 1500 m sowie über 3000 m – letzteres ein Rennen, das mir immer noch lebhaft in Erinnerung ist. Und nicht nur zum Abendsportfest waren wir hier, auch mehrmals schon zum Crosslauf – Pfungstadt ist definitiv immer einen Ausflug wert!
Das liegt vor allem an der Atmosphäre. Weil es hier lediglich um die Zeiten und nicht um die Platzierung geht, wechselt man sich gerne bei der Tempoarbeit ab und findet umgekehrt auch meistens Unterstützung. Die Rennen werden auch rein nach den Meldezeiten gesetzt, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Über viele Jahre haben sich die Pfungstädter Leichtathleten so einen sehr guten Ruf erarbeitet: die Abendsportfeste sind gut organisiert, es gibt dichte Felder für Jedermann, die Bahn ist schnell und sauber. Und natürlich hat man hier jede Menge Erfahrung.
Denn Jahr für Jahr werden über den Sommer verteilt fünf Abendsportfeste ausgetragen. Normalerweise immer am ersten Mittwoch im Monat, wobei man zuletzt auch andere (Sonder)Formate wie beispielsweise eine Läufer- oder Speerwurfgala ausgerichtet hat, wodurch dann von der altbekannten terminlichen Regel abgewichen wurde. So auch heute – ich hatte zunächst eigentlich mit dem Mittwoch in der ersten Juliwoche geplant.
Was können die Beine noch?
Grund für den Mittelstreckenstart ist vor allem der Spaß am, im Vergleich zum Marathontraining, völlig konträren Bahntraining und der einfach ganz anderen Belastung. Da kann man einfach einmal loslaufen, was die Beine hergeben. Gerade wenn das Wetter warm und sonnig ist und man vielleicht sogar noch Mitstreiter hat, macht das so richtig Laune!
Ein anderer Grund für den Start über die mittlerweile ungewohnt kurze Distanz ist die Frage, was die Beine überhaupt noch können. Stark im Sprint war ich sowieso nie und durch das Marathontraining ist zwar die Grundlagenausdauer immer besser geworden, die Spritzigkeit dafür aber weiter verloren gegangen. Was ist also noch möglich über eine Mittelstrecke, auf der einst (2009/2010) mein Fokus lag? Schneller als ein 3er Schnitt – also unter 4’30 – hörte sich nach einem realistischen Ziel an.
Dafür hieß es im Vorfeld erst einmal wieder die richtigen Spikes einzuschrauben. Die Schnürsenkel der schnellen Schuhe mit den Nägeln in der Sohle hatte ich in den letzten Jahren nur für Crossläufe geschnürt. Die längeren Dornen ließen sich aber noch gegen die für die Tartanbahn üblichen 6 mm langen Nägel ersetzen und so konnte es entsprechend gerüstet am Mittwochabend gen Süden gehen.
Stars hautnah in Pfungstadt
Vor Ort war es ausgesprochen voll: sämtliche Parkplätze schienen belegt. Da wollten wohl einige das gute Wetter ausnutzen. Das nämlich war wie bestellt für ein Abendsportfest: warm, aber nicht heiß, nur ab und zu vereinzelte Regentropfen und vor allem kein Wind.
Zuerst einmal ging es zur Anmeldung, was die Abendsportfeste in Pfungstadt mit auszeichnet: einfach und unkompliziert. Meldekarte ausfüllen, mit 5 € abgeben und die Startnummer mitnehmen. Fertig. Es blieb etwas Zeit, um die Atmosphäre aufzusaugen. Gerade wurden die Zeitläufe über 800 m vor der vollen Tribüne ausgetragen. Dann ging es Einlaufen: einmal ums Stadion herum, außerdem noch etwas am Fluss entlang.
Zurück im Stadion dann Laufübungen auf dem Nebenplatz mit so vielen anderen. Was bei Bahnwettkämpfen ganz normal ist fehlt mir manchmal bei den Volksläufen. Je schneller man laufen will, desto besser muss man sich eben aufwärmen.
Mit unter uns Hobbyathleten waren dabei die Stars der Szene. Marc Reuther, Diana und Elina Sujew, Nada Ida Pauer (selbst richtig schnelle 5000-m-Läuferin und Freundin von Richard Ringer, der leider nicht mit vor Ort war), Martin Grau, Sebastian Keiner, Marvin Heinrich, Timo Göhler. Wahrscheinlich habe ich peinlicherweise sogar noch jemanden vergessen. Manche waren als Tempomacher dabei, andere in den Eliteläufen, um die EM-Norm anzugreifen.
Mit den absoluten Raketen am gemeinsamen Start
Das gibt es nur in der Leichtathletik! Mit den absoluten Raketen am gemeinsamen Start stehen, high fives im Ziel und auf der Tribüne oder beim Auslaufen vielleicht sogar noch das ein oder andere Wort wechseln. Und ein gemeinsames Foto ist eigentlich nie ein Problem.
Dreidreiviertel Runden
Zunächst aber konnte es losgehen. 1500 m! Dreidreiviertel Runden knöfeln was das Zeug hält. Wobei – irgendwie noch nicht so richtig. Untypischerweise fehlten die Startlisten, wodurch noch niemand wusste, wie die Läufe eingeteilt waren und wann man folglich loslaufen durfte.
Am Start hatte sich schon ein riesiges Starterfeld eingefunden. Überall tippelte es nervös, um die Beine warm- und die Spannung hochzuhalten. Dann aber kamen die Listen angesprintet. Ich war im zweiten von vier Zeitläufen. Und damit hatte ich richtig Glück, denn zum einen hatte ich genau die richtigen Mitläufer/innen, zum anderen hieß es nicht allzu lange warten. Während wir (im Zeitplan war 20:10 Uhr angesetzt) um 20:32 Uhr auf die Strecke geschickt wurden, wurde der vierte Zeitlauf erst um 20:58 Uhr gestartet.
Im zweiten Lauf mit dabei: Elina Sujew, Nada Ina Pauer und … Timo Göhler! Letzterer als Tempomacher für Freundin Katja Fischer. Dort hieß es also mitzuhalten, wobei etwa 2’55 als 1000-m-Durchgangszeit geplant waren.
Auf den ersten 100 m hieß es erst einmal freiboxen, dann einsortieren. Bei mir war es kein Spurt wie früher, weil ich nicht gleich zu Beginn völlig übersäuern wollte. Es musste flüssig bleiben! So fand ich mich auf der achten Position ein, hinter Katja und einer anderen laufend. Die Zwischenzeiten auf der Zieluhr hatte ich mir vorher ausgerechnet (54‘‘ – 2’06 – 3’18 – 4‘30), im Rennen schenkte ich der dann aber keinerlei Beachtung. Alles ging nur nach Gefühl.
Und dieses Gefühl sagte mir, als nach guten 600 gelaufenen Metern die Lücke vor Katja aufging, dass ich dringend etwas tun musste. Zunächst überholte ich also die vor mir Laufende und setzte mich direkt dahinter, auf der Gegengeraden ging ich dann vorbei, auch wenn ich dafür schon mehr investieren musste, als mir lieb war. Die 1000 m waren dann nach knappen drei Minuten passiert, die Lücke nach vorne wurde zwar etwas kleiner, schließen konnte ich sie aber nicht mehr. Die Schlussrunde geht aber doch trotzdem immer, oder? Also noch einmal beschleunigen, an Timo vorbei, der sich auf der zweiten Bahn zurückfallen ließ, die Gegengerade ein letztes Mal hinunter und dann zum Schlussspurt ansetzen.
Schon war die Show wieder vorbei. Ich hatte die Uhr früher gestartet und nur mitlaufen lassen, war mir aber relativ sicher, die 4’30 geknackt zu haben. Und tatsächlich: die später ausgehängte Ergebnisliste würde 4:28,78 min verkünden. Ein 3er Schnitt geht also noch.
Vor allem: ich hatte meinen Spaß. Dadurch, das von vornherein klar war, dass die alte Bestzeit jenseits der aktuellen Möglichkeiten liegt, war das Rennen frei von jeglichen Erwartungen. Einfach so schnell wie möglich, zum Spaß am schnellen Rennen.
Um den Abend perfekt zu machen bekamen wir dann in den noch folgenden Eliterennen Spitzensport hautnah zu sehen. Anfeuernderweise standen wir so bis spät in die Nacht auf dem Pfungstädter Sportplatz. Genau dafür liebe ich unseren Sport. Danke Pfungstadt, es hat sich mal wieder gelohnt!
Der Überblick
Datum: Mi, 11. Juli 2018
Ort: Pfungstadt, Deutschland
Wettkampf: Abendsportfest
Distanz: 1500 m
Zeit: 4:28,78 min
Platz: 5./II
Schuhe: adidas Spikes
Ernährung: –
Fotos: Svenja
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