Rodgau Ultra 2017: ein Lauf im Eisschrank – eigentlich laufe ich ja gerne bei diesen Bedingungen: der Boden hart gefroren, die Luft schneidend kalt. Irgendwie fühlt sich die Luft dadurch frischer an und es ist schön, trotz der Kälte beim Laufen nicht zu frieren.
Heute wollte ich aber 50 km laufen. Nach 2015 und 2016 zum 3. Mal beim Ultramarathon des RLT Rodgau. Zwar macht der gefrorene Boden das Unterfangen einfacher (zum Glück hatte es nicht noch geschneit!), etwas weniger Kleidung wäre mir aber durchaus Recht gewesen. Bei gefühlten -6° C am Start war von vornherein klar, dass ich keine Haut zeigen würde: Lange Tight, T-Shirt unter das Trikot, Armlinge sowie natürlich Handschuhe und Mütze.
Wie würde es werden, nach zwei Jahren, in denen es jeweils viel besser lief als erwartet? Sicher nicht einfach. Immerhin wusste ich zumindest, dass die Distanz an sich zu schaffen ist. Aber was würde ich machen, wenn es überhaupt nicht läuft? Die Erwartungen sind größer geworden, zum einen wegen der mittlerweile bei 3h16 stehenden Bestzeit, zum anderen wegen unseres Videoprojekts „Running the distance“, dessen finale fünfte Folge über das heutige Rennen handeln würde.
Der Plan sah vor, keinesfalls zu schnell zu beginnen, was in den letzten Jahren eine sehr gute Taktik war. Die ersten Runden wollte ich also zwischen 19:30 und 20:00 Minuten laufen und dann sehen, wie die Tagesform ist. Das Training lief in den letzten Wochen ja wieder ziemlich gut: „schau mer mal“!
Der Wettkampftag
Also los! Der Wettkampfmorgen wird drei Stunden vor dem Rennen mit einem ordentlichen Frühstück gestartet. Weil 50 km lang sind, würde ich später zusätzlich noch von einem Riegel abbeißen. Dann, gegen halb neun, der kurze Anfahrtsweg nach Dudenhofen. Parkplatzsuche. Die Startnummer habe ich schon, so geht es gleich in Richtung Strecke, um die Eigenverpflegung zu deponieren. In diesem Jahr will ich den warmen Tee, der mir immer gut tut, um drei Portionen Iskiate ergänzen, das mir im Training sehr gut bekommen war. Außerdem ist Iskiate ja quasi die Ultraverpflegung schlechthin. Das Problem: viel war nicht in meinen Flaschen – würde es einfrieren? Als Zwischenlösung bekam zunächst Svenja die Flaschen, die am Verpflegungsstand zum Helfen eingeteilt war. Dort ist es etwas wärmer. Ab der vierten Runde hatten sich meine Eltern angekündigt und sich bereit erklärt, die Verpflegung zu übernehmen. So viel vorweg: das Anreichen der Getränke klappte perfekt, erst drei Mal mit Svenja, dann mit meiner Mutter. Danke!
Aber zurück zum Start. Dort das Übliche. Shake-hands und viele nette Worte. Das ist das Großartige am Ultralaufen: am Start hat es niemand allzu eilig. Eine Aussage, die man mit dem Startschuss in den letzten Jahren fast schon wieder revidieren will, sieht man, wie einige lossschießen. In diesem Jahr geht es gemütlich zu, ich darf sogar vorlaufen. Zusammen mit Bernhard Eggenschwiler, mit dem ich auch im letzten Jahr lange unterwegs war, passieren wir den ersten Kilometer in knapp vier Minuten. Wir sind eine große Gruppe, aber niemand will vorbeigehen und so früh das Tempo forcieren. Uns ist das Recht, zusammen mit Janosch Kowalczyk laufen wir ein schönes Tempo und tauschen uns aus. Weil: wir sehen uns ja nur hier, kommunizieren sonst nur sporadisch über Strava.
Die erste Runde laufen wir in 19:33 min, die zweite ist mit 19:21 min schon etwas schneller. Aber es rollt und fühlt sich gut an. In der dritten Runde drückt Janosch dann deutlich mehr aufs Tempo, sodass wir die 15-km-Marke nach 57’48 und einer 18’52er Runde passieren. Jetzt sind wir nur noch zu fünft – mit dabei sind noch die beiden Berliner Frank Merrbach und Enrico Wiessner. Wir arbeiten gut zusammen und werden sogar noch schneller – zu schnell! Auf 18’47 folgen 18’37, was zur Hälfte 1h35’10 bedeuten. Was ein Tempo! Ich freue mich darüber, was die doppelte Zeit für ein Ergebnis bedeuten würde!
Die sechste Runde wird nach dem Ausstieg von Janosch etwas langsamer, 18:58 min. Nach der Verpflegung, also ca. bei Kilometer 31 startet Frank dann seine Attacke, wodurch unsere Gruppe gesprengt wird. Und was für ihn den Beginn seines Triumphlaufs zum späteren Sieg ist, bedeutet für mich den Anfang vom Ende. Denn mir wurde, wie es so schön heißt, der Stecker gezogen. Die nächste Runde laufe ich in 19:50 min und falle hinter Enrico und Bernhard zurück. Schön wäre es, wenn ich den 4er Schnitt (4 min pro Kilometer) würde halten können, die Splits fallen aber rapide ab. 4:20 min/km, Tendenz fallend.
Jetzt heißt es Aufgeben oder Augen zu und durch. Aufgeben ist aber solange keine Option, wie keine Verletzung droht. Also Zwischenziele setzen – zunächst wollte ich bis zur Marathonmarke. 2h46’39 gingen noch in Ordnung, angezogen werden konnte jetzt aber nicht mehr. Einmal kurz austreten, eine kurze, willkommene Pause. Dann weiter. Nach Runde neun hätte ich sehr gerne aufgehört, aber fünf Kilometer würden schon irgendwie noch gehen. Wortwörtlich, denn ab jetzt war die ein oder andere Gehpause angesagt. Nach unglaublich langen 31:45 min war dann aber auch die letzte Runde geschafft und ich nach 3h34 im Ziel. Tja, hätte besser laufen können. Den Versuch aber war es wert und eine schöne Erfahrung, so lange ganz vorne mit dabei zu sein. Jetzt ruhe ich mich aus, bevor in Hinblick auf das nächste große Ziel neu angegriffen wird: der Berliner Halbmarathon ruft!
Das Fazit
Rodgau Ultra 2017: ein Lauf im Eisschrank. Zunächst mit richtig guten Beinen und einem tollen Gefühl bis km 30. Dann eine langsame Runde, auf die der Einbruch folgte. Aus einem anderen Blickwinkel war es bis km 30 ein richtig guter Tempolauf, was die Marathon-Zwischenzeit mit 2h46’39 noch andeutet. In der Ergebnisliste zählen aber eben nur die vollen 50 km – am Finish muss ich also noch feilen! Aber wie von vornherein klar war – nach zwei grandiosen Jahren musste es schwer werden. Der nächste Lauf wird wieder besser!
Zusammengefasst ist das Rennen außerdem in der fünften Folge von Running the distance (alle Folgen können unter „Videos“ gefunden werden):
Der Überblick:
Datum: Sa, 28. Januar 2017
Ort: Rodgau-Dudenhofen, Deutschland
Wettkampf: Ultramarathon
Distanz: 50 km
Zeit: 3h34’00
Platz: 11
Crew: Svenja, Mama, Papa und Thomas
Schuhe: Nike Lunarracer
Ernährung: Warmer Tee und Iskiate
Fotos: Papa Roland und Thomas (weitere Fotoimpressionen bei ihm oder im LaufReport!)
5 Kommentare
Kommentare sind geschlossen.