Ich möchte eine Uhr vorstellen, die ich behalte, was eine Auszeichnung ist! Denn bisher konnte mich noch keine Laufuhr so sehr überzeugen, wie es der Garmin Forerunner 630 (FR630) tat. Jetzt ziehe ich schließlich die Kauf-Option und behalte die Uhr, denn obwohl natürlich nicht alles perfekt ist, finde ich dennoch, dass der FR630 alles mitbringt, was eine Laufuhr mitbringen muss. Ich werde etwas ausführlicher:
Die Randdaten
Getestet habe ich ausgiebig. In etwa zwei Monaten kamen ca. 1200 gelaufene Testkilometer zusammen, dazu einige Rad- und sogar zwei Schwimmeinheiten, was viele Stunden im Umgang mit der Uhr bedeutete. Ausgefallen ist sie dabei nie, kein Messwert ging verloren. Dazu ist der FR630 sehr leicht und dadurch angenehm zu tragen. Auch die Abmessungen passen: groß genug, um alle dargebotenen Informationen auf dem Bildschirm gut erkennen zu können, klein und flach genug, um nicht zu behindern.
Im online-Zeitalter
Richtig klasse finde ich, dass die Uhr WLAN hat. Denn auch ich gehöre zu den Läufern, die ihr Training gerne im Nachgang analysieren. Wenn man dafür warten oder gar den Rechner einschalten muss, geht einige Zeit ins Land. Nicht so, wenn sich die Uhr automatisch mit dem Netzwerk verbindet und die Daten von sich aus hochlädt. Kaum sind die Laufschuhe aufgeschnürt, schon ist die Einheit im Netz. Ideal für einen Strava-Fan wie mich. Verschweigen will ich aber nicht, dass die Übertragung nicht immer funktioniert. Dann muss zum Smartphone gegriffen werden, die Übertragung via Bluetooth dauert gefühlt deutlich länger, funktioniert dafür aber zuverlässiger. Um diese in der App anstoßen zu können, ist allerdings eine Datenverbindung erforderlich. Nur zur Info.
Zum online-Zeitalter gehört wohl ebenso, dass es jetzt zum guten Ton gehört, auch auf Uhren sogenannte Apps herunterzuladen. Ganz ehrlich: ich finde das sehr umständlich. Nur um eine einfache Stoppuhr auswählen zu können, musste ich so erst online (hier wird doch wieder der Rechner benötigt) danach suchen. Hier fände ich Empfehlungen von Garmin gut. Bei der Grundeinstellung könnte man beispielsweise abfragen, welche Aktivitäten geplant sind und dazu Apps – wenn es denn bei dieser Bezeichnung bleiben muss – empfehlen, die sich die Uhr über WLAN selbst herunterladen könnte.
Aprospos Grundeinstellung: hier gibt es sowieso noch Verbesserungspotential. Denn bei mir hängte sich gleich das System auf, dann war die Uhrzeit falsch. Außerdem mussten Eingaben gemacht werden, die längst in Garmin connect gespeichert sind. Die Verbindung war aber schon eingerichtet – viel Potential für Verbesserungen!
Laufend unterwegs
Sehr positiv aufgefallen ist mir weiterhin die lange Akkulaufzeit. Ich würde die Uhr sofort als „ultratauglich“ durchgehen lassen, denn auch nach Aktivitäten von über sechs Stunden im genauesten Aufzeichnungsmodus war der Akku noch halb voll.
Zum Standard zählt mittlerweile, dass das GPS-Signal sehr schnell gefunden wird. Der FR630 hält mit, nie ein Anlass zur Klage. In der Menüführung gab es allerdings einen Rückschritt, geschuldet wahrscheinlich dem Touch-Screen, denn diese kenne ich beispielsweise von der fenix 3 als deutlich besser, sprich intuitiver und mit wesentlich mehr Einstellungsmöglichkeiten. Für die Bildschirmeinteilung beispielsweise muss beim FR630 die App auf dem Smartphone genutzt werden. Schade! Insbesondere auch, weil die Berührungssteuerung des Bildschirms nicht immer einwandfrei funktioniert. Häufig wird beim ersten Versuch in die falsche Richtung gewischt; lange Zeit hatte ich Probleme das Menü aufzurufen. Für die wirklich wichtigen Dinge, wie Start, Stopp oder Split, sind aber glücklicherweise Tasten geblieben. Das sollte auch so bleiben!
Obwohl „nur aus Plastik“ (großer Gewichtsvorteil!) ist die Uhr für den Dauergebrauch geeignet. Mein Modell zeigt noch keine Verschleißerscheinungen und macht alles problemlos mit: auch Schwimmen ist möglich, alles bleibt dicht. Als wenig resistent hat sich aber leider der Pulsgurt herausgestellt. Schon nach wenigen Wochen ist dieser an der Seite eingerissen (siehe Foto), wodurch in der Folge der Tragekomfort nachgelassen hat.
Andere Macken sind da leichter zu verkraften. So ist beispielsweise schon seit Wochen alles auf englisch, obwohl deutsch eingestellt ist. Besser so, als eine Sprache, die man gar nicht versteht. Auch das Ausschalten dauert fast 10 sek, was ich ziemlich lang finde. Aber besser als andere Uhren, die man gar nicht erst abstellen kann.
Besser platziert werden könnte die Installation der Updates. Denn diese wollen immer dann installiert werden, wenn eine Aktivität gestartet werden will und dauert dann eine bis zwei Minuten. Oft fühlte ich mich dabei an Windows erinnert, wo diese auch nur aufhalten. Wie wäre es, einfach tagsüber durch Vibration anzukündigen, dass ein Update installiert werden will? Oder diese noch vor dem anschließenden automatischen Ausschalten abzuschließen?
Wer viel misst, misst Mist
Was man alles messen kann! Auf die VO2max, die selbstverständlich auch geschätzt wird, will ich gar nicht näher eingehen. Die neuesten Garmin-Geräte zeigen eine Fülle weiterer Informationen darüber, wie gelaufen wurde. Wohl dem, der sich nicht allzu sehr verunsichern lässt, weil die Bodenkontaktzeiten der beiden Beine nicht gleich sind. Ich persönlich finde die Werte durchaus interessant, bin mir aber unschlüssig, ob das Anzeigen derselbigen sinnvoll ist. Denn zum einen bin ich immer noch nicht überzeugt, dass beispielsweise die Bodenkontaktzeiten in Millisekunden gemessen werden können, wenn der Brustgurt an völlig anderer Stelle misst und von einer Vielzahl von Feder-Dämpfer-Systemen beeinflusst wird. Zum anderen wird, beispielsweise beim vertikalen Verhältnis, nur vermutet, dass niedrigere Werte vermeintlich besser sind.
Auch der Berechnung des sogenannten Erholungswerts stehe ich skeptisch gegenüber. Hier haben aber alle Hersteller (Suunto, Polar und auch Garmin) Nachholbedarf, weil nirgends erklärt wird, wie dieser Wert in der jeweiligen (Hersteller-)Ausführung berechnet wird. Insbesondere das Warum finde ich an dieser Stelle interessant. Meiner Meinung nach liegt hier der gesunde Menschenverstand deutlich näher an der Wahrheit. Ein Beispiel dafür: Nach einem lockeren Dauerlauf über 11 km zeigt die Uhr 19 h Erholungszeit. Nach dem Tempotraining am Abend: 19 h Erholungszeit.
Weiterhin berechnet die Uhr die Tagesform. Auch hier muss nachgebessert werden, weil dieser Wert sehr stark von der Laufgeschwindigkeit abhängt. Bei normalen Dauerläufen funktioniert die Berechnung noch am besten und spiegelt häufig das Gefühl wider. Bei Tempotraining ist der Wert aber unabhängig vom Laufgefühl bei +3 bis +4, einfach, weil relativ schnell losgelaufen wird. Im Gegensatz dazu lag der berechnete Wert beim Montafon Totale Trail – weil es bergauf ging und ich deshalb trotz recht hohem Puls sehr langsam – trotz guten Beinen bei -20! Abstellen lautet hier die Devise.
Sinnvoll hingegen finde ich die Anzeige des Erholungspulses. Dieser wird aber nur angezeigt, wenn nach Stopp nichts weiter gedrückt wird. Es sollte aber doch auch möglich sein, diesen anzuzeigen, wenn das Training gespeichert wird. Der Pulsgurt bleibt in der Regel noch zwei Minuten angelegt.
Auch verbessert werden sollte, statt weitere dubiose Werte hinzuzufügen, die Messgenauigkeit. Denn in dieser Hinsicht liegt – ebenso wie die fenix 3 – auch der FR630 noch weit hinter den Möglichkeiten. Das bekommen andere Hersteller deutlich besser hin. Trotz Messintervall von 1/sek habe ich dadurch Segmente (z. B. in Schwanheim und Darmstadt) verpasst. Beim Zählen der Schritte ist Garmin im Vergleich dazu sehr genau. Genauer, als jedes andere mir bekannte Gerät. Warum nicht überall so?
Zusammenfassung
Prositiv finde ich:
-den Tragekomfort sowie Gewicht und Größe der Uhr
-die Übertragung über WLAN
-die schnelle Einsatzbereitschaft
-dass auf Knöpfe nicht verzichtet wird
Negativ finde ich:
-die ungenaue Aufzeichnung
-den nicht voll ausgereiften Touch-Bildschirm
-den Rückschritt in der Menüführung
-das schnelle Einreißen des Pulsgurts
Fazit
Ich möchte betonen, dass mir persönlich die Uhr sehr gut gefällt – auch wenn sich so mancher Absatz sicher anders anhört. Ich werde sie aber behalten und möchte das als Lob verstanden wissen. Insbesondere die vielen Messwerte, die ich fraglich finde, werden einfach ignoriert. Die erste Einrichtung ist an manchen Stellen umständlich und kostet Nerven. Nach Überwindung dieser Startprobleme funktioniert die Uhr aber einwandfrei und macht Spaß. Und das ist die Hauptsache!
Hallo Markus,
danke für dein Bericht. Ich bin gerade selber am überlegen, ob ich mir die Forerunner 630 oder 235 zulegen soll. Werden während dem Training irgendwelche brauchbaren Daten ausgegeben, die mein Laufstil verbessern können? Oder werden die ganzen Werte nur nach dem Lauf bei Garmin Connect ausgegeben?
Interessant finde ich auch die Möglichkeit, dass man die Laktatschwelle messen kann, aber sind die Werte überhaupt genau?
Viele Grüße
Kai
Hallo Kai,
Die Werte sind interessant, wirklich brauchbar finde ich sie nicht. Eigenwahrnehmung ist meiner Meinung nach wichtiger. Sind aber live einsehbar!
Die Laktatschwelle wird genauso geschätzt wie der VO2MAX.
Viele Grüße
Markus