Von den Besten lernen: Marathon-Interview mit Tinka Uphoff

Tinka läuft Bestzeit beim Freiburger Halbmarathon 2014: 1h16'56
Tinka läuft Bestzeit beim Freiburger Halbmarathon 2014: 1h16’56

Einen Doktortitel als Juristin und gleichzeitig deutsche Spitze im Langstreckenlauf: Tinka Uphoff (Spiridon Frankfurt) ist sowohl im Beruf als auch im Leistungssport außerordentlich erfolgreich. Seit sie 2010 beruflich nach Frankfurt zog und unter Kurt Stenzel in der Leistungsgruppe von Spiridon Frankfurt trainiert, mauserte sie sich von einer Breitensportlerin bis zu einer der schnellsten Frauen Deutschlands. In diesem Frühjahr verbesserte sie sich erneut über die 42,195 km, lief in Hamburg 2h43’50 – mit einem negativen Split.

„Laufen hilft“ will von den Besten lernen und freut sich deshalb über die Möglichkeit des exklusiven Interviews mit Tinka:

Markus: Tinka, wie und in welchem Alter bist Du zum Laufen gekommen? Warum musste es ausgerechnet die Langstrecke sein?
Tinka: Zum Laufen kam ich mit 16. Ich suchte einen Ausgleich und eine Möglichkeit, ein wenig Gewicht zu verlieren. Da ich in einem ziemlich kleinen Ort aufgewachsen bin, in dem es nicht viele Sportangebote gab, kam ich zum Laufen: Ich konnte überall und alleine laufen und brauchte nur ein paar Schuhe.
Die Marathondistanz hat mich von Anfang an fasziniert: Diese wahnsinnige körperliche Leistung, die ich mir nicht vorstellen konnte. Allerdings hatte ich mir während meines ersten Marathons geschworen: Nie wieder! Nach dem Überqueren der Ziellinie sah das aber schon wieder anders aus… Mittlerweile macht mir das Marathontraining großen Spaß!

Markus: Denkst Du, dass sich die Bewegung in Deiner Jugendzeit, insbesondere das Hand- und Basketballspielen, positiv auf die Kondition ausgewirkt hat, oder hast Du bei null anfangen müssen?
Tinka: Ich hatte in jedem Fall eine wahnsinnige Grundlagenausdauer und musste so nicht bei Null anfangen. Die Kraft in den Beinen fehlte mir aber.

Markus: Wie war die Anfangszeit in der Spiridon-Leistungsgruppe? Was denkst Du über die Koordination: für das schnelle Laufen dringend notwendig oder nur eine gute Aufwärmübung?
Tinka: Hart im Sinne von sehr anstrengend! Ich hatte nie Lauf-ABC gemacht, nie Intervalle und war die absolute Anfängerin. Ich habe mich nie fehl am Platze gefühlt, weil alle Geduld mit mir hatten, aber ich hatte diesen abartigen Muskelkater, der am zweiten Tag nach dem Intervalltraining am schlimmsten war. Mittlerweile kann ich einige Lauf-ABC-Übungen „im Schlaf“ und finde sie extrem wichtig; sowohl zum Aufwärmen als auch für schnelles Laufen. Ab und an bekomme ich mittlerweile Komplimente für meinen Laufstil. Das freut mich immer besonders, weil ich ja weiß, wie das mal ausgesehen hat…

Markus: War es die pure Lust an der Bewegung oder gab es frühe Erfolge, die dich beim Laufen gehalten haben? Was würdest Du als Deinen größten sportlichen Erfolg bezeichnen? Hast Du ein Idol?
Tinka: Es war schon eher die pure Lust an der Bewegung. Zwar hatte ich einige Erfolge (meinen ersten Halbmarathon, sehr bergig) absolvierte ich ohne strukturiertes Training in 1:36 und lief damit auf den dritten Platz, für meinen ersten Marathon brauchte ich 3:33. Dennoch habe ich nie daran geglaubt, dass ich irgendwann mal so laufen kann wie jetzt. Mein größter sportlicher Erfolg ist daher auch, dass ich da bin, wo ich bin: nicht in der absoluten Spitze, aber dennoch besser, als ich es je für möglich gehalten habe. Das gibt Selbstvertrauen und Kraft das zu tun, was Spaß macht.
Toll finde ich Paula Radcliff und ihre tolle Marathonzeit sowie Sabrina Mockenhaupt. Sie ist super gut und immer blendend gelaunt. Das steckt an und motiviert.

Markus: Du arbeitest seit Beginn des ambitionierten Lauftrainings erfolgreich mit deinem Trainer Kurt Stenzel zusammen. Wie wichtig ist Dir diese Kontinuität? Was schätzt Du besonders an Deinem Trainer? Und wer unterstützt Dich außerdem beim Training?
Tinka: Kontinuität ist mir sehr wichtig, weil ich finde, dass es lange dauert, bis man jemanden wirklich kennt und verstanden hat, wie derjenige denkt. Eine wirkliche Zusammenarbeit entwickelt sich. Beide müssen die Schwächen und Stärken des anderen kennen. Dann fängt die Arbeit an: Wer will was und wie und wie kommt man da zusammen. Ich schätze an Kurt, dass er mir keinen Druck macht, weil er weiß, dass ich selbst schon ambitioniert genug bin. Weiterhin schätze ich, dass er bisher angenommen hat, wenn ich bestimmte Dinge anders sehe. Bisher haben wir dann immer einen Kompromiss gefunden, was mir sehr wichtig ist! Beim Training unterstützen mich alle, die wissen, dass mir momentan das Training wichtig ist (es ist nicht das Wichtigste für mich und steht nicht über allem, aber es ist wichtig) und mich trotzdem mögen: Meine Familie, die gar nichts mit laufen zu tun hat und es trotzdem gut findet und sich mit mir freut und teilweise zu Wettkämpfen kommt, meine Freunde, die verstehen, dass ich niemand bin, der regelmäßig seine Zeit auf Partys verbringt, meine Trainingspartner, die mit mir zusammen trainieren, weil es dann immer einfacher geht…

Markus: Wie ist das Verhältnis zu deinem Trainer? Lässt Du Dir das Training vorgeben oder hast Du Mitspracherecht beim Trainingsplan? Wie geht ihr mit Meinungsverschiedenheiten um?
Tinka: Ich habe ein Mitspracherecht! Das geht schon allein deshalb gar nicht anders, weil bestimmte Sachen vorgehen (mein Job, bestimmte private Sachen). Hätte ich keines, würde es nicht funktionieren. Ich bin außerdem niemand, der sich gerne strikte Vorgaben machen lässt; ich habe mittlerweile entdeckt, dass es auch sinnvoll sein kann, bestimmte Sachen zu machen, weil sie Spaß machen; auch wenn sie trainingstechnisch eher weniger Sinn ergeben. Ab und an sehen wir Dinge unterschiedlich. Dann reden wir darüber und versuchen, einen Kompromiss zu finden. Bisher hat das immer geklappt. Wäre das nicht so, wäre Kurt nicht mehr mein Trainer.

Markus: Du läufst sowohl auf der Bahn als auch auf der Straße. Wo läufst Du lieber? Hast Du vor, Dich zu spezialisieren? Hilft Dir die Geschwindigkeit der Bahn auf der Straße und die Ausdauer der Straße auf der Bahn oder hemmt das Training für das eine die Leistung des anderen Wettkampfs?
Tinka: Ich habe keine Präferenz. Ich liebe die Abwechslung: Nach dem Marathon und dem vorhergehenden Training ist es auf der Bahn super: die Wettkämpfe und das Training sind härter als das Marathontraining, dafür kürzer. Nach einer Saison auf der Bahn ist es super, zum Marathontraining zu wechseln: Das Training wird länger, dafür nicht mehr so hart. Perfekte Abwechslung für Kopf und Körper. Ich finde, dass sich das Training ergänzt und nicht das eine das andere hemmt. Deshalb werde ich mich nicht spezialisieren.

Markus: Wann beginnt die gezielte Marathonvorbereitung? Wie sieht dort eine „normale“ Woche aus? Wird „nur“ gelaufen oder auch alternativ trainiert? Wie viele Kilometer läufst Du pro Woche?
Tinka: Diesmal erst Anfang August, also relativ spät. Die Umfänge werden jetzt größer und die Läufe länger, dafür langsamer. Sonntags steht regelmäßig ein Lauf über 30 km an. Dienstags trainiere ich weiterhin mit meinen Trainingspartnern von Spiridon Frankfurt. Die Tempodauerläufe sind dann relativ zügig. Ich gehe vor allem noch schwimmen als Alternativtraining: das lockert die Muskeln. Eine „normale“ Woche hat dann so um die 100 Laufkilometer.

Markus: Wie motivierst Du Dich für das Training? Hast Du immer „Bock“ oder musst Du dich manchmal in die Laufschuhe zwingen? Welche Einheiten fallen Dir besonders leicht und zu welchen musst Du dich besonders aufraffen? Wie oft fällt eine im Trainingsplan vorgesehene Einheit aus? Was denkst Du beim Laufen und insbesondere im Wettkampf?
Tinka: Manchmal bin ich müde und dann fällt es mir schwer, nach einem langen Tag noch in die Laufschuhe zu schlüpfen. Aber ich weiß, dass das Training immer Spaß macht, manchmal eben erst, wenn ich ein bisschen eingelaufen bin. Das motiviert mich und genügt meist, um mich von der Couch zu bekommen. Daher fällt eine im Trainingsplan vorgesehene Einheit auch nur sehr selten aus; nämlich dann, wenn ich komplett müde bin und merke, dass es heute nichts wird. Dann kann ich auch ganz stressfrei die Füße hochlegen und nichts machen. Zum Tempotraining muss ich mich ab und an zwingen, aber auch zu den langen Läufen im Marathontraining. Das ist tagesformabhängig und lässt sich nicht verallgemeinern. Solche Einheiten fallen mir aber dennoch leichter, wenn ich sie mit anderen zusammen laufen kann. Ich versuche, meine Gedanken beim Laufen schweifen zu lassen. Laufen ist für mich eine Form der Entspannung für den Kopf. Im Wettkampf ist das aber anders: Da versuche ich, in mich hinein zu hören und mir die richtige Taktik zurecht zu legen – klappt übrigens nicht immer: wenn ich Runden zählen muss, ist es schon häufig passiert, dass ich mich verzählt habe. Eine gut ausgedachte Taktik ist dann schon das ein oder andere Mal daran gescheitert, dass ich dachte, ich sei schon eine Runde weiter…

Markus: Gibt es eine besonders wichtige Einheit bzw. Einheitenkombination für den Marathon?
Tinka: Ein langer Lauf mit Endbeschleunigung. Für mich ist das DIE Einheit. Da ich Vollzeit arbeite, habe ich nicht so viel Zeit zum Regenerieren. Deshalb mache ich die langen Läufe eher langsam. Ich will damit aber nicht sagen, dass jeder lange Läufe immer nur langsam machen muss: Ein bis zwei Mal mache ich in der Vorbereitung einen langen Lauf mit Endbeschleunigung. Das ist dann eine wichtige Einheit, die auch richtig anstrengend ist.

Markus: Im Januar bist Du einen Ultramarathon gelaufen. Was ist der Unterschied, wenn es noch länger wird? Hat Dir die Erfahrung geholfen?
Tinka: Je länger der Lauf, desto langsamer der Start. Anfangs fühlt es sich extrem locker an. Das ändert sich dann später. Durch meine Marathonerfahrung wusste ich das und konnte so das Rennen locker genug angehen.

Markus: Gibt es in der Vorbereitung Wettkämpfe, die Du brauchst? Wie viel Abstand ist zum Marathon nötig?
Tinka: Nicht zwingend. Ein Halbmarathon drei Wochen vor dem Marathon kann eine gute Standortbestimmung sein. Das kann aber auch stressen: wenn’s nicht läuft, gehe ich mit schlechtem Gefühl in den Marathon. Trotzdem versuche ich, den Halbmarathontest zu machen. Der ideale Abstand sind drei oder vier Wochen vor dem Marathon.

Markus: Zum Laufen gehört nicht nur das Laufen an sich. Wie wichtig ist Rumpftraining? Wie bist du zum Thema Dehnen eingestellt? Wie häufig ist Physiotherapie nötig?
Tinka: Rumpftraining und dehnen sind enorm wichtig. Ohne geht es bei mir nicht. Zum Physiotherapeuten gehe ich nicht. Seit ich zum Ausgleich zweimal pro Woche schwimmen gehe, hatte ich auch keine Verletzung mehr. Zudem habe ich mir eine Medisana Roll angeschafft: Sie hat einen eingebauten Motor und auf diese Weise kann man die Muskulatur bis in die Tiefe hinein massieren.

Markus: Wie strikt ernährst Du Dich? Gibt es ein Wettkampfgewicht, das Du gezielt erreichen willst? Praktizierst Du die Saltin-Diät vor dem Marathon?
Tinka: Sagen wir’s mal so: Ich war schon einmal disziplinierter. Es gab eine Zeit, da war ich sehr strikt und hatte auch ein spezielles Wettkampfgewicht, das ich unbedingt haben wollte. Mittlerweile achte ich etwas mehr darauf, dass es mir gut geht. Es gibt daher keine Verbote, aber ich versuche, Exzesse zu vermeiden (klappt nicht immer). Vor dem Hamburg Marathon habe ich eine Form der Saltin-Diät praktiziert: erlaubt war jedes Nahrungsmittel, das bis 5 g Kohlenhydrate pro 100 g hatte. Diese Form ist ok und schränkte mich nicht zu sehr sein. Ich habe die Diät gut verkraftet und habe mich wohl gefühlt. Ob ich darauf meine Bestzeit zurück führen kann, bezweifle ich eher. Aber es war eine gute Abwechslung und hat zu anderen Speisen gezwungen. Also: interessant.

Markus: Wie war das bei deinem ersten Marathon? Wie hast Du Dich vor dem Start, während des Rennens und danach gefühlt?
Tinka: Vor dem Start fühlte ich mich allein. Geplant war ein Rennen zusammen mit meinem damaligen Trainingspartner. Er sagte mir aus nachvollziehbaren Gründen ab und bestand darauf, dass ich es alleine schaffe. Weil ich nun schon einmal trainiert hatte und eigentlich auch gerne laufen wollte, bin ich damals alleine im Auto dorthin gefahren. Niemand wollte mit – auch mein damaliger Freund nicht. Im Startbereich fühlte ich daher in erster Linie Enttäuschung, Ärger und Trotz: ich wollte es also trotzdem schaffen. Diese Gedanken waren ganz gut. Sie lenkten von dem Lauf ab. Kurz vor dem Startschuss kam die Nervosität. Während des Rennens schimpfte ich über mich selbst: darüber, dass ich mir „den Mist“ antue. Als ich dann über die Ziellinie lief, war es großartig: ich hatte es geschafft! Auch allein. In der Zeit, die ich mir ungefähr vorgestellt habe. Die Muskelschmerzen danach waren allerdings abartig. Ich musste dann noch im Auto nach Hause fahren, was noch dadurch verschärft wurde, dass ich einen Dämmermarathon gelaufen war und daher spät abends noch fahren musste. Trotzdem wusste ich: Marathon laufe ich wieder!

Markus: Waren der zweite und der dritte Marathon anders als der erste? Inwiefern? Seit wann denkst Du, die Strecke im Griff zu haben? Was ist wichtiger: Das Profil oder die Atmosphäre? Hast Du eine Lieblingsstrecke?
Tinka: Auf jeden Fall! Ich war nie wieder allein bei einem Marathon, sondern immer im Team. Das macht mehr Spaß! Zudem wusste ich, was auf mich zukam. Das machte die Sache allerdings nicht unbedingt einfacher. Ob ich die Strecke im Griff habe, weiß ich nicht. Dieses Jahr in Hamburg hatte ich das Gefühl, das war so. Aber auch erst hinterher als ich gesehen habe, dass ich einen negativen Split gelaufen war. Anfangs war ich am Zweifeln und dachte, ich sei zu langsam los gelaufen. So richtig „im Griff“ werde ich die Strecke daher wohl nie haben. Ich finde flache Strecken schon gut. Das gibt schnelle Zeiten. Aber auch die Atmosphäre ist wichtig. In Frankfurt ist beides gegeben, daher – und weil es mein Heimrennen ist – würde ich fast sagen, dass dies meine Lieblingsstrecke ist. Ich bin allerdings noch nie in Berlin gelaufen und könnte mir vorstellen, dass es dort zumindest genauso gut ist wie in Frankfurt…

Markus: Wie sieht der „typische“ Wettkampftag bei Dir aus? Wann stehst Du auf, was isst Du, wie wärmst Du Dich auf? Gibt es Rituale?
Tinka: Aufstehen, Frühstück (meist Haferbrei mit Banane), Fahrt zum Wettkampf, 30 Minuten vorher aufwärmen (15 Minuten warmlaufen, Lauf ABC, dehnen; letztere beiden Sachen beim Marathon nur sehr kurz). Bestimmte Rituale habe ich eigentlich nicht – es sei denn, ich möchte das Gesamtprozedere als mein Ritual betrachten.

Markus: Wie lange brauchst Du, um Dich von der Belastung eines Marathons zu erholen?
Tinka: In etwa vier Wochen. Der Kopf will meist schon wieder früher los, aber teilweise haben mich meine Beine dann „auf den Boden der Tatsachen“ zurückgeholt und mir gezeigt, dass eine Pause angebracht ist.

Markus: Stichwort psychische Stärke: Arbeitest Du gezielt an deiner Einstellung? Wer hilft Dir dabei?
Tinka: Ich arbeite nicht gezielt an meiner Einstellung, aber es gab sehr viele Ereignisse, die mich „gelehrt“ haben: Ich habe gelernt, dass Druck nicht das Mittel ist, mit dem Ziele erreicht werden. Jedenfalls nicht dauerhaft. Druck an der richtigen Stelle ist gut – an der falschen ist er kontraproduktiv. Insofern helfen mir alle Ereignisse, die diese These bestätigt haben. Aber einen speziellen Coach habe ich nicht.

Markus: Läufst Du lieber alleine oder in der Gruppe? Wie oft mit Fahrradbegleitung? Wie häufig kannst Du gemeinsam mit den anderen der Spiridon-Leistungsgruppe trainieren? Wie unterstützt Dich Dein Verein und Deine anderen Partner?
Tinka: Das ist unterschiedlich. Manchmal brauche ich Läufe allein – zum Abschalten. Manchmal bin ich froh, wenn ich mit jemandem quatschen kann. Je härter das Training ist, desto lieber habe ich jemanden mit dabei. Meistens trainieren wir von Spiridon etwa zweimal die Woche zusammen. Dienstags auf der Bahn und dann noch einmal am Wochenende, im Marathontraining bspw. den langen Lauf.

Markus: Bei einem Marathon wurdest Du von deinem Teamkollegen Patrick Fiederling als Pacemaker unterstützt. Wie wichtig sind Tempomacher für einen Marathon? Und was ist Dir wichtiger: Bestzeiten oder Medaillen? Wendest Du in Meisterschaftsrennen eine andere Taktik an? Wie wichtig ist der sogenannte negative Split, und wie schafft man eine solche Renneinteilung?
Tinka: Patrick Fiederling hat großartige Arbeit geleistet und ich bin mir sicher: wäre er nicht dabei gewesen, wäre ich langsamer gewesen. Insofern sind Tempomacher sehr wichtig; leider habe ich nicht immer jemanden. Mir persönlich sind Bestzeiten wichtiger. In Meisterschaftsrennen laufe ich genauso, wie in allen anderen Rennen auch. Der Unterschied: wenn ich merke, dass es keine Bestzeit mehr wird, kann immer noch die Platzierung ganz gut werden und das ist bei Meisterschaftsrennen natürlich immer noch eine Zusatzmotivation dafür, am Vordermann vorbei zu laufen, wenn noch möglich.
Ein negativer Split ist ein Zeichen für ein gut eingeteiltes Rennen. Insofern ist er immer ein Ziel, aber nicht immer erreichbar. Am besten schafft man eine solche Renneinteilung, wenn man mit dem Gefühl los läuft, dass man zu langsam ist.

Markus: Neben dem vielen Training und den begleitenden Maßnahmen arbeitest Du Vollzeit. Wie wichtig ist Dir Deine berufliche Karriere? Nimmst du den Job als mentalen Ausgleich zum Laufsport oder brauchst Du die finanzielle Unabhängigkeit? Hilft Dir der Leistungssport im Job oder hemmt die eine Karriere die andere?
Tinka: Meine berufliche Karriere ist mir sehr wichtig. Auch da bin ich ambitioniert. Ich würde deshalb eher sagen: Ich nehme den Laufsport als Ausgleich zum Job. Nicht umgekehrt. Eine Profikarriere kam für mich nie in Frage, weshalb sich auch die Frage der „Hemmung“ nicht stellt: Der Job geht immer noch vor!

Markus: Wie viel Zeit bleibt für das Privatleben? Was machst Du gerne, wenn Du nicht läufst? Beschweren sich Dein Freund oder Deine Familie manchmal, wenn wieder einmal eine Einheit eingeschoben werden muss? Wird im Urlaub gelaufen?
Tinka: Die ein oder andere Beschwerde gibt es natürlich. Insbesondere, wenn ich zu ambitioniert werde. Zum Glück habe ich dann genug Leute in meinem nahen Umfeld, die mich bremsen. Auf sie höre ich dann auch. Dieses Jahr bin ich viel im Urlaub gelaufen. Aber ich habe das sehr genossen: ich sitze den ganzen Tag im Büro und im Urlaub habe ich Zeit zu trainieren und kann den ganzen Tag draußen und in Bewegung sein. Eine super Erholung, auch wenn dies für nicht-Sportler oft sehr schwer zu verstehen ist. Aber ich bin die Bewegung seit vielen Jahren gewöhnt und daher gehört sie für mich einfach dazu.

Markus: Was sind Deine nächsten und was sind Deine ganz großen Ziele?
Tinka: Mein nächstes Ziel: der Frankfurt Marathon. Wenn das Training gut läuft, hoffe ich, dass es eine neue Bestzeit gibt. Aber ob das möglich ist, wird sich zeigen. Ganz große Ziele? So schnell wie möglich Marathon laufen! Vielleicht auch mal eine längere Distanz im Triathlon. Aber im Moment noch nicht.

Markus: Wie wichtig ist Dir der Kampf gegen Doping und warum? Engagierst Du Dich besonders? Wurden Dir schon einmal leistungssteigernde Mittel angeboten? Wie oft wirst Du selbst kontrolliert?
Tinka: Der Kampf gegen Doping ist sehr wichtig, aber ich engagiere mich nicht speziell dafür. Wichtig ist der Kampf in erster Linie, um die Gesundheit der Sportler nicht zu gefährden. Die Chancengleichheit kommt direkt danach. Mir persönlich wurden solche Mittel noch nicht angeboten. Bisher wurde ich auch noch nicht kontrolliert.

Markus: Vielen Dank für Deine Zeit. Weiterhin viel Erfolg und schnelle Beine! Hast Du einen abschließenden Tipp? Zum Laufen allgemein oder auch speziell zum Marathon?
Tinka: Immer den Spaß an der Sache behalten! Druck, der im Kopf oder von außen erzeugt wird, legt lahm und hindert die Leistungsfähigkeit.

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