Per Zufall war ich im Frühjahr darauf gestoßen, dass es im Sommer 2016 eine Traillaufpremiere im Montafon geben sollte, den ersten Montafon Totale Trail. Für Svenja schon Tradition, waren wir auch schon mehrmals gemeinsam zum Skifahren in Schruns gewesen. Nach kurzer Betrachtung der Ausschreibung stand schnell fest: „Da machen wir mit“, vor allem auch, weil Schwager, Schwägerin und Nichte zum Anfeuern mit dabei sein wollten. Als dann noch LaufReport für einen Bericht zu haben und eine schöne Ferienwohnung gefunden war, stand dem Kurzurlaub mit Trailabenteuer nichts mehr im Wege! Ein Abenteuer wurde es – und was für eines!
So konnte die Vorfreude stetig steigen. Endlich wieder Berge! Wie ich diese rauhe Landschaft liebe, dazu diese herrliche Ruhe! Das Fernweh wurde in den Wochen davor über Facebook gesteigert, als der Veranstalter immer wieder Bilder von der Strecke postete. Ich stellte es mir wie früher vor: schon als Jugendliche waren wir bei der Sommerfreizeit immer möglichst schnell nach oben gewandert und Großteile des Rückwegs nach unten gerannt. Auch beim Jungfrau-Marathon 2012 ging diese Herangehensweise gut. Vor dem sogenannten Downhill hatte ich aber Respekt, denn selbst beim Melibokuslauf war ich bei vergleichsweise harmlosen Wegen sehr vorsichtig zu Werke gegangen. Und hatte davon noch bis Mittwoch Muskelkater.
Schon am Donnerstag waren wir nach Österreich gefahren und uns etwas warmgewandert. So konnte es dann pünktlich um 8 Uhr am Samstagmorgen losgehen. Die Pünktlichkeit wurde dadurch sichergestellt, dass der Glockenschlag der Kirche das Startsignal übernahm. Eine tolle Idee!
Ich lief verhalten los, war dennoch aber zunächst in Führung. Nach wenigen hundert Metern ging es auf den ersten Trail und über eine Schafsweide, wo die Gatter von Streckenposten offen gehalten wurden. Dann folgten ca. 2 Asphaltkilometer, nur leicht ansteigend, bevor der erste Anstieg so richtig begann. Teilweise über Wanderwege, teilweise Wiesenhänge, kurzfristig auch Schotterstraßen, ging es steil bergauf. So steil, dass Stöcke durchaus von Vorteil waren, sodass ich von einem Konkurrenten über- und von einem weiteren eingeholt wurde. Mit diesem, dem späteren Sieger, lief ich lange Zeit gemeinsam bergauf.
Aufgrund der Gesamtstrecke von ca. 30 km hatte ich die Laufzeit auf drei bis vier Stunden geschätzt und lag damit weit daneben. Die Höhenmeter, insbesondere mit diesen Steigungsraten, hatte ich deutlich unterschätzt. Deshalb passierte ich die ersten Verpflegungsstationen sehr zügig, nahm nur ein paar Schlucke zu trinken. Das würde sich später noch rächen.
Der Anstieg bis zur ersten großen Zwischenstation, der Bergstation der Gondel, ging sehr zügig. Ich war noch sehr gut dabei und nahm jetzt den Weg auf die zwei anstehenden Gipfel in Angriff. Die Wege wurden steiniger, bald tauchten auch die ersten Schneefelder auf. Hier war mir etwas mulmig, denn wer an den steilen Hängen abrutschte, würde tief fallen. Auf dem Weg nach oben, ließ es sich trotz Schnee aber gut laufen. Als es dann aber schließlich nach unten ging, war der Spaß aus meiner Sicht vorbei: extrem steile Abstiege, mit Schnee, der die anspruchsvollen Pfade auch noch rutschig machten, waren mir bei Weitem nicht sicher genug. Abwechslung gab es nur bei Schneefeldern, durch die man sicheren Schrittes im Skipping laufen konnte.
Nach dem zweiten Gipfel und weiteren steilen Passagen war dann endlich der Schnee geschafft. Mit müden Oberschenkeln ging es dann an den restlichen Abstieg. Weite Teile konnte ich gemeinsam mit einem Wiesbadener laufen, der mein Frankfurter Trikot gesehen und deshalb vorgeschlagen hatte, einen „Äpplewoi“-Express zu machen. Ab und zu flogen andere Läufer vorbei, die bergab eindeutig mehr Übung und Mut hatten. Ich versuchte, die Konzentration durchgängig hoch zu halten, um sicher unten anzukommen, was mir ohne Sturz gelang.
Mittlerweile hatte ich auch realisiert, dass ich deutlich länger brauchen würde, als vorher gedacht. Auch die Streckenlänge würde länger sein als die angegebenen 30 km. Die Verpflegungsstation unten an der letzten Talstation war aber nicht sonderlich gut ausgestattet, sodass ich wieder hauptsächlich nur Wasser und Iso trank. Nach 3h50 Laufzeit waren ein paar Salzstangen und etwas Studentenfutter eindeutig zu wenig. Laufen ging aber noch, sodass ich – zwar langsam – aber im Laufschritt ins Tal zum letzten Anstieg lief. Bald ging es dann rechts hoch auf den Wurzaweg, der steiler war, als ich es je für einen Wanderweg für möglich gehalten hätte. Nach exakt 4h Laufzeit bekam ich Krämpfe in den Adduktoren, was ich so noch nie gehabt hatte, im weiteren Verlauf aber glücklicherweise nicht mehr auftrat.
Der Wurzaweg war wirklich ausgesprochen steil! In meinem angeschlagenen Zustand brauchte ich sogar vom langsamen Wandertempo einige Verschnaufspausen. Allzu lange konnte man aber nirgends verweilen, weil hier unendlich viele Fliegen „attackierten“. Ich hatte, obwohl die Sonne fast durchgängig hinter den Wolken blieb, mittlerweile großen Durst und wünschte mir, obwohl der Appetit ausblieb, auch dringend etwas zu essen. Ich konnte einfach nicht mehr.
Dennoch ging auch der Wurzaweg irgendwann zu Ende. Weiter ging es auf Schotterwegen, auf denen theoretisch Laufen möglich gewesen wäre. Ich war zu erschöpft und blieb dennoch im Wanderschritt. Und dann tauchte endlich die letzte Verpflegungsstation auf! Nach drei Bechern Tee und Salzstangen konnte ich mein Glück nicht fassen: es gab auch Cola! Ich nahm eine Halbliterflasche und einen Müsliriegel mit auf den weiteren Weg. Als es wieder steiler wurde, erlaubte ich mir eine kurze Pause, setzte mich auf einen Stein, leerte Cola und verzehrte den Müsliriegel. Eine Wohltat!
Auf dem letzten Stück wechselten die steilen Pfade mit flacheren Abschnitten. Nach 5h40 Bewegungszeit – ich glaubte es selbst nicht – war ich wieder im Laufschritt, wenn auch nur kurz, weil bald der nächste Anstieg folgte. Ab und zu kamen jetzt auch Wanderer entgegen, die anfeuerten, so auch eine Gruppe junger Männer, die bei Bier eine Pause einlegten und uns armen Läufern mit Süßigkeiten aushalfen.
Und dann schließlich kam die Nova Stoba in Sicht. Oben sah ich schon die anderen, die Anfeuerten. Hand in Hand mit meiner kleinen Nichte lief ich nach langen 6h08 durch den Zielbogen. So lange war ich noch nie unterwegs gewesen, eine absolute Grenzerfahrung! Glücklich darüber, gesund und munter oben angekommen zu sein, sank ich auf eine Bank und schilderte die Erlebnisse. Die Kurzfassung: Uff!
Und Svenja? Die hatte am Berglauf teilgenommen, war also die letzten 10 km meiner Strecke gelaufen, somit auch den Wurzaweg. Sie hatte die Herausforderung aber glänzend gemeistert, hatte weniger als zwei Stunden gebraucht und war dritte Frau geworden! Es sieht wohl so aus, als müssten wir an weiteren, ähnlichen Veranstaltungen teilnehmen. Jetzt werden aber zunächst noch zwei Urlaubstage genossen, bevor neue Pläne geschmiedet werden. In dieser herrlichen Landschaft, die so schön und gleichzeitig so brutal sein kann.
Hey Markus!
Seitdem wir wieder mit dem eigenen Auto unterwegs sind komme ich nicht mehr dazu regelmäßig und aktuell auf deiner HP zu lesen. Nichtsdestotrotz habe ich mir deine letzten Berichte für unsere 3-tägige Fährfahrt abgespeichert.
Lange Rede, auf was will ich hinaus?
Dein Trailbericht ist klasse! Habe mich bestens unterhalten gefühlt und es war spannend dir virtuell zu folgen. Den ein oder anderen Schweißtropfen hatte ich auf der Stirn und im Ziel gönnte ich mir erstmal ein „Hraun“ (Schokoleckerei aus Island).
Bis bald
Tom
Hallo Thomas, viele Grüße nach Island! Das nächste Mal baut ihr noch WLAN ins Auto 😉
Schöner Bericht – bis demnächst dann mal im Taunus 🙂 Und bei Euren Plänen sind T.B. und ich sicher auch einmal dabei.
Ja, ich muss das abwärts Laufen üben! Habe schon wieder Muskelkater.