Proteine_Eiweiß_pflanzlich-Kichererbsen

Tierische und pflanzliche Proteine: Aufnahme und Verwertung

Zunächst einmal: Eiweiße und Proteine sind dasselbe. Es gibt keinen Unterschied. Protein ist der korrekte wissenschaftliche Ausdruck, Eiweiß entstand im deutschen Sprachgebrauch, weil das Makromolekül zuerst im Eiklar des Hühnereis nachgewiesen wurde. Danach wurden die entsprechenden Strukturen weiterhin als Eiweiße bezeichnet, auch wenn sie beispielsweise in Hülsenfrüchten oder Fleisch nachgewiesen wurden. Es handelt sich um aus Aminosäuren aufgebaute Makromoleküle, die durch Peptidbindungen verknüpft sind. Wir als Menschen brauchen 21 Aminosäuren, acht davon sind essentiell, müssen also über die Nahrung aufgenommen werden.

Proteine sind lebenswichtig

Jede*r von uns braucht Proteine beispielsweise als Antikörper zu unserem Schutz, als Kollagene für unseren Körperbau, als Myosine und Aktine für die Bewegung (Muskelkontraktion) und auch für den Stoffumsatz. Entsprechend müssen wir Nahrung aufnehmen, die Proteine enthält. Nur so können wir unsere Körperzellen aufbauen und erhalten. Für eine Erhaltung der Muskulatur braucht es (im Alter) körperliche Aktivität und die richtige Nahrung (Koopman & Loon, 2009 und Koopman, 2011).

Die besten Proteinquellen

Für eine gute Proteinversorgung eignen sich verschiedene Quellen (Angaben pro 100 g):

Rote Linsen sind sehr lecker und liefern Proteine
Rote Linsen sind sehr lecker und liefern Proteine. Sehr lecker ist beispielsweise eine Linsenbolognese.

Hülsenfrüchte

  • Lupinenbohnen (40)
  • Sojabohnen (36)
  • Rote Linsen (27)
  • Mungobohnen (23)
  • LInsen (23)
  • Grüne Erbsen (22)
  • Weiße Bohnen (21)
  • Kichererbsen (20)
  • Kindeybohnen (20)

Nüsse und Kerne

  • Leinsamen (25)
  • Erdnüsse (25)
  • Mandeln (24)
  • Hanfsamen (20)

Getreide bzw. Pseudogetreide

  • Amaranth (16)
  • Quinoa (15)
  • Haferflocken (13)
  • Buchweizen (13)

Tierische Proteinquellen

  • Harzer Käse (30)
  • Serranoschinken (30)
  • Mageres Rindfleisch (25)
  • Putenbrust (23)
  • Hähnchen (21)
  • Meeresfrüchte (21)
  • Lachs (20)

Proteine sind nicht gleich Proteine

Wie auch in der nicht vollständigen Liste im vorigen Absatz wird generell zwischen tierischen und pflanzlichen Quellen unterschieden. Hierbei geht es um die Qualität (die biologische Wertigkeit) der Proteine. Sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln sind alle essentiellen Aminosäuren enthalten.

Erdnüsse liefern viele Proteine

Oft wird von tierischen Proteinen als höherwertig gesprochen, zum einen, weil sie mehr essentielle Aminosäuren enthalten, zum anderen, weil sie „veredelt“ sind: um 1 kg „herzustellen“, braucht es 6 kg Nahrung (Hertzler et. al., 2020). Pflanzliches Eiweiß ist allerdings nicht nur deutlich klimafreundlicher, es hat auch deutlich positivere Effekte auf die Gesundheit: Pflanzliche Proteinquellen enthalten gleichzeitig viele Vitamine, Mineralstoffe, mehrfach ungesättigte Fette und Ballaststoffe. Laut Song et. al. (2016) sowie beispielsweise Huang et. al. (2020) korreliert der Ersatz von tierischen Proteinen aus verschiedenen Quellen durch pflanzliche Proteine mit einer geringeren Sterblichkeit.

Higher intake of total protein was associated with a lower risk of all cause mortality, and intake of plant protein was associated with a lower risk of all cause and cardiovascular disease mortality. Replacement of foods high in animal protein with plant protein sources could be associated with longevity.

Sina Naghshi und Kollegen (2020)

Die anabole Wirkung pflanzlicher Proteine

Dennoch haben pflanzliche Proteine aufgrund ihrer geringeren Verdaulichkeit und ihres geringeren Gehalts an essenziellen Aminosäuren (insbesondere Leucin, aber auch Schwefelaminosäuren oder Lysin) eine geringere anabole Wirkung als tierische Proteine (Berrazaga et. al., 2019) – wobei beispielsweise Soja diesbezüglich sehr gut abschneidet. Die biologische Wertigkeit beschreibt die Ähnlichkeit der Aminosäuren-Zusammensetzung zu unseren körpereigenen Proteinen. Je größer die Übereinstimmung, desto schneller können sie verstoffwechselt werden. Als Referenzwert dient das Vollei mit 100 %.

Beispiele biologischer Wertigkeiten:

  • Molkenprotein 104 %
  • Vollei 100 %
  • Soja 96 %
  • Thunfisch 92 %
  • Sojamilch 91 %
  • Buchweizen 90+ %
  • Kuhmilch 88 %
  • Edamer Käse 85 %
  • Quinoa 83 %
  • Reis 83 %
  • Roggenmehl 76-83 %
  • Rindfleisch 80 %
  • Casein 77 %
  • Kartoffeln 76 %
  • Bohnen 72 %
  • Mais 72 %

Jetzt wird es aber interessant: wenn die biologische Wertigkeit an der Zusammensetzung der Aminosäuren liegt, macht es beliebig viel Sinn, verschiedene Nahrungsmittel miteinander zu kombinieren, um eine höhere Wertigkeit zu erzielen. Und siehe da (wobei sich die Mischverhältnisse nur auf die enthaltenen Proteine beziehen, nicht auf das Gesamtgewicht), die biologische Wertigkeit gewisser Kombination liegt deutlich über 100 %:

  • 65 % Kartoffel und 35 % Vollei: 136 %
  • 75 % Milch und 25 % Weizenmehl: 123 %
  • 60 % Hühnerei und 40 % Soja: 122 %
  • 71 % Hühnerei und 29 % Milch: 122 %
  • 85 % Reis und 15 % Hefe: 118 %
  • 68 % Hühnerei und 32 % Weizen: 118 %
  • 77 % Rindfleisch und 23 % Kartoffeln: 114 %
  • 55 % Soja und 45 % Reis: 111 %
  • 75 % Milch und 25 % Weizen: 105 %
  • 55 % Kartoffel und 45 % Soja: 103 %
  • 52 % Bohnen und 48 % Mais: 101 %

Schlussfolgerungen

Proteine: Cashews sind übrigens keine Nüsse, sondern Kerne
Cashews sind übrigens keine Nüsse, sondern Kerne

Grundsätzlich sind also alle essenziellen Aminosäuren sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Eiweißen enthalten. Während die pflanzlichen gesünder und klimafreundlicher sind, ist die biologische Wertigkeit der tierischen generell höher. Noch besser ist aber die Kombination verschiedener Lebensmittel. Denkbar ist natürlich auch, die Wertigkeit pflanzlicher Proteine durch Bio-Engineering zu steigern (Sack et. al., 2015), das wirft dann aber neue Fragen auf.

Quellen:

Berrazaga, I.; Micard, V.; Gueugneau, M.; Walrand, S. (2019). The Role of the Anabolic Properties of Plant- versus Animal-Based Protein Sources in Supporting Muscle Mass Maintenance: A Critical Review. Nutrients. 2019 Aug; 11(8): 1825. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6723444/

Hertzler, S. R.; Lieblein-Boff, J. C.; Weiler, M.; Allgeier, C. (2020). Plant Proteins: Assessing Their Nutritional Quality and Effects on Health and Physical Function. Nutrients. 2020 Dec; 12(12): 3704. URL: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7760812/

Huang, J.; Liao, L. M.; Weinstein, S. J.; Sinha, R.; Graubard, B. I.; Albanes, D. (2020). Association Between Plant and Animal Protein Intake and Overall and Cause-Specific Mortality. JAMA Intern Med. 2020 Sep 1;180(9):1173-1184. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32658243/

Koopman, R. (2011). Dietary protein and exercise training in ageing. Proc. Nutr. Soc. 2011;70:104–113. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21092364/

Koopman, R.; van Loon, L. J. C. (2009). Aging, exercise, and muscle protein metabolism. J Appl Physiol (1985). 2009 Jun;106(6):2040-8. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19131471/

Naghshi, S.; Sadeghi, O.; Willett, W. C.; Esmaillzadeh, A. (2020). Dietary intake of total, animal, and plant proteins and risk of all cause, cardiovascular, and cancer mortality: systematic review and dose-response meta-analysis of prospective cohort studies. BMJ 2020;370:m2412. URL: https://www.bmj.com/content/370/bmj.m2412

Sack, M.; Hofbauer, A.; Fischer, R.; Stoger, E. (2015). The increasing value of plant-made proteins. Curr Opin Biotechnol. 2015 Apr;32:163-170. URL: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0958166914002237

Song, M.; Fung, T. T.; Hu, F. B.; Willett, W. C.; Longo, V. D.; Chan, A. T.; Giovannucci, E. L. (2016). Association of Animal and Plant Protein Intake With All-Cause and Cause-Specific Mortality. JAMA Intern Med. 2016 Oct 1;176(10):1453-1463. URL: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27479196/