Bienwald Halbmarathon Kandel am 13.03.2022

Bienwald Halbmarathon in Kandel

In Kandel wollte ich schon immer einmal laufen. Von der schnellen Strecke des Bienwald-Marathon hat sicher jeder schon einmal gehört, sei es durch den Marathon-Streckenrekord von Ralf Salzmann oder jüngst durch die Halbmarathon-Streckenrekorde von Lisa Hahner und Simon Stützel. Auch der Nachbarort Rheinzabern ist für die schnellen Rennen der dortigen Winterlaufserie bekannt.

Weil für dieses Frühjahr unser Frankfurter Halbmarathon einmal mehr nur virtuell stattfindet, ich für die Vorbereitung auf Hannover aber unbedingt einen Halbmarathon als aussagekräftigen Test laufen wollte, fiel die Wahl entsprechend auf den knapp 9.000-Seelen-Ort in der Pfalz. Kandel liegt zwischen Landau und Karlsruhe, nicht weit von der französischen Grenze. Es hieß also, die Chance auf ein schnelles Rennen zu nutzen.

Der Bienwald Marathon

Der Bienwald, als Namensgeber des Marathons, reicht bis an die französische Grenze, ab Wissembourg wird er nur anders genannt. Das Waldgebiet umfasst als Naturschutzgebiet 120 km² in der Rheinebene im Südosten von Rheinland-Pfalz. Die Strecke verläuft durch den Nordteil des Waldes, dessen Name sich eventuell von „Wald der Bienen“ ableitet. Obwohl sich über die Wortherkunft noch gestritten wird, verteilen sich die Kandeler Bienen durch die Stadt im Landkreis Germersheim.

Im Südwesten von Kandel wiederum stehen die Bienwaldhalle sowie das Bienwaldstadion. Dort wird seit 1976 der Bienwald-Marathon des TSV 1886 Kandel e. V. ausgetragen. Seit 1999 ist zusätzlich der Halbmarathon in die Veranstaltung integriert.

Von vor der Sporthalle startend verläuft die Strecke zunächst nach Westen und durch Minfeld, von dort anschließend in einem Bogen zurück bis zum Naturfreundehaus Bienwald. Dann geht es nach Süden bis zur K15 und dort auf bestem Asphalt und breiter Straße bis zum Wendepunkt des Halbmarathons, während die Marathonis noch weiter laufen. Der Rückweg ist ohne die Schleife nach Minfeld deutlich kürzer, das Ziel ist dann im Stadion. Die letzten 350 m darf man auf nagelneuem Tartan laufen. Insgesamt ist die Strecke topfeben und durchgängig asphaltiert. Perfekt für einen (Halb)marathon.

Willkommen in Kandel

Genauso perfekt waren an diesem Sonntag, den 13.03.22, auch die äußeren Bedingungen. Zwar wehte doch ein wenig Wind, im Vergleich zum Februar konnte man aber von Windstille sprechen. Dazu waren die Temperaturen kühl und die Sonne schien immer wieder hinter leichter Bewölkung hervor.

Svenja und ich waren an diesem Morgen sehr früh aufgestanden, hatten dafür aber freie Straßen und konnten ganz gemütlich nach Kandel fahren. Vor Ort war alles sehr gut organisiert. Die vielen Autos wurden platzsparend eingewiesen, der Impfstatus bei der Startnummernabholung überprüft und meine Flaschen für die Eigenverpflegung aufgenommen. In Kandel wollte ich die Marathonverpflegung unter Wettkampfbedingungen testen.

Trotz der Entfernung zur Heimat gab es viele bekannte Gesichter, da musste das Einlaufen richtiggehend organisiert werden. Schließlich zog ich mit Johannes und Robert los, später beim Auslaufen war auch noch Thomas mit dabei. Die Beine fühlten sich gut an, ich war nicht allzu aufgeregt, sondern sicher, ein gutes Rennen laufen zu können.

21 km durch den Bienwald

So lief ich dann auch mit dem Startschuss los. Kontrolliert, nicht zu schnell, zunächst nur auf das eigene Körpergefühl hörend. Nach den ersten drei Kilometern zeichnete sich langsam ab, mit wem ich zusammenlaufen könnte. Vorgenommen hatte ich mir etwa 3‘25/km – bei sehr gutem Befinden etwas schneller, ansonsten je nach Tagesgefühl auch etwas langsamer. Ganz ähnlich werde ich es auch in Hannover halten (das Laufen nach Gefühl, nicht in diesem Tempo).

Bienwald Halbmarathon Kandel_03

Innerlich schmunzeln musste ich darüber, dass ich noch mit etwas Abstand hinter einem Läufer lief, der gar einen Kinderwagen vor sich herschob. Da ich aber weiß, dass der Halbmarathon-Rekord mit Babyjogger bei unter 70 Minuten liegt, staunte ich eher, als dass ich mich verunsichern ließ. Am Ende landete Christian Flügel mit seinem Doppel-Babyjogger bei guten 75 Minuten.

Unsere Gruppe hatte sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefunden, gerade in Minfeld geht es ein kurzes Stück bergab, wodurch es dort sehr unrhythmisch wurde. Ab dem Ortsausgang hatten wir uns dann zu fünft gefunden.

Zuvor hatte ich die ersten fünf Kilometer in 17’08 passiert. Das passte soweit, ich fühlte mich gut. Nicht gepasst hatte die Eigenverpflegung: mit nur wenig Abstand zum eigentlichen Verpflegungstisch stand ein kleiner Tisch mit meiner Flasche, und diese wiederum ganz außen, sodass ich mich zwischen Laterne und dem Tisch hindurchzwängen, dabei die Flasche greifen und dann einen Zusammenstoß mit Helfern oder zweitem Tisch vermeiden musste. Suboptimal, aber es ging gut.

Rollen in der Gruppe

Ab dem darauffolgenden Ortsausgangsschild ging dann der eigentliche Halbmarathon gefühlt so richtig los. Auf den breiten, gut ausgebauten und autofreien Straßen rollte es in der Gruppe dahin. Für ein Stirnrunzeln sorgte die nächste Zwischenzeit, denn den sechsten Kilometer liefen wir laut Markierung in nur 3’32, was ich zunächst auf die Verpflegungsstation schob. Im Laufe des Rennens stellte sich aber heraus, dass die Schilder wohl schlicht falsch standen. Das offenbarte sich auch bei Kilometer sieben, jetzt zeigte die Uhr 6’40 (also 3’08 für den km?) Das konnte nicht stimmen. Ich fühlte mich an die Deutschen Meisterschaften 2007 erinnert.

Vielleicht motivierten auch diese unrhythmischen Splits unser eines, ganz in Schwarz laufendes Gruppenmitglied, der immer mal wieder das Tempo verschärfte. Wir anderen ließen uns davon aber nicht beeindrucken und liefen weiterhin gefühlt sehr regelmäßig. Die GPS-Daten untermauerten dieses Gefühl im Nachhinein. Zwei der anderen unterhielten sich gar kurz, sodass ich mich getrost an deren Fersen heftete. Wer noch Luft zum Reden hat, kann auch Tempo machen.

Bei km 10 lag eine Zeitmess-Matte im Wald, sodass ich davon ausging, dass dort die ausgewiesene Streckenlänge passte. Für die letzten fünf Kilometer hatten wir 17’14 gebraucht, es war also Zeit, etwas anzuziehen. Der perfekte Belag der K15 lud geradezu dazu ein, auch fühlte ich mich gut, sodass es richtig Spaß machte, zum Wendepunkt zu rennen. Bald würden wir auch die Führenden sowie die hinter uns Laufenden sehen, meist motiviert das.

Nicht alles läuft nach Plan

Bienwald Halbmarathon Kandel_04

Wieder war es dann die Verpflegung, die neben den Markierungen zu einem wirklichen Manko der Veranstaltung wurden. Die Tische standen auf der falschen Seite (erst später wurde mir gewahr, dass wir an die eigentlich erst letzte Verpflegungsstation liefen) und die Eigenverpflegung war wieder nur sehr schlecht zu erreichen. Den Anschluss konnte ich dennoch halten.

Als wir dann aber einige hundert Meter später die eigentlich zweite Verpflegungsstation erreichten, realisierte ich, dass ich meine dritte Flasche nicht würde erwischen können. Ich müsste in das nachfolgende Feld laufen. Aber es würde sicher auch ohne gehen!

Bis zum Wendepunkt bildete ich mir noch ein, dass es eine schnellere zweite Hälfte werden konnte. Vor Kilometer 15, dann auf dem Rückweg, spaltete sich aber unsere 5er Gruppe: zwei der anderen beschleunigten, einer stieg aus. Ich versuchte mit dem anderen verbleibenden, die Lücke wieder zu schließen. Dennoch waren die 17’23 für die letzten fünf Kilometer langsamer als erwartet. Vielleicht stand das Schild wieder falsch?

Ein langer Weg durch den Bienwald

Bald zeigte sich aber, dass ich trotz aller positiven Gedanken das Tempo nicht halten konnte. Der Versuch, wieder an die anderen beiden heranzukommen, scheiterte, ich musste sogar meinen letzten Begleiter ziehen lassen. Vom Kopf her machte ich zwar ein gutes Rennen, ich blieb bis zum Schluss auf dem Drücker, die Splits wurden auf dem vierten Abschnitt aber leider richtig langsam. Die Straße, die mir zuvor so hübsch vorkam, entpuppte sich als raue Asphaltdecke mit Schlaglöchern. Der Wind, der gefühlt schon das ganze Rennen über von vorne kam, blies mir jetzt nur umso stärker entgegen. Drei Karlsruher im roten Einheitsdress überholten mich, ich konnte aber nicht folgen. Dennoch dachte ich gar nicht daran, nachzulassen. Kilometer 20 war schließlich in knapp unter 70‘ (18‘11) passiert, nun ging es endlich nur noch zurück zum Stadion und auf die letzte Runde.

Bienwald Halbmarathon Kandel_06

Warum ich so deutlich langsamer wurde, kann ich nicht so recht sagen. Wie beschrieben fühlte ich mich eigentlich gut. Und die Trainings im Februar waren so gut wie noch nie. Vielleicht war es doch diesen Hauch zu viel, denn umsetzen konnte ich die Form weder in Jügesheim noch beim Bienwald Halbmarathon. Ich freute mich zumindest, Svenja zu sehen und konnte auch die letzten Meter auf der nagelneuen Tartanbahn genießen, ich hätte mir aber mehr erhofft, als die 1:13:51 h (3’54 für die letzten 1,1 km), die schließlich für mich auf der Ergebnisliste ausgewiesen wurden.

Der Traum eines Marathons unter 2h30 ist damit definitiv utopisch, ich werde die erste Hälfte in Hannover eher in 1h17 angehen. Aber für eine neue Bestzeit bleibe ich weiterhin sehr zuversichtlich, für geringere Ambitionen war das Training einfach viel zu gut. Was wirklich dabei herauskommt wissen wir in drei Wochen.

Der Überblick
Datum: So, 13. März 2022
Ort: Kandel, Deutschland
Wettkampf: Bienwald-Marathon
Distanz: 21,1 km
Zeit: 1:13:51 h
Platz: 17.
Crew: Svenja
Schuhe: adidas Adizero Adios Pro 2
Ernährung: Kohlenhydrat-Getränk vor dem Start und bei VP1 und VP2
Fotos: Svenja