Der Orientierungslauf hielt beim 4-Löwen-Cup Einzug ins beschauliche Wertheim, wo sich Tauber und Main vereinen.

Orientierungslauf in Wertheim

Es ist gerade einmal sechs Jahre her, da führte mich mein täglicher Arbeitsweg über die A3 bis nach Wiebelbach, von wo aus es ein Katzensprung bis nach Wertheim ist. Deshalb war mir bereits im Vorfeld klar, dass Wertheim nicht Wertheim Village ist. Es ist weit mehr als das Outdoor-Shoppingcenter, das an der Autobahn gebaut wurde, nämlich ein kleiner, beschaulicher Ort mit Burg, genau dort, wo die Tauber in den Main fließt.

In diesem besagten Wertheim, der nördlichsten fränkischen Stadt Baden-Württembergs, direkt an der Grenze zu Bayern, fanden 2024 die hessischen Meisterschaften im Orientierungslauf über die Sprintdistanz statt. Das mag verwundern, weil es nicht auf hessischem Boden liegt. Die Meisterschaften waren aber in die Erstauflage des 4-Löwen-Cups integriert, der bereits am Vortag startete und Orientierungsläuferinnen und -läufer aus der gesamten Bundesrepublik sowie teilweise sogar aus dem Ausland anzog.

Wie aus dem Langstreckenläufer doch noch ein Sprinter wurde

Dieser Lauf war mein erstes OL-Highlight des Jahres und ich freute mich schon sehr darauf. Beim Sprint geht es häufig durch Gassen, sodass das Navigieren deutlich einfacher ist als beispielsweise mitten im Wald. Durch unterschiedliche Routenoptionen, Sackgassen und verschiedene Ebenen kann es dennoch – insbesondere im Eifer des Gefechts – trickreich werden.

Um nicht das ganze Wochenende unterwegs zu sein, hatte ich mich auf den zweiten Tag des 4-Löwen-Cups konzentriert. Während ich in der Leichtathletik für den reinen Sprint viel zu langsam bin, ist genau diese Disziplin im Orientierungslauf die, die mir am meisten Spaß macht. So ist schlussendlich aus mir Langtreter doch noch ein Sprinter geworden!

Ich freute mich insbesondere auch auf den Wettkampf, weil meine Laufform derzeit wieder recht gut ist. Es stellte sich nur die Frage, wie schwierig die Karte werden würde. Durch die Sträßchen der Altstadt bis hinauf auf die Burg würde es gehen, für die Luftlinie waren 2,9 km und 75 Höhenmeter veranschlagt. Das hörte sich lauftechnisch anspruchsvoll an und war doch sicher gut für mich?

Willkommen in Wertheim

Orientierungslauf am Main in Wertheim

Zum Warmwerden lief ich auf die andere Mainseite und schaute mir die Burg aus der Ferne an. Dabei fielen mir auf dem Boden aufgesprühte Wegweiser des Taubertal 100 auf. Den Lauf muss ich auch irgendwann einmal laufen. Jetzt aber erst einmal OL! Das Wettkampfgebiet darf im Vorfeld nicht betreten werden, um nicht bereits einen Eindruck des Geländes zu bekommen oder gar auszukundschaften, wo mögliche Posten stehen. Später, als wir für unser zweites Frühstück zum Bäcker gingen, mussten wir feststellen, dass die Altstadt von Wertheim nicht wirklich tourismusfreundlich ist. Für einen Orientierungslauf ist die Stadt in Tauberfranken aber wie gemacht! Plätze und Gassen, viele Treppen und hoch oben natürlich die alte Burg, durch die man auch laufen kann.

Die Beine fühlten sich beim Einlaufen gut an, der Spannungsaufbau hatte nach der Regenerationswoche also gepasst. Normalerweise nutze ich das Aufwärmen aber auch, um auszukundschaften, wo der Start ist. Den fand ich – trotz bereits hängender Markierungen – erst einmal nicht. Es sollte sich herausstellen, dass man in ein Parkhaus laufen musste. Nach Durchqueren eines großen Parkdecks war der Startkorridor aufgebaut. Ein unterirdischer Start! Das fing ja schon einmal gut an.

Durch die Gassen von Wertheim

Allzu viel Zeit blieb mir nicht, um mich zu fragen, ob mein Kompass im Parkhaus die richtige Himmelsrichtung anzeigte. Es sollte egal sein, denn solange man weiß, in welcher Richtung der nächste Posten liegt, interessiert es nicht, wo Norden ist.

Nachdem ich zuletzt bei den Orientierungsläufen immer etwas Zeit brauchte, um den Maßstab der Karte richtig einzuschätzen, war ich diesmal gleich voll im Bilde. Kaum aus dem Parkhaus heraus wusste ich bereits, wie ich loslaufen wollte. Die ersten vier Posten waren schnell gefunden, bevor es zum fünften etwas kniffliger wurde. Jetzt ging es treppauf und treppab, wobei ich insbesondere hinunter nicht volles Risiko ging. Die große Kirche der Altstadt diente mir als gute Orientierung. Nach dem siebten Posten führte mich die Karte hinauf auf die Burg, wobei sich mein kurzes Zögern auszahlte: wäre ich meinem ersten Impuls gefolgt, hätte ich oben auf der falschen Mauerseite gestanden.

In der Burg selbst ging es dann ganz hoch hinauf, teils über sehr steile Stufen. Nachdem ich für die nächsten drei Posten einmal die komplette Außenmauer abgelaufen war, ging es schließlich mitten in das alte Bauwerk hinein. Auf dem Rückweg verlief ich mich kurz. Diese etwa 50 Extrameter sollte ich später bereuen.

Ein guter Lauf ohne das letzte Quäntchen Glück

Team OLV Steinberg 3 vor der Staffel in Wertheim
Levke und ich vor dem Staffelstart

Mein Rückweg hinab in die Altstadt führte mich wieder an der Kirche vorbei, dann merkte ich trotz einer Gesamtlaufzeit von nur gut 20 Minuten, wie es mir schwerer fiel, die Konzentration hoch zu halten. Auch die verbleibenden Posten konnte ich aber flüssig ablaufen und schließlich ins Ziel sprinten. Ein guter Lauf! Lunge und Beine hätten noch mehr geben können, aber ich war mit meiner Orientierungsleistung zufrieden.

Als alle im Ziel waren, stellte sich heraus, dass ich in meiner Klasse einen guten 7. Rang (von 22) erlaufen hatte. Vor mir lagen zwei Bayern und ein Läufer aus Sachsen. In der Wertung für die hessische Meisterschaft fehlten gerade einmal drei Sekunden zu Platz drei. Schade, Marmelade! Wäre ich doch nur den Umweg auf der Burg nicht gelaufen.

Fürs Auslaufen hatten wir den Babyjogger dabei, sodass Svenja und Jesper mitkommen konnten. Danach folgte das bereits erwähnte zweite Frühstück. Und dann war für 13 Uhr die Staffel geplant.

Eine Staffel als Abschluss des 4-Löwen-Cups

Ursprünglich hatte ich abgedacht, nach dem gemeinsamen Lauf wieder nach Hause zu fahren. Die Vereinskollegen hatten aber einfach alle Starterinnen und Starter des Sprints für die Staffel gemeldet. Und weil ich mit meiner Nichte Levke zusammen eingeteilt war, war das eine ausgesprochen gute Idee!

Sprint in Wertheim

Grund dafür war ein schöner Gedanke für die Einteilung der Staffeln. Die unterschiedlichen Altersklassen bekamen unterschiedliche Punkte, sodass die Teams bunt durchmischt sein mussten. So kam es, dass die zehnjährige Levke mit der erwachsenen Sabeth und ihrem Onkel startete.

Wie viele zum 4-Löwen-Cup nach Wertheim gereist kamen, zeigte sich beim Start der Staffeln. Der ganze Parkplatz, auf dem gestartet wurde, war voll, als sich das Feld sammelte! Es gab einen Massenstart, alle Startläufer liefen also gleichzeitig los. Es gab allerdings Gabeln auf den Karten, sodass man nicht einfach den anderen hinterherlaufen konnte. Für uns machte Sabeth den Anfang.

20 Minuten hatte sie grob veranschlagt, nach ca. 18 war sie bereits zurück und klatschte Levke ab, die als Zweite eine kürzere Route zu laufen hatte. Weil aber viele schnelle Leute dabei waren – unter anderem der Bundeskader – lagen wir gerade mal auf Rang 81 (von 110).

Nochmal durch Wertheim und die Burg

Levke machte ihre Sache sehr gut und lief mit ca. 11 Minuten die 38-schnellste Zeit der zweiten Läuferinnen und Läufer. Nach dem Abklatschen durfte ich meine Karte umdrehen. Die ersten ca. 300 Meter waren vorgegeben, dann kam man durch eine Unterführung in die Altstadt und das Orientieren begann. Wieder kam ich gut ins Rennen, diesmal lag bereits der fünfte Posten oben bei der Burg. Ich wählte wieder den richtigen Weg und fand mich diesmal auch im alten Gemäuer gut zurecht. Mit Schwung ging es zurück in die Altstadt, wo mir nur ein klitzekleiner Fehler unterlief, als ich beim neunten Posten zunächst zu einem anderen lief, bevor ich meinen entdeckte. Das kostete ca. 15 Sekunden.

Sonst war ich äußerst zufrieden mit meinem Lauf, die letzten Posten am Main konnte ich in hoher Geschwindigkeit vorbeilaufend mitnehmen. Diesmal war ich im Ziel deshalb auch außer Atem. Unter den Schlusslaufenden lief ich die 14.-schnellste Zeit, mit unserer Staffel lagen wir schließlich auf Rang 29. Ein schöner Abschluss eines tollen Orientierungslauf-Tages!

Der Überblick
Datum: So, 03. März 2024
Ort: Wertheim, Deutschland
Wettkampf: 4-Löwen-Cup, Tag 2
Sprint: Luftlinie 2,9 km, 75 hm, 23 Posten
Zeit: 21:47 min
Platz: 7.
Staffel: Luftlinie 2,3 km, 14 Posten
Zeit: 12:54 min
Platz: 29.
Crew: Svenja und Jesper, OLV Steinberg
Schuhe: Adidas Boston Boost
Ernährung: –