Irgendwann kommt in jeder Marathonvorbereitung der Punkt, ab dem sich die Vorfreude wandelt. Sind es zu Beginn noch viele Wochen, die es zu absolvieren gilt, ist es bald nur noch ein Trainingsblock, dann nur ein langer Lauf, schließlich ein letztes Tempotraining, das die Form noch steigern soll.
Irgendwann kommt dann aber der Punkt, an dem weiteres Training der Form nicht mehr hilft. Irgendwann ist Ausruhen angesagt. Dann sind es nur noch zwei bis drei Wochen bis zum Marathon, und die Vorfreude wandelt sich vom Arbeitsfleiß hin zur Ruhe vor dem Sturm: jetzt ist es an der Zeit, die Früchte der langen, intensiven Trainingszeit zu ernten. Die Füße still halten, auch wenn es schwer fällt, und die Form kommen lassen. Ausruhen, um mental und physisch am Renntag voller Tatendrang zu sein.
Für mich war in dieser Vorbereitung dieser Punkt nach dem letzten langen Lauf erreicht. Die Arbeit war drei Wochen vor dem 28.10.2018 getan. Ein Tempotraining stand zwar am Dienstag noch aus, das würde ich aber auch noch überstehen und dann warteten vier ruhige Tage, um nach Möglichkeit dann am 14.10., genau zwei Wochen vor dem Marathon, die gute Form über 10 km schon zum ersten Mal nutzen zu können. Wieder beim Offenbacher Mainuferlauf, heuer aber über die kürzere Distanz. Vor Düsseldorf hatte es im April über die 10.000 m nicht klappen wollen, aber dann versucht man es eben ein weiteres Mal. Das Selbstvertrauen zumindest war da.
Zumindest allgemein. Denn zwar gab es am Mittwoch einen Ruhetag und dann drei lockere Dauerläufe. Diese erste, verhaltene Reduktion der Intensitäten, bevor dann das richtige Tapering im Anschluss an den Offenbacher Mainuferlauf geplant war, schien den Beinen nicht so gut zu gefallen. Am Freitag war ich müde, am Samstag fragte ich mich beim kurzen Dauerlauf, ob ich überhaupt ins Ziel kommen würde. Aber ein Tag war ja noch Zeit, und nicht die Beine, sondern der Kopf entscheidet das Rennen. Auch der hatte durch die Trainingsreduktion Zeit, um sich auf beide Rennen mehr und mehr einzustimmen.
Der 26. Offenbacher Mainuferlauf
Nun, bei einem 10er ist die Herangehensweise doch deutlich anders als beim Marathon: während auf der Königsdistanz vor allem Zurückhaltung gefragt ist, muss man auf den 10 km gleich voll wach sein und Druck machen. Im Idealfall läuft es so wie bei Aaron im letzten Jahr, als er dort persönliche Bestzeit und Streckenrekord lief. Schnell los, dann sehr konstant und am Ende noch einen Schlussspurt. Weil ich die 10er Strecke beim Mainuferlauf noch nie gelaufen bin (ganz früher einmal die 5 km, sonst immer nur den Halbmarathon), habe ich mir bei ihm die Strecke auf strava genauer angesehen. Im Gegensatz zu ihm hoffte ich aber auf eine Gruppe, um nach Möglichkeit so gepusht zu werden wie in Mühlheim.
Wie schon im vergangenen Jahr, bei der 25. Jubiläumsaustragung des Offenbacher Mainuferlaufs, bot das Wetter wieder einen prächtigen Rahmen für die verschiedenen Rennen am Mainufer. Wieder hätten die Bedingungen besser nicht sein können. Am Morgen waren die Temperaturen auch noch schön frisch, während es am Nachmittag wieder ziemlich warm werden sollte. Noch ein Grund, die 10 km statt den Halbmarathon zu laufen.
Und auch die Beine waren wieder besser, zumindest um Welten besser als gestern. Das Einlaufen war, wenn auch langsam, sehr locker, das ABC dann voller Spannung. So muss das sein. Loslaufen würde ich zumindest so, als wäre ich in Topform.
Und los!
Auf geht’s Markus! Hau sie weg!
Etwas martialisch ausgedrückt, aber Franks Zuruf nach gerade einmal 100 gelaufenen Metern ließ mich voll und ganz auf das Rennen fokussieren. Es lief sich gut an, aber es ging zunächst auch leicht bergab an den Main hinunter. Ich wunderte mich aber, denn ich lief zunächst allein vornweg. Niemand da, der von Beginn an wegsprintet? Und wo waren die anderen? Normalerweise ist der Offenbacher Mainuferlauf immer sehr stark besetzt.
Nach dem ersten Kilometer in 3:15 min lief ich zwar immer noch vorne, sah aber zumindest schon ein paar Schatten hinter mir. Etwas weiter geht es dann rechts vom Main weg und hoch auf eine Art Damm – das einzige Schotterstück der Strecke – wo ich nach oben etwas Druck herausnahm, um mir zum einen anzuschauen, wer noch mitlief als auch aus der Führungsposition zu kommen.
Das klappte sehr gut. Thorsten Herrig aus Marburg übernahm das Zepter und hielt das Tempo weiter hoch. Mit dabei waren außerdem noch Leonardo Ortolano, Philipp Herzog, mit dem ich in Schwanheim die zweite Hälfte gelaufen war und Fabian Sposato. Es war genau so, wie ich es mir gewünscht hatte: wieder eine so gute Gruppe wie in Mühlheim, wieder nur mit fairen Sportlern, die miteinander liefen.
Die Führungsarbeit wechselte, mal ging auch ich wieder nach vorne, weil mir das Tempo noch sehr leicht fiel, mal auch Leonardo. Wir liefen sehr konstant, die Hälfte war nach 16’42 erreicht. Zeit, anzuziehen!
Zwei gleich schnelle Hälften
Kurz danach nämlich gab es die Rechtskurve hinunter zum Main. Die erwischte ich am besten und war leicht vorne. Das galt es auszunutzen und die anderen zu fordern. Also weiter aufs Gas! Es funktionierte auch, Leonardo kam wieder auf, die anderen drei mussten aber eine Lücke reißen lassen.
Auf dem „Mainkurbogen“ hieß es dann, möglichst schnell zurück zum Ziel zu kommen. Teils liefen wir nebeneinander, teils zog der eine den anderen. Aber wir waren nicht schnell genug, die anderen holten wieder auf und kamen immer näher, wie ich gut am Schnaufen hören konnte. Nach sieben und acht Kilometern versuchte ich noch zweimal, mich zu lösen, kam aber nicht weg. Es würde ein harter letzter Kilometer werden.
Wenn der lahme Marathoni der schnellste ist
Auf die letzten 1,5 km gingen wir dann nämlich zu fünft. Thorsten machte nochmal ordentlich Druck, auch er wurde aber nicht weggelassen. Den Ausschlag für mich gab dann wieder ein Zuruf von außen.
Auf geht’s Jungs, haut rein!
Das war zwar nicht persönlich, aber doch wie ein zweiter Startschuss. Noch einmal alles geben, auch für die Mainlaufcup-Punkte. Ich kam nach vorne. Noch 500 m. Augen zu und durch, alles oder nichts! Noch 200 m. Schlussspurt, aber es war keiner mehr dran. Yes, Sieg!
Und auch die Zeit konnte sich sehen lassen. 33:24 ist die achtschnellste Zeit, die ich je über 10 km gelaufen bin, schneller war ich zuletzt im Februar 2015. Die Form scheint gut zu sein.
Und es wurde noch besser
Nach einer kurzen Wettkampfbesprechung im Ziel ging es für mich dann schnell zum Auslaufen, weil ich noch einige Kilometer für die Marathonvorbereitung sammeln wollte. Dafür wollte ich zuerst Svenja entgegenlaufen, erst danach noch ein paar Kilometer dranhängen.
Sonderlich weit kam ich aber nicht: nach nicht einmal 500 m kam sie mir schon in Begleitung von Thomas entgegen. Wegen wenig Training in letzter Zeit hatten wir nicht gedacht, dass sie es unter 50 Minuten schaffen würde – ganze vier Minuten war sie schließlich schneller! Schon nach 46’20 war sie glücklich im Ziel. Ein echt guter Tag heute!
Außerdem ist da natürlich noch der Mainlaufcup. Durch meinen Sieg bekomme ich weiter Punkte aufs Konto und habe jetzt ganze 6 Punkte Vorsprung. Um maximal vier können sich die anderen beiden aber theoretisch (der Silvesterlauf ist immer sehr stark besetzt) noch verbessern. Der Cup ist also entschieden! Ich werde Nachfolger von Aaron und Tilahun.
Der Überblick
Datum: So, 14. Oktober 2018
Ort: Offenbach, Deutschland
Wettkampf: 26. Offenbacher Mainuferlauf
Distanz: 10 km
Zeit: 33:24 min
Platz: 1.
Crew: Svenja, Thomas, Jascha, Iris, Kathi, Clara – Team Spiridon!
Schuhe: adidas adizero adios Boost 3
Ernährung: ein Gel vor dem Start
Fotos: Jascha und Kathi
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